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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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ziehen und Parolen wie »Zurück ins Pleistozän!« intonieren, sie verwahrten sich strikt gegen jede illegale Aktion; allenfalls gäbe es gewisse Figuren am entfremdeten Rand der Bewegung, die – aus Frustration und einer unbändigen Liebe zur Erde – hie und da einen Bestand von alten Redwoods gegen die Kettensägen mit Stahlnägeln spickten oder auf den Forststraßen einen Abzugsgraben verstopften, aber natürlich sei es Ziel der Organisation, die Wälder zu schützen, nicht, sie zu verbrennen. Und wo positionierte das Tierwater? Genau dort, wo er sein wollte: am sich aufdröselnden Saum des entfremdeten Randes.
    Teo hockte wieder sicher in Tarzana und war besonders laut im Bedauern von allem und jedem, während der Sheriff von Tulare County seine Ermittlungen ausdehnte und die Firma Coast Lumber zwei schlurfende Rentner aus der Gegend anheuerte, um die schimmernden neuen Planierraupen, Asthäcksler, Schaufellader und LKWs zu bewachen, die das Geld der Versicherung bezahlt hatte. (In ihrem Großmut hatte die Versicherung außerdem einen Privatdetektiv namens Declan Quinn engagiert, ein schulterloses Fossil, das pausenlos vor seiner Schachtel Camel an der Theke der Big Timber Bar and Mountain Top Lodge hockte, reihenweise Dewar’s mit Wasser trank und mit verkrebstem Krächzen die Leute fragte, ob sie »irgendwas Verdächtiges« bemerkt hätten.) Ratchiss hatte sich nach Malibu abgesetzt, sobald die ersten Rauchschwaden heranwehten, und Andrea blieb zwar da und kam ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter nach, verwendete aber jede wache Minute darauf, Tierwater wegen mangelnden Urteilsvermögens, kindischen Verhaltens und verbrecherischer Blödheit zu schelten. Sogar Sierra beteiligte sich: »Das war wirklich irgendwie voll megabescheuert, Dad«, sagte sie eines Abends über selbstgemachten Manicotti und gedämpftem Gemüse, das sie von einer Seite des Tellers zur anderen schob. »Und wenn sie dich nun kriegen? Wenn du ins Gefängnis mußt? Was soll ich denn dann anfangen – mich Sarah Dry water nennen, oder was?« Die Idylle war vorbei. Keine Frage.
    Dann kam sein Geburtstag, und sowohl Teo wie Ratchiss ließen sich blicken. Die Dämmerung brach herein, sie saßen hinter der Hütte auf der Veranda und brieten Fleisch, als Teo in Shorts und Wanderstiefeln aus dem Wald schlenderte. Ratchiss war schon eine Stunde zuvor eingetroffen, den silbernen Landcruiser bis obenhin mit Geschenken und guten Sachen vollgepackt, und er sah jetzt vom Grill auf und hob seinen Gin zum Willkommensgruß. »Hollaho!« sagte er. Und dann: »Mich dünkt, der Teo dort hat einen durstBlick. Wie wär’s mit einem Drink, mein Freund!«
    Teo ließ seinen Rucksack auf die Planken fallen und nahm ein Glas eiskalten Gin mit einem Spritzer Wermut darin entgegen. Er trug kein Hemd, obwohl der Abend kühl geworden war (es lag immer noch Schnee in den Wäldern, vor allem auf den nordseitigen Hängen), aber das war eben seine Pose: der unempfindliche, unermüdliche, eiserne Mann der Bewegung. »Ist ne Zeitlang her«, sagte er mit einem Nicken und ergriff Tierwaters Hand, »Glückwunsch zum Geburtstag, Mann.« Demokratisch nickte er auch Mag (oder Mug) zu, der hinter dem qualmenden Grill stand wie in einem torpedierten Frachter und das Fleisch mit seiner geheimen Sauce bestrich, dann umarmte er Sierra und wühlte im Rucksack nach dem in braunes Papier eingewickelten Geschenk für sie. Es gab die üblichen Ausrufe – »Du bist ja bald so groß wie ich« und »Wir sollten dem Mädchen ein Basketballstipendium besorgen!« –, bis Andrea, die sich einen Pullover aus der Hütte holen gegangen war, auf die Veranda hinaustrat.
    Es war nur ein Augenblick in einer Geschichte von Augenblicken, aber er war das Hinsehen wert. Sie knöpfte sich gerade den Pulli zu, hatte das Haar im Gesicht, war barfuß und in Jeans. »Teo!« rief sie, und Tierwater sah das erfreute Lächeln, die raschen Schritte, sah ihnen bei der Umarmung zu, die großgewachsene Frau und den kleineren Mann, und er wußte die Antwort auf seine Frage, so sicher wie er wußte, daß es in einer halben Stunde dunkel und der Himmel von Sternen übersät sein würde: natürlich hatte sie mit ihm geschlafen. Gefickt. Zweifelsfrei hatte sie. Jeder Idiot konnte das sehen, an der Art, wie sie miteinander umgingen, an der Vertrautheit des einen Körpers mit dem anderen, die vielen dunklen und geheimen Orte, die gemeinsamen Atemzüge, geteilten Körpersäfte, aufgeladenen Emotionen. Aber na und? Was

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