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Ein ganz besonderer Sommer

Ein ganz besonderer Sommer

Titel: Ein ganz besonderer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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hier reichlich gab: Platz! Felder und Weideflächen hatten Ausmaße, wie man sie im Westen Deutschlands schon lange nicht mehr kannte. Ein Paradies für Pferde! Auf der linken Seite der Koppel befand sich eine Baumgruppe, die an heißen Tagen Schatten spendete und bei schlechtem Wetter Schutz vor Regen bot.
    Agnieszka klatschte in die Hände und rief etwas auf Polnisch. Bille fragte sich, ob sie eine Reihe von Namen aufrief. Nur Sekunden vergingen, da kam die Herde herbeigetrabt. Zunächst erschienen nur die Köpfe hinter dem Hügelkamm, es war, als wüchsen sie aus dem Berg langsam zu voller Größe heran. Drei Braune, zwei Füchse, ein Schimmel und ein Rappe, außerdem drei Ponys. Bille kletterte durch den Zaun und ging ihnen entgegen.
    „Hallo, ihr Hübschen, schön, euch kennen zu lernen! Wartet, ich habe euch auch was mitgebracht.“ Sie kramte in den Taschen ihrer Jeans nach den Pferdeleckerlis . Vorsorglich hatte sie zwei Tüten davon mit auf die Reise genommen und vorhin im Zimmer schnell ihre Hosentaschen damit gefüllt. Sofort waren ihre Hände von schnobernden Pferdenasen umgeben, die sich gegenseitig wegzuschieben versuchten. Sie hatte Mühe, die Leckerbissen gerecht zu verteilen.
    Als der letzte Krümel vertilgt war, betrachtete Bille die kleine Herde kritisch. Die Pferde waren recht mager, sahen aber nicht vernachlässigt aus. Im Gegenteil, ihr Fell war gepflegt, sie machten einen gesunden, lebhaften Eindruck und schienen sich alle gut miteinander zu vertragen. Jedenfalls gab cs keine Rangeleien und Drohgebärden. Agnieszka ging von einem zum anderen, sprach leise zu jedem und streichelte ihn. Es herrschte eine spürbare Harmonie zwischen Zweibeiner und Vierbeinern, und Bille hatte das Gefühl, dass sie hier genau am richtigen Ort gelandet war, bei einem Mädchen, das ihr nicht nur äußerlich ähnelte.
    „Und wen darf ich reiten? Hast du schon jemanden für mich ausgesucht?“, erkundigte sie sich bei Agnieszka.
    „Du kannst wählen. Wie wär’s mit Sofia? Sie ist die Temperamentvollste, ungeübten Reitern kann man sie nicht anvertrauen. Aber sie ist auch sehr zärtlich und macht keine . . . Zicken, sagt man so?“
    „Genau.“ Bille schmunzelte. „Einverstanden, ich nehme Sofia. Und ich glaube, sie nimmt mich auch.“
    Sie hatte richtig beobachtet. Die Fuchsstute ließ sie nicht aus den Augen. Sei es, dass sie auf mehr von den köstlichen Leckerlis hoffte, sei es, dass sie spontan Gefallen an dem fremden Mädchen gefunden hatte. Sie trat näher, blies Bille ins Gesicht und prüfte den Neuling schnaubend, dann ließ sie ihren Kopf vertrauensvoll auf Billes Schulter sinken, während die ihr abwechselnd Hals und Brust streichelte und ihr den Mähnenansatz kraulte.
    „Wie wär’s, sollen wir zusammen eine kleine Runde ausreiten?“, schlug Bille ihrer neuen Freundin vor. „Hast du Zeit?“
    „Das schaffe ich schon irgendwie. Ich muss nur meinem Bruder Bescheid sagen. Komm, er ist im Stall.“
    „Sollen wir die Pferde gleich mitnehmen? Wen reitest du?“
    „Mazurka. Die kleine Rappstute, die dort drüben grast. Sie ist mein Liebling, ich habe sie großgezogen. Sie wurde nach wenigen Wochen Waise.“ Agnieszka rief die Stute und sie kam sofort heran und folgte ihrer Herrin wie ein Hündchen. Als Agnieszka das Gatter öffnete, blieb sie geduldig stehen und wartete, bis Bille, die Sofia am Halfter führte, hindurchgegangen war. Sie folgte den beiden nach draußen und rührte sich nicht vom Fleck, bis Agnieszka das Gatter wieder geschlossen hatte. Die Nase dicht an der Schulter des Mädchens schritt sie mit ihm zum Stall hinüber.
    Vor dem Stalltor kam ihnen ein blonder junger Mann entgegen, der die gleichen braunen Augen wie Agnieszka besaß. Er war hager und hoch aufgeschossen, sodass er ständig ein wenig nach vorn gebeugt ging. Muskulöse Arme hatte er, stellte Bille fest, und seine Haut war von der Sonne so stark gebräunt, dass sie an die Farbe eines kräftig gebackenen Brotes erinnerte.
    „ Tomek , mein Bruder!“, rief Agnieszka ihr zu, während sie Mazurka am Paddockgeländer anband. „ Tomek , das ist Bille, unser neuer Gast. Ihr kannst du nichts vormachen, sie ist ein Profi im Reiten.“
    Tomek lachte. Er wischte sich die Hände an seiner nicht sehr sauberen Jeans ab und betrachtete sie zweifelnd. Dann begrüßte er Bille trotzdem mit kräftigem Handschlag. „Gut. Ich freue mich, Sie kennen zu lernen“, sagte er. Sein Deutsch klang ein wenig steif.
    „Du kannst ,du‘ sagen! Ich

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