Ein Freund aus alten Tagen
bedrohten ihre Artikel nicht nur etablierte Wahrheiten und den Schlaf hochgestellter Persönlichkeiten, sondern auch den Ruf und die Eitelkeit eines alten Mannes.
»Die Information, an welcher Universität er studiert hatte, engte die Zahl möglicher Kandidaten ein, und wir fanden schnell eine Bestätigung dafür, dass Erik Lindman wie erwartet an diesem Kongress teilgenommen hatte. Das letzte Puzzleteil war an seinem Platz.«
Es wurde still, und Meijtens entging nicht, dass Hansson vorsichtig zu ihm herüberlinste, als versuchte er herauszufinden, wie gut es ihm gelungen war, Meijtens von Erik Lindmans Schuld zu überzeugen.
»Sorokin irrte sich im Grunde nur in einem Detail. Seine ursprüngliche Version lautete, der Spion, der die Informationen über die Verhandlungen in Helsinki geliefert habe, und Tristan seien ein und dieselbe Person. Die Kanadier baten ihn jedoch auf unseren Wunsch hin, dies im Lichte dessen, was wir selbst über Tristan und Lindman wussten, näher zu erläutern. Daraufhin gab er zu, dass die Informationen über Tristan und den Botschaftsspion von zwei verschiedenen Quellen stammten und er selbst sie miteinander in Verbindung gebracht hatte. Von Zeit zu Zeit machen wir uns wohl alle gewisser unbewusster Spekulationen schuldig«, ergänzte Hansson lächelnd.
»Wie haben Sie reagiert, als Erik Lindman wiederaufgetaucht ist?«, fragte Meijtens.
»Wir waren wohl alle ein wenig erstaunt. Das gebe ich bereitwillig zu.«
»Was denken Sie, warum ist er zurückgekommen?«
Hansson zuckte mit den Schultern und bürstete mit energischen Bewegungen etwas von seiner Öljacke.
»Warum kehren Agenten zurück? Heimweh, Probleme im Land seiner Gastgeber, was weiß ich? In Lindmans Fall könnten natürlich auch die Umwälzungen im Ostblock eine Rolle gespielt haben. Immerhin deutete Ihr Artikel an, dass es ihm in seinem neuen Heimatland nicht immer gut ergangen ist.«
»Aber in den vierundzwanzig Stunden, die er sich in Schweden aufhielt, setzte er sich weder mit seinen Eltern noch mit seinen engsten Freunden in Verbindung. Dann starb er.«
»Wir werden uns wohl eingestehen müssen, dass wir niemals alle Details erfahren werden.«
Er stand auf, um zu gehen, und Meijtens deutete dies als ein Signal, dass dieses Interview oder das, was eben kein Interview sein durfte, beendet war. Sie gingen durch den Park zurück und sprachen nicht mehr über Tristan, Erik Lindman oder die Stiernspetzaffäre. Meijtens wusste, dass er auf die Fragen, die er noch hatte, keine Antworten bekommen würde.
Hansson reichte ihm die Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück. Die Identifizierung Erik Lindmans war ausgezeichnete Arbeit. Ich bin froh, dass wir dieses Gespräch geführt haben.«
Meijtens gab ihm die Hand und kehrte in die Redaktion zurück. Er musste mit Natalie sprechen.
27 Sie wohnte in einer kleinen Seitenstraße auf der Insel Kungsholmen, in unmittelbarer Nähe des Stadthauses. Auf dem Türschild stand, wie sie ihm vorher verraten hatte, der Name »Ehrensvärd«, und darunter klebte ein säuberlich beschrifteter Zettel: »Petrini«. Meijtens fragte sich, ob ihr Freund zu Hause war, aber dann fiel ihm wieder ein, dass er derzeit in London wohnte. Er klingelte an der großen Doppeltür und war ein wenig überrascht, als sich eine schmale Tür daneben öffnete.
»Wenn Lars verreist ist, benutze ich immer den Kücheneingang, ich weiß auch nicht, warum.«
Als er in die Redaktion gekommen war, hatte auf seinem Schreibtisch eine Nachricht gelegen: Ruf mich zu Hause an, Natalie. Sie waren sich einig gewesen, dass sie das Thema Erik Lindman lieber nicht in der Redaktion diskutieren sollten.
Natalie führte ihn durch einen schräg verlaufenden Serviergang mit eingebauten Regalen und Schränken bis zur Decke. Im Esszimmer blieb sie stehen.
»Kann ich dir etwas anbieten?«
»Eine Tasse Tee wäre nicht schlecht.«
Sie machte eine Geste in Richtung Wohnzimmer und kehrte in die Küche zurück.
»Ich bin es nicht gewöhnt, die Gastgeberin zu spielen«, rief sie ihm zu.
Das Wohnzimmer bestand aus zwei hintereinanderliegenden Räumen, die jeder für sich genommen größer waren als Meijtens Wohnung. Es lagen keine persönlichen Gegenstände herum, und die Sitzgruppe war mit einem Schonbezug versehen. Die sparsame Beleuchtung warf trübes Licht auf Mahagonimöbel und orientalische Teppiche.
Eine Ecke des Raums schien jedoch von Licht und Farben durchflutet zu sein: An einem französischen Fenster stand ein großer,
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