Ein Ganz Besonderer Fall
Wurde sie nicht gefangen?« Eine Kaiserin wäre ein guter Tausch gegen einen König, selbst wenn es kein Ende, sondern nur ein Patt wäre, worauf der Kampf um das erschöpfte Land von neuem beginnen würde. Hätte Stephen die unversöhnliche Dame mit seiner wagemutigen Kavallerie gefangen, dann hätte er ihr wahrscheinlich ein frisches Pferd und eine Eskorte gegeben, um sie nach Gloucester auf ihre eigene Burg zu schicken; doch die Königin war keine so großmütige Närrin und wußte eine gefangene Feindin besser zu nutzen.
»Nein, Maud ist davongekommen. Ihr Bruder ist mit Brian Fitz-Count vorausgeritten, um ihren Weg zu sichern, und blieb später zurück, um die Nachhut zu befehligen und die Verfolger aufzuhalten. Nein, es ging noch besser! Er hätte ohne sie weiterkämpfen können, aber sie kann es kaum ohne ihn. Die Flamen haben die Abteilung bei Stockbridge gefaßt, als sie den Fluß überqueren wollte, und alle Überlebenden gefangengenommen. Wir haben einen, der dem König ebenbürtig ist: Robert von Gloucester!«
7. Kapitel
Ob Reginald Cruce nun für seine Halbschwester, die so viele Jahre jünger war als er und die er so selten gesehen hatte, eine tiefe Zuneigung empfand oder nicht, er war auf keinen Fall der Mann, eine Beleidigung oder Verletzung einer Familienangehörigen unwidersprochen hinzunehmen. Was immer einem Cruce zustieß, betraf auch ihn und ließ ihn gleich einem Jagdhund die Nackenhaare sträuben. Er hörte sich die Geschichte mit wachsendem Unmut und Zorn an, was um so furchterregender wirkte, als er verbissen schwieg und sich eisern beherrschte.
»Und all dies steht außer Zweifel?« fragte er schließlich. »Ja, die Frau wird schon wissen, was sie sagt. Das Mädchen kam nie dort an. Ich war an der Angelegenheit nicht beteiligt, ich war nicht hier und konnte weder den Abschied noch die Rückkehr miterleben, aber wir werden schon sehen! Immerhin weiß ich die Namen der Männer, die mit ihr ritten, denn mein Vater erzählte mir auf dem Totenbett von dieser Reise. Er schickte vertrauenswürdige Männer, die ihm sehr nahestanden - wer hätte das nicht getan, wenn es um die eigene Tochter ging.
Und er gab ihr eine Mitgift. Wartet!«
Er rief zur Hallentür hinaus nach seinem Aufseher, und aus dem verblassenden Tageslicht und der jetzt, in der Dämmerung, abkühlenden Luft, kam ein grauer älterer Mann herein, dessen Haut getrocknet und gegerbt schien wie altes Leder; doch war er sehr beweglich und sehnig. Er mochte sogar älter sein als der Herr, den er verloren hatte, und er zeigte keine besondere Ehrfurcht. Offenbar war er unumstrittener Herr seines Aufgabenbereichs und sich seines Wertes bewußt. Er sprach als Gleichgestellter und fühlte sich in dieser Stellung wohl.
»Arnulf, Ihr erinnert Euch sicher an die Männer, die mein Vater damals schickte, um meine Schwester in ihren Konvent zu begleiten«, sagte Reginald, indem er ihm mit einer Handbewegung einen Platz am Tisch anbot. Anscheinend erkannte er den Mann wirklich als Gleichgestellten an. »Es waren die Sachsenbrüder Wulfric und Renfred, John Bonde und ein vierter, dessen Name ich nicht weiß. Er wurde, soweit ich mich erinnere, kurz nach meiner Ankunft hier eingezogen…«
»Adam Heriet«, sagte der Aufseher sofort und zog das Trinkhorn heran, das sein Herr ihm gefüllt hatte. »Was ist mit ihnen?«
»Ich will sie hier haben, Arnulf, alle vier.«
»Sofort, mein Herr?« Wenn er überrascht war, dann hatte er sich schnell in die Gewalt bekommen.
»Sofort oder so schnell wie möglich. Doch zuerst beantwortet mir eine Frage. Sie alle gehörten zu den Vertrauten meines Vaters, und Ihr kennt sie besser, als ich sie je kannte. Haltet Ihr sie für vertrauenswürdig?«
»Auf jeden Fall«, erwiderte der Aufseher ohne Zögern mit einer Stimme, die so trocken und ledrig klang wie seine Haut.
»Bonde ist zwar ein Einfaltspinsel, um es vorsichtig zu sagen, aber ein guter Arbeiter und offen wie ein aufgeschlagenes Buch. Die Sachsenbrüder sind klug und aus feinerem Holz geschnitzt; auf jeden Fall klug genug, um es zu erkennen, wenn sie einem guten Herrn dienen, und treu genug, um ihm dankbar zu sein. Warum?«
»Und der letzte, dieser Heriet? Ich kenne ihn kaum. Als Graf Waleran von mir Bewaffnete verlangte, schickte ich ihm die Männer, die ich entbehren konnte, und Heriet meldete sich freiwillig. Ich hörte, daß es ihn nicht mehr hier gehalten habe, nachdem meine Schwester das Gut verlassen hatte. Wie ich hörte, mochte er sie sehr und
Weitere Kostenlose Bücher