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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Gästezimmer an die Wand gehängt hatte, mit den Ideen in Grün und den schon geplanten Ereignissen in Schwarz. Wenn etwas funktioniert hatte (Musik, Weinprobe), klebte ich ein Smiley daneben. Wenn nicht (Pferderennen, Kunstgalerie), blieb die Stelle daneben leer. Für die nächsten beiden Wochen gab es nicht viele Einträge – Will hatte die Orte in der näheren Umgebung satt, und trotzdem konnte ich ihn nicht dazu bringen, weiter weg zu fahren. Ich warf Patrick einen Blick zu. Ich sah, dass er das Datum 12. August betrachtete, das ich unterstrichen und mit schwarzen Ausrufezeichen versehen hatte.
    «Also … bis dahin gilt mein Vertrag.»
    «Glaubst du, sie werden ihn nicht verlängern?»
    «Ich weiß es nicht, Patrick.»
    Patrick nahm einen Stift, blickte auf den nächsten Monat und schrieb dann unter die achtundzwanzigste Kalenderwoche: Mit der Jobsuche anfangen .
    «So bist du für jeden Fall gerüstet», sagte er. Dann küsste er mich und ging aus dem Zimmer.
    Ich brachte meine Cremes ins Badezimmer und räumte meine Rasierer, Feuchtigkeitscremes und Tampons säuberlich in seinen Spiegelschrank. Dann stellte ich ein paar Bücher in einer ordentlichen Reihe unter das Fenster im Gästezimmer auf den Boden, einschließlich der neuen Titel, die mir Will bei Amazon bestellt hatte. Patrick versprach, Regale zu besorgen, sobald er Zeit hatte.
    Und dann, als er zum Lauftraining ging, saß ich da, schaute über das Gewerbegebiet zur Burg hinüber und übte vor mich hin murmelnd das Wort Zuhause .

    Ich bin ein ziemlich hoffnungsloser Fall, wenn es darum geht, Geheimnisse zu bewahren. Treena sagt, ich fasse mir an die Nase, sobald ich auch nur daran denke, jemanden anzulügen. Das ist ein ziemlich verräterisches Benehmen. Meine Eltern machen immer noch Witze über die Entschuldigung, die ich mir einmal nach dem Schuleschwänzen geschrieben habe. «Liebe Miss Trowbridge», hieß es da, «bitte entschuldigen Sie Louisa Clark vom heutigen Unterricht, da ich sehr unpässlich mit Frauenproblemen bin.» Dad hatte um ein ernstes Gesicht kämpfen müssen, als er mir eigentlich die Leviten lesen sollte.
    Wills Plan vor meiner Familie geheim zu halten, war das eine – ich konnte meinen Eltern eigentlich ganz gut etwas verheimlichen (das lernen wir schließlich alle, während wir aufwachsen) –, aber mit meinen Ängsten alleine klarzukommen, war etwas ganz anderes.
    Die nächsten Abende verbrachte ich damit zu überlegen, was Will vorhatte und was ich tun konnte, um ihn daran zu hindern. Meine Gedanken kreisten ständig darum, selbst während Patrick und ich uns unterhielten oder in der winzigen Kombüsenküche kochten. (Ich entdeckte einiges Neue an ihm – zum Beispiel, dass er tatsächlich hundert unterschiedliche Arten kannte, eine Putenbrust zuzubereiten.) Nachts hatten wir Sex – das schien mehr oder weniger Pflicht, nachdem wir nun die volle Freiheit dazu hatten. Es war, als hätte Patrick das Gefühl, ich würde ihm etwas schulden, wo ich doch so viel mit Will zusammen war. Doch sobald Patrick einschlief, verlor ich mich wieder in meinen Gedanken.
    Es waren noch etwas mehr als sieben Wochen übrig.
    Und Will schmiedete Pläne, mir aber fiel nichts mehr ein.
    Falls Will in der folgenden Woche mitbekam, dass ich abgelenkt war, sagte er jedenfalls nichts. Wir lebten unsere Alltagsroutine – ich unternahm mit ihm kurze Ausflüge aufs Land, kochte sein Essen und kümmerte mich um ihn. Er machte keine Witze mehr über den Marathon-Mann.
    Ich erzählte ihm von den letzten Büchern, die er mir empfohlen hatte. Wir hatten Der englische Patient gelesen (der hatte mir unheimlich gefallen) und einen schwedischen Thriller (den fand ich nur unheimlich, gefallen hatte er mir nicht). Wir gingen rücksichtsvoll miteinander um, beinahe übertrieben höflich. Ich vermisste seine Frechheiten, seine Kratzbürstigkeit – ihr Fehlen sorgte nur noch mehr dafür, dass ich das Gefühl eines drohenden Verhängnisses nicht loswurde.
    Nathan beobachtete uns wie ein Insektenforscher.
    «Haben Sie sich gestritten?», fragte er mich eines Tages in der Küche, als ich Lebensmittel auspackte.
    «Fragen Sie lieber ihn», sagte ich.
    «Genau das hat er auch gesagt.»
    Er warf mir einen Seitenblick zu, dann verschwand er im Badezimmer, um Wills Medizinschränkchen aufzuschließen.
    Ich hatte nach Michael Lawlers Besuch drei Tage vergehen lassen, bis ich Mrs. Traynor anrief. Ich fragte sie, ob wir uns woanders als in ihrem Haus treffen könnten, und

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