Ein frivoler Plan
streckte einen Arm aus und strich ihm über die Wange. „Ich sehe einen guten Mann, der vor anderen sein wahres Ich verbirgt.“
Da war es.
War es möglich, dass sie in diesem einen Satz ausgedrückt hatte, was allen anderen entgangen war? Julia ließ ihn das Unmögliche denken – dass er gerettet werden konnte vor dem Abgrund, dass er ihr vielleicht mehr bereiten konnte, als er glaubte.
Er wickelte sich eine Strähne ihres dichten Haars um den Finger. „Was glaubst du ist der Grund dafür?“, fragte er.
Julia zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht. Ich bin sicher, dieser Mann hat seine Gründe.“
„Nein, das habe ich nicht gemeint“, erwiderte er. „Ich wollte wissen, warum du einen guten Mann siehst, wo alle anderen einen Schurken sehen?“
Julia legte den Kopf schief und lächelte nachdenklich. „Ich bin nicht die Einzige. Deine Familie sieht ihn auch.“ Sie zupfte an seinem Ärmel. „Und jetzt liebe mich, weil du es willst. Kein Gerede mehr über Vereinbarungen.“
13. KAPITEL
Als sie zurückkamen, wurden sie – wurde er – schon von Peyton erwartet. Paine verbarg ein Lächeln, denn Peyton erwartete sie nicht offensichtlich im Foyer, das entsprach nicht seinem Stil. Aber er hatte Ausschau nach ihnen gehalten. Das bewies die hektische Aktivität der Dienstboten bei ihrer Ankunft. Paine wäre bereit gewesen, eine gute Stange Geld zu wetten, dass sie kaum den Stallhof erreicht hatten, als Peyton in seinem Arbeitszimmer schon davon informiert wurde.
Die Tür zum Arbeitszimmer stand offen. Es wäre schwierig gewesen, ungesehen daran vorbeizukommen. Genau das hatte Peyton natürlich geplant. In der großen Haupthalle wandte Paine sich an Julia und deutete mit einer Kopfbewegung auf Peytons offene Tür. „Ich muss mit meinem Bruder sprechen. Würdest du mich bitte entschuldigen?“ Es gab vieles, das er und Peyton zu besprechen hatten. Er wollte nicht, dass Julia das heikle Gespräch mit anhörte, und er war nicht sicher, ob der diplomatische Peyton sie dabei haben wollte. Aber er war bereit, sich dem Thema zu stellen, gestärkt durch Julias Vertrauen zu ihm und neu erwachter Hoffnung.
Paine geleitete Julia die Treppe hinauf und ging dann zum Arbeitszimmer, bereit, zum ersten Mal seit zwölf Jahren mit Peyton Bilanz zu ziehen.
Als er die Schritte hörte, blickte Peyton von seinen Papieren auf. „Paine, du bist wieder da. Wie war es draußen?“, fragte er, als wüsste er nicht, dass sie wenige Momente zuvor eingetroffen waren.
„Schön, Julia ist oben und ruht sich aus. Ich dachte, wir könnten jetzt miteinander reden. Es gibt einiges zu besprechen“, sagte Paine und bestimmte damit die Richtung des Gesprächs.
Peyton nickte. „Möchtest du etwas trinken?“ Er deutete auf den Kabinettschrank, der eine große Zahl an kristallenen Gefäßen enthielt.
„Nein, danke“, lehnte Paine ab und setzte sich auf einen Stuhl auf der anderen Seite des großen Schreibtisches, während er sich wunderte, warum Peyton so nervös war – ausgerechnet Peyton, der immer so beherrscht und entschlossen gewesen war.
„Du hast dich so sehr veränderte, Paine. Ich kann es kaum glauben, wenn ich dich ansehe“, begann Peyton. „Du bist jetzt ein Mann. Es ist schwer vorstellbar, dass mein kleiner Bruder nun zweiunddreißig Jahre alt ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe dich so viel jünger in Erinnerung. Aber jetzt bist du erwachsen …“
Er verstummte, und Paine wusste, dass Peyton an all die Jahre dachte, die er im Exil verbracht hatte und in denen keine Briefe aus Indien kamen, um zu versichern, dass es ihm gut ging, an all die Monate, die er in London gewesen war, jedoch keine Nachricht geschickt hatte.
Sie sahen einander an und schwiegen unbehaglich. Dann schüttelte Paine den Kopf und zuckte die Achseln. „Ich hätte schreiben sollen, aber ich wusste nicht wie. Ich war so dumm. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte – eine große Schande.“ Und er wusste nicht, ob sein Bruder überhaupt etwas von ihm hören wollte. Peyton war so wütend gewesen, dass Paine davon überzeugt war, sein älterer Bruder musste froh sein, ihn aus dem Weg zu haben, wo er nicht länger den Namen der Familie in den Schmutz ziehen konnte.
„So empfand ich es auch, nur in Bezug auf mich selbst. Ich habe mein Benehmen und meine Entscheidungen bedauert, an jedem einzelnen Tag, seitdem du fortgingst. Ich war so dumm, habe mich so lächerlich benommen – eine Schande.“ Peyton benutzte dieselben Worte wie
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