Ein frivoler Plan
munter.
Julia zügelte die Pferde und rief Crispin zu, er sollte anhalten. Sie stützte Paine. Sein verletzter Arm bereitete ihm Schwierigkeiten beim Aussteigen, aber sein Wunsch wurde erfüllt. Dann umarmte Peyton ihn brüderlich, und Julia war fast zu Tränen gerührt.
„Paine, endlich bist du zu Hause. Gott sei Dank. Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren.“
Paine murmelte etwas, das Julia nicht verstand, und sank dann in den Armen seines Bruders zusammen, endgültig erschöpft. Sie sah zu, wie Peyton und ein Diener Paine ins Haus trugen und vermutlich die Treppe hinauf in ein Zimmer zum Ausruhen. Sie fühlte sich verlassen. Der einzige Mensch, den sie an diesem fremden Ort kannte, konnte ihr nun nicht helfen.
„Er braucht einen Arzt. Es war keine Zeit, an der Straße zu halten, und es gab auch keine Gelegenheit dazu“, sagte sie an niemanden gerichtet.
„Er wird wieder gesund.“ Eine Frau mittleren Alters mit dunklem Haar und freundlichen Augen sprach ihr sanft zu, während sie an die Kutsche trat. „Crispin“, rief sie dann, „komm und hilf Paines Lady herunter.“ Mit freundlichem Lächeln wandte sich die Frau an Julia. „Ich bin Cousine Beth, und Sie sind jetzt in guten Händen. Keine Sorge. Wir werden Sie im Nu hier unterbringen. Paine hat nichts, das Ruhe und gutes Essen nicht heilen könnten, und für Sie gilt dasselbe. Sie sehen aus, als könnten Sie eine Mahlzeit und viel Schlaf gebrauchen. Ich werde auch nach dem Arzt im Dorf schicken.“
Sie hatte die Worte freundlich gemeint, aber sie konnte die Einsamkeit nicht vertreiben, die Julia überkam. Julia ließ es zu, dass Crispin sie von dem hohen Sitz hob. Sie ließ es zu, dass die tatkräftige Cousine Beth sie durch das Haus in ein schön eingerichtetes Zimmer führte. Sie wusste das freundliche Willkommen zu schätzen, doch sie sehnte sich verzweifelt nach Paine, und sei es nur, um ihn im Schlaf zu beobachten.
Erst jetzt, da sie Paine nicht nahe sein konnte, erkannte sie, wie sehr sie sich inzwischen auf ihn verließ – nicht nur auf seinen Schutz, sondern auch auf seine Gesellschaft. In kurzer Zeit war er alles geworden, was zwischen ihr und der Welt stand.
12. KAPITEL
Cousine Beths Vorhersagen erwiesen sich als uneingeschränkt zutreffend. Nach siebzehn Stunden Schlaf und heilenden Umschlägen sah Paine wieder wie er selbst aus und fühlte sich auch so, abgesehen von dem steifen Arm. Peyton und Crispin hatten ihre Schränke durchsucht nach Kleidung, die er anstelle seiner eigenen zerrissenen tragen konnte. Sie waren alle etwa gleich groß, und die Sachen passten ihm. Die persönlichen Dinge, die Julia in seinem Haus in der Brook Street eilig ergriffen hatte, lagen auf dem Frisiertisch. Er erkannte seinen Kamm und sein Rasiermesser.
Neugierig, was aus den übrigen Sachen geworden war, die Julia in den Reisekoffer gepackt hatte, öffnete Paine den Schrank und blickte hinein. Dann lachte er leise. Der Schrank war leer, abgesehen von seinen Hosen, die völlig zerknittert und untragbar waren. Dann fiel ihm ein, dass sein Hemd einem guten Zweck geopfert worden war. Er hoffte, Julia hatte ebenso viel Glück mit ihrer Ersatzgarderobe wie er mit seiner. Was immer sie für sich selbst eingepackt hatte, es war vermutlich ebenso zerdrückt wie seine eigene Kleidung. Aber er bezweifelte nicht, dass Cousine Beth sehr tüchtig darin war, jede Einzelheit zu handhaben, und dass sie für Julia passende Garderobe gefunden hatte.
Der Anblick seiner zerdrückten Kleidung erinnerte Paine daran, wie Julia im oberen Stockwerk seines Hauses in der Brook Street Schubladen durchwühlt hatte, um Kleidung einzupacken. Zuerst schien ihm dieses Bild komisch und rührend zugleich zu sein. Selbst in der Eile hatte sie daran gedacht, was er gebrauchen konnte – der Kamm und das Rasiermesser bewiesen das. Dann verlor diese Vorstellung jede Spur von Heiterkeit. Seine Julia hätte niemals mitten in der Nacht fliehen dürfen. Seine Julia hätte niemals so viel Angst erleben sollen wie bei dieser Flucht aus London. Ein starker Beschützerinstinkt erwachte in ihm. Seine Julia .
Paine warf einen raschen letzten Blick in den langen Spiegel. So würde es gehen. Eine Rasur wäre nicht schlecht, aber die Zeit dafür wollte er sich nicht nehmen. Er wollte Julia treffen. Er hatte das Gefühl, seine Pflicht ihr gegenüber vernachlässigt zu haben. Es war seine Aufgabe, sich um sie zu kümmern. Er hatte sie in einem Haus voller Fremder sich selbst überlassen. Nicht,
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