Ein frivoler Plan
Bedeutung mehr. Bald würde es dunkel werden, und das fürchtete sie am meisten. Wenn sie noch weit genug von Dursley Hall entfernt waren, würden Oswalts Männer vielleicht warten, bis die Sonne unterging. In der Dunkelheit würde es ihr und Paine schwerfallen, sie noch einmal zu überwältigen.
„Nur noch zwei Meilen.“ Paine verzog das Gesicht und wurde noch etwas bleicher. „Julia, hör mir zu, eine Kurve bezeichnet den Eingang zum Park von Dursley. Biege dort ein, dann immer geradeaus, die Straße wird dich zum Haus führen.“
Nur noch zwei Meilen. Lautlos wiederholte Julia die Worte wie eine katholische Litanei. Das waren die längsten zwei Meilen, die sie jemals gereist war. Dann, als sie schon glaubte, sie wären in Sicherheit, erschienen fünf Reiter vor ihnen, kurz bevor die Straße eine Biegung machte.
Fünf imposante Pferde, auf die ganze Breite der Straße verteilt, wie eine Barrikade. Julia wurde von großer Furcht ergriffen und konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. Sie würde weder die Kutsche wenden noch mit ihr durch sie hindurchrasen können, ohne verletzt zu werden. Panik stieg in ihr auf.
Paine neben ihr lachte, trotz der Schmerzen und der Erschöpfung. „Keine Angst, Julia, Liebes, es ist nur mein Bruder. Jetzt sind wir in Sicherheit.“
Julias Furcht machte Erleichterung Platz. Endlich konnte sie ihre Last abgeben. Mit letzter Kraft brachte sie die Kutsche zum Stehen.
Ein schwarzhaariger Mann ritt heran und lächelte Paine zu. „Willkommen zu Hause, kleiner Bruder. Aus irgendeinem Grunde überrascht es mich nicht, dass du mit einer schönen Frau an deiner Seite zurückkehrst, während dir sämtliche Höllenhunde auf den Fersen folgen.“
„Crispin …“ Paines Stimme war voll von Gefühlen, obwohl er nur dieses eine Wort herausbrachte.
„Er ist verletzt“, mischte Julia sich ein, die Paine von der Straße schaffen und die Reise zu einem Ende bringen wollte. „Ich kann das Gespann lenken, wenn Sie das Leitpferd um die Kurve führen.“
„Wo ist Peyton?“, stieß Paine hervor.
„Wartet im Haus auf dich, zusammen mit Cousine Beth.“ Der Bruder, der Crispin genannt wurde, rief die Worte über die Schulter zurück, während er sein Pferd zu dem Leittier lenkte, das nach der schnellen Fahrt schnaubte. „Keine weiteren Fragen, ehe wir zu Hause sind. Die Lady hat ihre Anweisungen gegeben“, scherzte er, doch Julia glaubte, Besorgnis in seiner Stimme gehört zu haben.
Mit den vielen Wunden und Prellungen sah Paine schrecklich aus. Der behelfsmäßige Verband an seinem verletzten Arm zeigte Spuren neuer Blutungen – hellrotes Blut, das sich noch feucht anfühlte. Die gefahrvolle Begegnung auf der Straße und zwei Tage pausenloser Reise hatten Spuren in Paines Erscheinungsbild hinterlassen – niemand würde vermuten, dass der Mann neben ihr vor zwei Tagen noch ein Ausbund an Eleganz gewesen war.
Auch ohne in den Spiegel zu sehen, wusste Julia, dass sie keinen besseren Eindruck machte als Paine. Die teure Seide ihres Kleides war voller Flecken und hoffnungslos zerrissen. Ihr Haar war vom Wind zerzaust, die Frisur halb gelöst. Aber obwohl sie wusste, wie schrecklich sie beide aussahen, so wusste sie auch, dass das für Paines Brüder unwichtig sein würde. In Crispins Blick und seinen scherzhaften Begrüßungsworten hatte echte Zuneigung gelegen.
Paine neben ihr versuchte zu schlafen oder verlor das Bewusstsein – sie wusste es nicht genau. Sanft stieß sie ihn mit dem Ellenbogen an. „Lass mich jetzt nicht allein. Dein Bruder wird mir niemals verzeihen, wenn du nach zwölfjähriger Abwesenheit schlafend zurückkommst.“
„Woher weißt du das?“, murmelte Paine erschöpft.
„Er kommt gerade die Straße entlang“, sagte Julia und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Crispin hatte sie um eine Biegung geleitet, und das Haus kam in Sicht. Auf der breiten Treppe standen zwei Gestalten, ihre Umrisse dunkel im nachlassenden Tageslicht. Bei ihrem Anblick setzte sich eine der Gestalten in Bewegung, lief immer schneller.
Dann rief der Mann: „Crispin, sind sie es? Paine? Paine? Bist du das?“
Die Stimme brachte wieder Leben in Paine. „Julia, halt den Wagen an. Hilf mir beim Aussteigen.“
Julia widersprach. „Wir sind fast da. Kannst du nicht warten, bis wir an der Treppe sind? Du bist nicht in der Verfassung dazu, Paine.“
„Bitte, Julia. Ich will aussteigen und ihm auf eigenen Füßen entgegentreten.“ Paines Tonfall klang entschieden und überraschend
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