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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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uns treffen, tun wir das vermutlich wirklich besser nicht bei uns im Haus.»
    Ich stand auf. «Oh», sagte ich. «Ich muss Ihnen noch meine neue Telefonnummer geben. Ich bin gerade umgezogen.» Als sie in ihrer Tasche nach einem Stift suchte, fügte ich hinzu: «Ich bin bei Patrick eingezogen … meinem Freund.»
    Ich weiß nicht, warum sie das so überraschte. Sie wirkte richtig erstaunt, und dann gab sie mir ihren Stift.
    «Ich wusste nicht, dass Sie einen Freund haben.»
    «Und ich wusste nicht, dass ich Ihnen das hätte erzählen sollen.»
    Sie stand auf und stützte sich mit einer Hand auf den Tisch. «Will hat kürzlich erwähnt, dass Sie … er meinte, Sie würden vielleicht in den Anbau ziehen. Über die Wochenenden.»
    Ich kritzelte Patricks Telefonnummer auf ein Stück Papier.
    «Na ja, ich dachte, es wäre für alle einfacher, wenn ich bei Patrick einziehe.» Ich gab ihr den Zettel. «Aber ich bin nicht weit weg. Nur beim Gewerbegebiet. Das wird meine Arbeitszeiten nicht beeinflussen. Oder meine Pünktlichkeit.»
    Dann standen wir voreinander. Mrs. Traynor wirkte aufgewühlt, sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, tastete nach dem Goldkettchen um ihren Hals. Schließlich – als hätte sie sich nicht zurückhalten können – platzte sie heraus: «Hätte es Ihnen wirklich so viel ausgemacht, noch ein bisschen zu warten? Nur ein paar Wochen?»
    «Wie bitte?»
    «Will … Ich glaube, Will hat Sie sehr gern.» Sie biss sich auf die Unterlippe. «Ich verstehe nicht … ich verstehe nicht, was das bringen soll.»
    «Einen Moment. Wollen Sie mir sagen, dass ich nicht mit meinem Freund hätte zusammenziehen sollen?»
    «Ich sage nur, dass der Moment nicht ideal ist. Will ist gerade sehr verletzlich. Wir tun alles, damit er positiv denkt … und Sie …»
    «Was ich?» Ich sah, dass uns die Bedienung beobachtete, den Bestellblock immer noch in der Hand. «Was ich? Habe ich es etwa gewagt, außerhalb der Arbeit noch ein Leben zu führen?»
    Sie senkte die Stimme. «Ich tue alles, was ich kann, um diese … Sache abzuwenden. Sie wissen, worum es geht. Und ich sage nur, dass ich mir wünschte … weil ich weiß, wie sehr er Sie mag … dass Sie ein bisschen gewartet hätten, bevor Sie ihm … Ihr Liebesglück unter die Nase reiben.»
    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, und ich atmete tief ein, bevor ich wieder etwas sagte.
    «Wie können Sie es wagen, mir zu unterstellen, ich würde irgendetwas tun, um Wills Gefühle zu verletzen. Genau wie Sie habe ich nämlich auch alles getan», zischte ich, «ich habe alles getan, was mir nur eingefallen ist. Ich habe Vorschläge gemacht, bin mit ihm unterwegs gewesen, habe mit ihm geredet, ihm vorgelesen, mich um ihn gekümmert.» Die Worte sprudelten nun aus mir heraus. «Ich habe ihn gewaschen. Ich habe seinen verflixten Katheter gewechselt. Ich habe ihn zum Lachen gebracht. Ich habe mehr getan als Ihre ganze, verdammte Familie zusammen.»
    Mrs. Traynor stand vollkommen bewegungslos vor mir. Sie hatte sich gerade aufgerichtet, die Handtasche wieder unter dem Arm. «Ich glaube, dieses Gespräch ist beendet, Miss Clark.»
    «Ja. Ja, Mrs. Traynor, das sehe ich ganz genauso.»
    Sie drehte sich um und ging eilig aus dem Café.
    Als sie mit einem Knall die Tür hinter sich zuschlug, wurde mir bewusst, dass ich zitterte.

    Das Gespräch mit Mrs. Traynor verfolgte mich tagelang. Ihre Worte hallten durch meinen Kopf, der Vorwurf, dass ich ihm mein Liebesglück unter die Nase rieb . Ich glaubte nicht, dass sich Will von irgendetwas tangieren ließ, das ich tat. Sein Missfallen über meine Entscheidung, bei Patrick einzuziehen, hatte ich der Tatsache zugeschrieben, dass er Patrick nicht mochte, und nicht etwa irgendwelchen Gefühlen, die er für mich hatte. Und davon abgesehen glaubte ich auch nicht, dass ich nach überwältigendem Liebesglück ausgesehen hatte.
    Auch zu Hause wurde ich die Unruhe nicht los. Es war, als würde durch meinen Körper die ganze Zeit eine Schwachstromleitung laufen, die alles beeinflusste, was ich tat. Ich fragte Patrick: «Hätten wir das eigentlich auch gemacht, wenn meine Schwester nicht mein Zimmer gebraucht hätte?»
    Er hatte mich angeschaut, als wäre ich unterbelichtet. Dann zog er mich an sich und küsste mich auf den Kopf. Anschließend sah er an mir herunter. «Musst du diesen Schlafanzug tragen? Ich hasse es, wenn du einen Schlafanzug anziehst.»
    «Er ist bequem.»
    «Er

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