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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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widerwärtige Polizist, wie sie kurz befürchtet hatte, sondern ein älterer Herr. Er trug einen Hut und stützte sich auf einen Metallstock mit drei Füßen. Er kam ihr irgendwie bekannt vor, und in ihr regte sich ein unangenehmes Gefühl. Erst nachdem sie die Tür bereits geöffnet hatte, fiel ihr jedoch wieder ein, wer er war, und da war es schon zu spät, um es sich anders zu überlegen. Er hob den Hut und lächelte fein.
    »Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an mich erinnern?«
    »Ich erinnere mich nur zu gut. Was kann ich für Sie tun?«
    Er warf über ihre Schulter hinweg einen Blick in die Wohnung. »Wenn Sie mich hereinbitten würden, könnten wir uns vielleicht ungezwungener unterhalten als hier im Treppenhaus.«
    »Ich bin eigentlich beschäftigt. Worum geht es?«
    Johan Rooth lächelte weiter, als wolle er verdeutlichen, wie unangemessen es wäre, solche Angelegenheiten im Treppenhaus zu diskutieren. Schließlich ließ sie ihn herein.
    »Worum es auch gehen mag, Sie können nicht lange bleiben.«
    Sie ging ins Wohnzimmer und hörte das Geräusch seines Stocks, als er ihr folgte. Nachdem er in einem Sessel Platz genommen hatte, strahlte er sie wohlwollend an. Sie machte keine Anstalten, ihrem ungebetenen Gast etwas anzubieten, stattdessen wartete sie mit den Händen im Schoß und trotzig gestrecktem Hals ab.
    »Ich wollte nur mal schauen, wie es Ihnen geht«, sagte Rooth. »Wegen der Dinge, die in der Presse standen, habe ich mir ein wenig Sorgen gemacht. Ich dachte, dass dadurch vielleicht auch bei Ihnen die Vergangenheit wiederaufgewühlt worden ist.«
    Sie schnaubte, aber das schien er gar nicht zu bemerken.
    »Ich möchte nur – nochmals – betonen, dass wir immer, immer für Sie da sind, wenn Sie uns brauchen.«
    »Herr Rooth, Sie wissen ganz genau, dass ich Ihre Hilfe niemals in Anspruch nehmen wollte.«
    Sie machte eine Pause und sah ihm unverwandt in die Augen.
    »Und als mir diese Hilfe gegen meinen Willen aufgedrängt wurde, war das Ergebnis höchst unglücklich.«
    Er lehnte sich zurück, und sein Lächeln verhärtete sich.
    »Wir hatten stets Henrics Bestes im Blick.«
    Sie konnte sich nicht länger beherrschen und drohte ihm mit der Faust. »Nennen Sie ihn nicht Henric. Sie kannten ihn nicht. Es war nie einer der Ihren, und das wissen Sie ganz genau.« Sie spuckte die Worte geradezu aus. »Als Sie diesen Artikel in Ihrer Parteizeitung schrieben, in dem Sie Henric als ein Opfer in Schwedens Kaltem Krieg darstellten, was dachten Sie denn, wie die reagieren würden? Sie hätten auch gleich schreiben können, dass er schuldig war. Er war kaum für tot erklärt worden, als Sie und Ihresgleichen mit Blumen zu mir kamen und am Telefon verlogen kondolierten. Während der Staatsschutz Tag für Tag vor meiner Tür stand und das Telefon abgehört wurde. Was sollten diese Leute denn glauben?«
    Er ignorierte ihre Fragen. »Sind Sie zurückgekommen?«
    Sie sah ihn verständnislos an.
    »Die Beamten des Staatsschutzes, sind sie nach Erik Lindmans Auftauchen wieder hier gewesen?«
    Sie breitete die Arme aus. »Warum sollten sie zu mir kommen? Henric kannte diesen Lindman doch gar nicht.«
    »Oh, ich fürchte, unsere Freunde vom Staatsschutz analysieren nicht näher, wie die Dinge wirklich liegen«, sagte Rooth und lachte glucksend. »Sie gehen sicher davon aus, dass sich zwei Spione für die Sowjetunion des Öfteren treffen und gemeinsam Kaviar essen.«
    »Henric war kein Spion.«
    Rooth hob in einer beschwichtigenden Geste die Hand.
    »Das behaupte ich ja gar nicht, und ich glaube auch nicht, dass der sowjetische Nachrichtendienst jemals gegen strikt schwedische Interessen gearbeitet hat. Mir ist durchaus bewusst, dass ich mit dieser Einschätzung immer öfter allein stehe, was aber möglicherweise daran liegt, dass ich besser informiert bin als die meisten anderen Menschen.«
    Er lächelte selbstsicher, aber seine außenpolitischen Analysen interessierten sie nicht.
    »Warum tun Sie das alles? Warum schreiben Sie Artikel, kommen hierher und bringen alles durcheinander? Begreifen Sie denn nicht, dass es Henric damals geschadet hat und dass es jetzt mir schadet? Wir haben mit Ihrer Sache nichts zu tun.«
    Er strich sich über das Kinn. Während die Uhr auf dem Kaminsims viermal schlug, schwiegen sie. Danach verabschiedete er sich gemessen.
    Sie sorgte dafür, dass hinter ihm die Tür ins Schloss fiel, und ging mit schnellen Schritten zum Fenster. Vorsichtig schob sie mit einer Hand die Gardine zur Seite und

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