Ein ganz schoen starker Plan
enttäuschte und zugleich beängstigte. Vermutlich hätte es mich auch glücklich machen sollen. Aber dieses Gefühl hatte ich gut versteckt.
»Was willst du denn hier?«, rief ich.
Das war nicht die richtige Frage. Das weiß ich. Vielleicht war es der Schock. Schock kann offenbar erklären, dass man die seltsamsten Dinge sagt.
»Ich musste doch früher oder später nach Hause kommen«, antwortete Papa.
Er war wieder zu Hause. Er stand mitten im Zimmer und wusste nicht so recht, wohin mit seinen Händen. Ich ließ meine Schultasche auf den Boden fallen und zog die Tür hinter mir zu. In diesem Moment dachte ich vor allem an meine Kumpels, die zu Besuch kommen würden.
»Aber wie geht es dir und Ida?«, fragte Papa.
Wir standen uns an den Enden des Zimmers gegenüber, wie bei einem Zweikampf in einem alten Westernfilm im Fernsehen.
»Mir geht es gut, aber meine Gefühle sind ein wenig wütend«, sagte ich.
Ich erinnerte mich wieder daran; an sein Seufzen. Bei dem sein ganzer Körper ein wenig zusammensackte. Ein Stöhnen, das jede Stimmung ruinierte.
»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, sagte er dann.
»Gerade heute bin ich nicht sicher, ob der Anfang die richtige Stelle ist. Ich finde den Schluss wichtiger.«
»Das kann ich verstehen«, sagte er und seufzte. »Ich verstehe, dass ich dich enttäuscht habe. Aber es war alles einfach zu viel für mich. Jetzt jedoch ist mir klar geworden, dass ich keine Frau brauche, um glücklich zu sein. Ich habe euch.«
Ich wollte schon fragen, ob er bis nach Mallorca habe reisen müssen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, aber weitere Erklärungen hätte ich nicht ertragen. Ich hatte das Gefühl, dass ich langsam begriff, woher ich meine ganzen Ausreden hatte. Immer hatte Papa einen zweifelhaften Grund für alles, was er unternahm.
Er setzte sich auf einen Stuhl und griff sich an den Kopf. Papa hätte eine Runde mit dem Rasierer brauchen können, am Kinn und auf dem Schädel. Ich trat einige Schritte näher, blieb aber drei oder vier Meter vor ihm stehen.
»Wart ihr etwa …?«
»Ja.«
»Aber ich habe doch geschrieben, du solltest Oma anrufen.«
»Vielleicht ist ja auch auf mich nicht immer Verlass.«
»Aber … ihr hattet doch kein Geld.«
»Ich habe Rolf und Cecilie angepumpt. Sie ist übrigens schrecklich verliebt in dich.«
»Ja, sie ist mir im Treppenhaus begegnet. Das ist nicht so gut gegangen. Von jetzt an werde ich ehrlich sein.«
Wieder seufzte er.
»Isabell will dich auch«, erzählte ich. »Du hast es eigentlich nicht verdient, so beliebt zu sein.«
»Du kennst Isabell? Nein, das habe ich wohl nicht.«
Er fuhr sich mit einer Hand über seine Haarstoppeln. Wenn Wiedersehensfreude bedeutete, dass man von allem, was man erzählen will, überzulaufen droht, dann war das hier nicht der Rede wert. Ich setzte mich auf einen anderen Stuhl, ein Stück von Papa entfernt, und gab mir große Mühe, meinen Kopf nicht anzufassen. Denn ich wollte ja nicht werden wie Papa. Ich wollte mit den Ausflüchten aufhören. Ich wollte nichts von den Dingen tun, die Papa tat. Nicht eine Bewegung sollte an ihn erinnern.
»Ich habe Oma nicht angerufen«, sagte ich. Papa triefte vor schlechtem Gewissen. Ich konnte nicht ins alte Leben zurückgehen. In gewisser Weise war ich ein neuer Håkon. Ich lebte jedenfalls ein neues Leben. Wenn ich irgendwann Liv heiratete, würde ich für immer mit ihr zusammenbleiben. Das müsste doch möglich sein?
»Papa, es soll nicht wieder so werden wie es war.«
So. Jetzt war es gesagt.
»Ich will das ja auch nicht.«
»Ich will, dass jetzt erst einmal Ida und ich entscheiden, wie das hier zu Hause läuft.«
Er schaute mich an.
»Entscheiden … alles?«
»Ja. Alles. In einer Weile, in einer ziemlich langen Weile, können wir vielleicht zusammen entscheiden.«
Papa rieb sich das Gesicht, als hätte er sich unterwegs eine zusätzliche Haut zugelegt. Er war ein bisschen braun, vor allem aber rot, und er schien schon ziemlich lange seine Kleider nicht mehr gewechselt zu haben.
»Ida ist übrigens zu Isabell gezogen.«
»Was sagst du da?«
»Nur die Wahrheit.«
Papa wirkte verwirrt, stellte aber keine Fragen. Ich nahm einen Zettel und machte eine Liste dessen, was in Zukunft passieren sollte.
Papa versucht, mit Isabell zusammenzusein.
Oma feiert ihren Geburtstag bei uns und wir helfen alle.
Papa besorgt sich eine Arbeit, die er schaffen kann, und geht jeden Tag hin.
Papa bezahlt unsere Schulden bei Cecilie und Rolf.
Papa sucht
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