Ein ganzes halbes Jahr
verabschiedete.
Dad war leicht betrunken, dankte ihm immer wieder dafür, dass er mich eingestellt hatte, und ließ sich versprechen, dass er wiederkommen würde. «Wenn ich meine Arbeit verliere, komme ich vielleicht auch mal zum Fußballgucken zu Ihnen rüber», sagte er.
«Das wäre sehr schön», sagte Will, obwohl ich ihn noch nie ein Fußballspiel hatte anschauen sehen.
Meine Mum drängte ihm eine Tupperdose mit dem Rest Mousse au Chocolat auf. «Die haben Sie doch so gern gegessen.»
Noch eine Stunde nachdem er weg war, wiederholten sie ständig, was für ein Gentleman er doch sei. Ein echter Gentleman.
Patrick kam zur Verabschiedung mit in den Flur und vergrub die Hände tief in den Hosentaschen, als müsste er den Impuls unterdrücken, Will die Hand entgegenzustrecken. Das war die wohlwollendere Interpretation.
«Schön, Sie kennengelernt zu haben, Patrick», sagte Will. «Und danke für den … Rat.»
«Oh, ich wollte einfach nur meiner Freundin helfen, das Beste aus ihrer Arbeit zu machen», sagte er. «Das war alles.» Die Betonung von meiner hatte man nicht überhören können.
«Ja, Sie können sich glücklich schätzen», sagte Will, als Nathan anfing, ihn hinauszurollen. «Sie ist richtig gut darin, einen im Bett zu waschen.» Das kam so schnell, dass die Tür hinter ihm zu war, bevor Patrick begriff, was er da überhaupt gesagt hatte.
«Du hast mir nie erzählt, dass du ihn wäschst.»
Wir waren zu Patrick gegangen. Er wohnte in einem Neubau am Stadtrand. Die Wohnung war als Loft angepriesen worden, obwohl das Haus nur drei Stockwerke hatte und die Aussicht über ein Einkaufszentrum ging.
«Und was heißt das? Wäschst du ihm den Schwanz?»
«Ich wasche seinen Schwanz nicht.» Ich nahm die Reinigungsmilch – eines der wenigen Dinge, die ich in Patricks Wohnung lassen durfte – und begann mich abzuschminken.
«Gerade hat er gesagt, dass du es machst.»
«Er hat dich auf den Arm genommen. Und nachdem du ihm endlos vorgebetet hast, was er früher für ein Sportfreak war, kann ich ihm das auch nicht übelnehmen.»
«Und was machst du dann für ihn? Offensichtlich hast du mir ja nicht alles erzählt.»
«Ich wasche ihn ab und zu wirklich, aber nur bis zur Taille.»
Patricks Blick sprach Bände. Schließlich schaute er woandershin, zog seine Socken aus und schleuderte sie in den Wäschekorb. «Das gehört nicht zu deiner Arbeit. Keine pflegerischen Tätigkeiten, haben sie gesagt. Nichts Intimes. Davon steht nichts in der Stellenbeschreibung.» Dann kam ihm eine Idee. «Du könntest ihn verklagen. Es gibt doch so etwas wie ein außerordentliches Kündigungsrecht durch den Arbeitnehmer, wenn sie einfach deine Arbeitsbedingungen ändern.»
«Mach dich nicht lächerlich. Außerdem mache ich es, weil Nathan eben nicht immer dort sein kann und es für Will schrecklich ist, wenn er irgendeine fremde Person vom Vertretungsdienst an sich heranlassen muss. Abgesehen davon habe ich mich inzwischen daran gewöhnt. Es macht mir eigentlich gar nichts aus.»
Wie sollte ich ihm erklären … wie selbstverständlich einem diese körperlichen Dinge werden konnten? Ich wechselte mittlerweile Wills Schläuche mit ein paar geschickten Griffen und seifte seinen nackten Oberkörper ein, ohne auch nur das Gespräch zu unterbrechen. Nicht einmal Wills Narben konnten mich noch schrecken. Eine Zeitlang hatte ich in Will nichts weiter gesehen als einen Selbstmordkandidaten. Inzwischen war er einfach Will – der nervende, launenhafte, schlaue, humorvolle Will, der mich bevormundete und den Professor Higgins spielen wollte, während ich die Eliza Doolittle gab. Sein Körper gehörte einfach zu dem Gesamtpaket, eine Sache, um die man sich in Abständen kümmern musste, bevor wir weiterredeten. Sein Körper, so schien es mir, war zum uninteressantesten Teil von ihm geworden.
«Ich kann es einfach nicht nachvollziehen … nach dem, wie es mit uns gelaufen ist … all der Zeit, die du gebraucht hast, um mich an dich heranzulassen … und plötzlich taucht ein komplett Fremder auf, bei dem du keinerlei Probleme mit Nähe hast …»
«Können wir darüber ein anderes Mal reden, Patrick? Ich habe heute Geburtstag.»
«Ich habe nicht mit diesem Gerede darüber angefangen, wie scharf es ist, wenn du einem den Rücken einseifst und was weiß ich noch alles.»
«Liegt es daran, dass er attraktiv ist?», fragte ich. «Ist es das? Wäre es einfacher für dich, wenn er aussehen würde wie ein … echter
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