Ein Freund aus alten Tagen
leuchtend gelber Sessel mit einem dazugehörigen Fußschemel. Er wurde von einer modernen bogenförmigen Stahllampe beleuchtet. Daneben lagen Bücher- und Zeitschriftenstapel, und auf einem kleinen Klapptisch standen eine Teetasse, eine Obstschale, Honig und Zwieback.
Der Sessel stand schräg, vermutlich um während der hellen Stunden des Tages möglichst viel von dem Licht abzubekommen, das zum Fenster hereinfiel. Er kam Meijtens viel zu privat vor, um sich hineinzusetzen, so dass er sich stattdessen auf einem Stuhl niederließ.
Natalie betrat mit einer Teekanne und einer Tasse für Meijtens den Raum. Sie trug keines ihrer üblichen tailliert geschnittenen Kleidungsstücke, sondern einen viel zu großen Collegesweater mit der Aufschrift Princeton University .
»Willkommen in meinem bescheidenen Heim«, sagte sie und goss ihnen Tee ein.
»Na ja, so bescheiden ist es nun auch wieder nicht.«
»Kommt ganz darauf an, was du meinst. Wenn Lars verreist ist, wohne ich mehr oder weniger in dem Sessel. Er ist das Einzige hier, was mir gehört. Lars hat die Wohnung geerbt, und alles darin stammt noch von seinen Eltern. Keiner von uns hat Zeit gehabt, sich hier einzurichten.«
Sie setzte sich in den Sessel und ließ langsam Honig von einem Löffel in die Tasse rinnen.
»Aber jetzt möchte ich alles über dein Treffen im Park hören«, sagte sie.
Meijtens gab sein Gespräch mit Hansson wieder, erzählte von dem Überläufer in Den Haag und Sorokin und dem Verdacht, der auf Erik Lindman gefallen war. Natalie hörte ihm aufmerksam zu und notierte sich gelegentlich etwas.
»Habe ich es nicht gesagt«, meinte Natalie, als er fertig war. »Manchmal muss man den Baum schütteln und schauen, was herunterfällt.« Sie schälte mit schnellen und etwas unsanften Bewegungen eine Orange. »Nachdem du gegangen warst, hat Rydman seine Ermahnungen noch einmal wiederholt.«
Natalie hob den Kopf.
»Orange?«
Sie reichte ihm zwei Schnitze und sah ihn ernst an.
»Eines muss dir klar sein: Ich kann es mir nicht leisten, noch einmal gefeuert werden.«
»Das Fernsehen hat dich gefeuert?«
»Tu nicht so, liest du keine Zeitungen?«
»Weil du bei dieser Reportage befangen warst?«
»Weil ich verdammt unbequem war, weil ich in einer Livesendung die Beherrschung verloren habe und weil sie behaupten , dass ich bei dieser Reportage befangen gewesen sei.«
Meijtens hob die Hände. »Ich glaube dir.«
»Mir ist scheißegal, was die Leute glauben.«
Dann erzählte sie es. Ihre Stimme klang mal neutral, mal erregt, manchmal auch traurig. Ihre Geschichte war anders, als Meijtens sie aus der Hysterie in den Boulevardblättern in Erinnerung hatte, aber das war nicht weiter verwunderlich. Ihre Reportage war an sich makellos gewesen: die Entlarvung zweier Bauunternehmer, die ihre Arbeiter schwarz bezahlten und auf krummen Touren zu ihren Aufträgen kamen.
Die Medien feierten den Bericht als weiteren Triumph für die Sendung und für Natalie Petrini – bis eine Boulevardzeitung die Nachricht verbreitete, dass Natalies Vater und ihr Onkel in der gleichen Branche ein konkurrierendes Unternehmen betrieben und von ihren Enthüllungen unter Umständen profitieren würden. Als sie in einer Nachrichtensendung mit Fragen bombardiert worden war, hatte sie die Beherrschung verloren und war vor laufender Kamera in Tränen ausgebrochen.
»Es war weder der Druck noch Resignation. Ich war einfach wütend«, sagte sie. »Die Geschichte kam natürlich nicht von meiner Familie, ich weiß doch nicht einmal, was die eigentlich machen.«
Sie zwinkerte etwas aus dem Augenwinkel fort.
»Stammst du aus einer reichen Familie?«
»Ach was, wir sind Kesselflicker und Stallknechte, aber mein Großvater hat ein paar clevere Geschäfte gemacht, und jetzt hockt der ganze Familienclan in Häusern im Nobelvorort Saltsjöbaden, die mit teuren und hässlichen Möbeln vollgestopft sind.«
Sie zog die Beine an und legte das Kinn auf die Knie. »Ich brauche diesen Job.«
Meijtens stellte seine Teetasse ab. »Was willst du mir eigentlich sagen? Dass du die Sache zu den Akten legen willst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nie im Leben. Wir werden nicht aufhören, und ich habe auch keine Lust, unseren Job irgendeinem von Rydmans Lakaien zu überlassen. Hast du verstanden?«
»Sicher.«
»Aber ich will auch nicht gefeuert werden. Und deshalb müssen wir uns gut überlegen, wie wir vorgehen.«
»Keine nächtlichen Gespräche mit Erik Lindmans Freunden?«
»Gar keine Gespräche
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