Ein frivoler Plan
er erwartet. Die östlichen Gelehrten, die er in Indien kennengelernt hatte, hatten ihm gesagt, dass niemand einem Frieden bringen konnte, jedenfalls nicht auf Dauer. Dauerhaften Frieden konnte man nur in seinem Inneren finden. Oft bezweifelte Paine, dass ihm das jemals gelingen würde. Julias Reinheit erinnerte ihn besonders heftig daran, wie tief er gefallen war.
Er dachte über die Geschichte nach, die er erfunden hatte, um Julias Verbindung zu ihm zu erklären. Dass ihre Liebe ihn verändert hatte. Es war eine schöne Vorstellung, angefangen mit der Stelle, an der sie sich in ihn verliebte. Ein behütet aufgewachsenes Mädchen wie Julia würde den Tag bereuen, an dem sie sich in einen Mann wie ihn verliebt hatte. An dem Tag, da sie zu ihm gekommen war, hatte sie ihm den Grund dafür genannt. Er war der unmoralischste Mann, den sie kannte, und der einzige, der ohne Skrupel tun würde, worum sie ihn bat.
Dennoch hatte sie ihm vertraut. Sie war ihm aufs Land gefolgt und hatte auf der Straße an seiner Seite gekämpft. Nie hatte sie an seiner Fähigkeit gezweifelt, sie zu beschützen, und wenn sie ihn aus ihren grünen Augen ansah, dann nicht berechnend. Das zeigte ihm, dass er für sie jetzt weit mehr war als der Mann, den sie für den Akt der körperlichen Liebe brauchte. Dieser Gedanke gab Paine etwas Hoffnung, aber seiner Erfahrung nach war Hoffnung gefährlich, vor allem für einen Verzweifelten.
Neben ihm bewegte sich Julia. Ihr Haar war offen und warm von der Sonne. Sie war sehr schön, und er fühlte, wie sich etwas in ihm regte, wie er sie wieder nehmen und sich in ihr verlieren wollte. Doch jetzt war er ein Ehrenmann, und solche Selbstsucht konnte er vor sich selbst nicht mehr rechtfertigen.
„Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte Julia und stützte sich auf einen Arm.
„Nicht lange. Eine halbe Stunde“, sagte Paine leichthin. Er griff nach dem Picknickkorb. „Hunger?“
Er wartete, bis sie gegessen hatten, ehe er das Thema ansprach, das ihn so beschäftigte. Er lächelte, als Julia sich die Hände an einer Serviette abwischte. Selbst draußen im Freien und barfuß vergaß sie nicht ihre guten Manieren. Von Anfang an hatte er gewusst, dass sie eine Dame war, eine echte Lady.
„Julia, wir müssen über die Zukunft reden“, begann er.
Sie faltete gerade die Serviette zusammen und blickte nun mit einem leichten Stirnrunzeln auf. „Ich dachte, wir wären uns einig, heute nicht über Oswalt zu sprechen.“
Paine schüttelte den Kopf. „Es geht nicht um Oswalt. Es geht um uns. Um dich und mich.“ Hastig sprach er weiter, ehe sie ihn unterbrechen oder missverstehen konnte. „Ich muss mich entschuldigen für das, was da vorhin auf der Decke geschah. Wir hätten darüber reden sollen, ehe dergleichen geschehen konnte. Unsere Übereinkunft ist erfüllt, und ich möchte nicht, dass du dich verpflichtet fühlst, weiterhin als Teil unserer Vereinbarung mit mir zu schlafen.“
Er fühlte sich unbehaglich, als er Julia gegenüber diese Worte aussprach. Früher hatte er im Plauderton mit verschiedenen Frauen über Geschlechtsverkehr gesprochen. In seinen früheren Beziehungen gehörte das selbstverständlich dazu.
Julia errötete bei seinen offenen Worten. Dann überraschte sie ihn, indem sie ihre Hand auf seine legte, die auf seinem Schenkel ruhte. „Du hat mir einen enormen Dienst erwiesen, indem du mich hierherbrachtest. Ohne mich zu kennen, hast du dich als mein Beschützer angeboten. Mir ist niemals der Gedanke gekommen, du könntest ein Mann sein, der so etwas tut und dafür eine Gegenleistung verlangt.“
„Vielleicht hättest du daran denken sollen“, meinte er nüchtern. „Du weißt, wer ich bin und wie ich lebe. Ich bin ein dunkler Charakter. Ich schlafe mit hunderten von Frauen und spiele mit der Unterwelt. Nach den Maßstäben der ton bin ich durch und durch verdorben.“
Julia lachte. „Das sagen sie alle. Sie verstehen dich nicht.“ Sie senkte den Kopf und biss sich nachdenklich auf die Lippe. „Paine, ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich bin aus sündhaften Gründen zu dir gekommen, aber dennoch hast du mich mit weitaus mehr Respekt behandelt als ich dich. Ich sah dich mit den Augen der Gesellschaft und schätzte dich falsch ein.“
„Und jetzt, Julia? Was siehst du jetzt?“ Ihm war heiß vor Verlangen, er glühte geradezu. Er holte tief Luft und kämpfte gegen die Wirkung an, die sie auf ihn hatte. Sie ahnte nicht, wie gern er sie an sich gezogen hätte.
Sie
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