Ein frivoler Plan
würde.
Sie erinnerte sich daran, was er gesagt hatte: Dich wollen sie. Das war ihr logisch erschienen. Oswalt würde nicht ihren Tod wollen. Er brauchte sie definitiv lebend. Aber Paine war entbehrlich, und in Anbetracht ihrer Geschichte war es Oswalt vielleicht sogar lieber, wenn er tot war.
Sie drehte sich um und warf einen Blick zurück. Ein Mann lag regungslos auf dem Boden, vermutlich von Paines einzigem Pistolenschuss. Ein anderer rang mit Paine auf dem engen Sitz. Paine holte aus und versetzte dem Mann einen Faustschlag ans Kinn, sodass er hinunterstürzte. Aber zwei Männer waren noch übrig, und sie hatten genug Zeit, sich zu positionieren. Einer von ihnen hatte ein Messer gezogen.
Entsetzt sah Julia zu, wie sie Paine von dem hohen Sitz zerrten und einer von ihnen mit dem Messer nach ihm ausholte. Alle drei stürzten zu Boden, und Paine rollte sich zur Seite, um ihren Hieben auszuweichen. Rasch griff er in seinen Stiefel und zog sein eigenes Messer hervor. Mit ausgebreiteten Armen bückte er sich, bereit zum Kampf, doch er blutete bereits. Auf dem engen Sitz hatte das Messer sein Ziel nicht verfehlt.
Julia bemerkte, dass sich langsam ein Fleck auf seinem Ärmel bildete – am rechten Arm, mit dem er das Messer hielt. Ganz plötzlich erschien ihr diese Waffe unzureichend. Wie konnte er mit einem so feinen Stahl so kräftige Männer in Schach halten? Wie lange würde er mit dem verletzten Arm durchhalten? Und wo blieb der Kutscher? Bestimmt hatte er bei all der Aufregung, dem Lärm und der halsbrecherischen Fahrt nicht weitergeschlafen? Er sollte herauskommen und Paine helfen!
Einer der Männer bewegte sich, und Paine hieb nach ihm. Der Mann wich aus. Der andere machte einen Schritt nach vorn und lenkte Paines Aufmerksamkeit auf sich. Julia presste eine Hand vor den Mund. Das konnte ewig so weitergehen, und am Ende würde Paine dann der Verlierer sein.
Julia blickte sich um und nahm einige Steine hoch, während sie einen Plan fasste. Entschlossen riss sie von ihrem Seidenkleid einen Streifen ab, knapp unterm Knie. Jetzt konnte sie besser laufen und vor allem – dank der Sommer, die sie mit ihrem Cousin Gray draußen verbracht hatte – besaß sie eine Waffe.
Lautlos schlich sie zurück zum Rand des Waldes, wobei sie darauf achtete, gut versteckt zu bleiben, damit die Farbe ihres Kleides sie nicht verriet. Sie war nahe genug, in einem der Männer den Mann aus dem Club wiederzuerkennen, und auch nahe genug, um den Wortwechsel zwischen den Männern und Paine zu verstehen.
„Was wollt ihr von mir, das es wert wäre, dafür zu sterben? Ehe ihr mich bekommt, erwische ich einen von euch!“, rief Paine.
„Wir wollen das Mädchen mit dem rotbraunen Haar. Sie haben sie. Mortimer Oswalt will sie. Sie gehört ihm. Wir sind gekommen, um gestohlenes Gut zurückzubringen.“ Der Tonfall des großen Mannes klang herausfordernd.
„Ich habe sie nicht. Ihr könnt in der Kutsche nachsehen, aber da ist nichts außer meinem toten Kutscher.“
Julia erbleichte, als sie das hörte, und dachte an die Kugel, die die Kutsche durchschlagen hatte. Die Männer, die Paine bedrohten, waren nicht beunruhigt wegen der fehlgeleiteten Kugel. „Die Kugel war für Sie bestimmt, Ramsden. Wären Sie da gewesen, wo Sie sein sollten, wäre das alles jetzt vorbei.“ Der kleinere der beiden Männer sprang auf Paine zu, von der Seite, auf der Paine keine Waffe hatte.
Julia unterdrückte einen Aufschrei. Es wäre schwierig für Paine, zur anderen Seite auszuholen und mit der Waffe kräftig zuzustoßen. Stattdessen trat er mit dem Bein zu, mit einer fließenden, runden Bewegung, wie Julia sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er traf den Mann an den Knien, und dieser sank zu Boden. Schnell, ehe der andere reagieren konnte, versetzte Paine ihm einen heftigen Stoß in den Bauch, der ihn für eine Weile außer Gefecht setzte.
Aber Paine schwankte, als er sich umdrehte und dem letzten Mann entgegentrat – und dieser erkannte den Grund dafür: eine Verletzung, die sich mit der Zeit verschlimmern würde. Er musste nur abwarten, dann würde er siegen. Er hatte seine Kameraden und ihr Scheitern gesehen und konnte Paine einschätzen, er hatte Paines Verstand und seine fremdländischen Bewegungen zur Kenntnis genommen. Jetzt wusste er Bescheid.
Er stürzte sich auf ihn wie ein Bulle, den Kopf gesenkt und mit einer Geschwindigkeit, die erstaunlich war für einen Mann seiner Größe. Paine wurde genau in den Leib getroffen und durch den Aufprall zu
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