Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
selbst und bei anderen zu verstehen sowie damit, Gefühle in einer für die entsprechende Situation angemessenen Intensität auszudrücken. Mittlerweile verfügen wir über Strategien, mit denen man Personen mit Asperger-Syndrom helfen kann, Emotionen kennenzulernen, und es gibt effektive Behandlungsmöglichkeiten für sekundäre affektive Störungen. Leider fällt es normalen Menschen oft schwer, diesen Erfahrungen die nötige Toleranz entgegenzubringen, sodass man einiges an Fantasie braucht, um sich vorzustellen, wie es sein muss, in einer Welt zu leben, in der man von mächtigen Gefühlen immer wieder überwältigt und verwirrt wird. Liliana, eine Erwachsene mit Asperger-Syndrom, erklärte mir einmal, warum Menschen wie sie ein emotional zurückgezogenes Leben führen: »Wir haben keine emotionale Haut, die uns beschützt. Wir sind allem direkt ausgesetzt; deshalb verstecken wir uns.«
ZUSAMMENFASSUNG
Andersartigkeit der Emotionen
Ein qualitativer Unterschied beim Verständnis und Ausdruck von Gefühlen, wie er ursprünglich von Hans Asperger beschrieben wurde, ist Teil der Diagnosekriterien für das Asperger-Syndrom.
Die emotionale Reife von Kindern mit Asperger-Syndrom liegt meist mindestens drei Jahre hinter der von Gleichaltrigen zurück.
Es kann ein begrenztes Vokabular zur Beschreibung von Gefühlen sowie wenig Differenziertheit und Variation beim emotionalen Ausdruck vorhanden sein.
Zusätzliche affektive Störungen/Beeinträchtigungen
Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und der Entwicklung zusätzlicher sekundärer affektiver Störungen, darunter Depressionen, Angststörungen sowie Probleme mit der Steuerung von Wut und der Vermittlung von Liebe und Zuneigung.
Rund 25 Prozent der Erwachsenen mit Asperger-Syndrom haben auch Symptome einer Zwangsstörung.
Menschen mit Asperger-Syndrom sind anfällig dafür, sich depressiv zu fühlen, wobei jeder dritte Mensch mit Asperger-Syndrom unter einer klinisch bedeutsamen Depression leidet.
Wir wissen nicht, wie verbreitet Probleme mit der Steuerung von Wut bei Menschen mit Asperger-Syndrom sind, aber wir wissen, dass in den Fällen, in denen diese Probleme auftauchen, die Person mit Asperger-Syndrom und deren Familienangehörige alles daran setzen, die Häufigkeit, Intensität und Auswirkungen dieser Wut zu begrenzen.
Eine Person mit Asperger-Syndrom kann den kurzen Ausdruck von Zuneigung geringer Intensität genießen, aber verwirrt und überfordert reagieren, wenn er mit einem intensiveren Maß an Gefühlsausdruck konfrontiert wird, als er es gewohnt ist.
Kognitive Verhaltenstherapie
Die wichtigste psychologische Behandlungsmethode bei affektiven Störungen ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Mittlerweile wurden Fallstudien veröffentlicht und es gibt auch wissenschaftliche Beweise dafür, dass die KVT affektive Störungen bei Menschen mit Asperger-Syndrom signifikant reduzieren kann.
Beim affektiven Lernen im Rahmen der KVT lernt die Person die Vor- und Nachteile von Emotionen kennen und sie kann die unterschiedliche Intensität beim Ausdruck dieser Gefühle durch Worte und Handlungen sowohl bei sich selbst als auch bei anderen identifizieren.
Die kognitive Restrukturierung im Rahmen der KVT ermöglicht es der Person, ihr Denken zu verändern, das bis dahin für Gefühle wie Angst und Wut und für ein geringes Selbstwertgefühl gesorgt hat.
Die Probleme mit der Gefühlskontrolle kann man sich als »Energieproblem« vorstellen, wobei ein Überschuss an Energie vorhanden ist und Schwierigkeiten bestehen, diese Energie zu kontrollieren und konstruktiv freizusetzen.
Die Strategie beim emotionalen Werkzeugkasten ist die, verschiedene Arten von Werkzeugen zu erkennen, mit denen sich Probleme lösen lassen, die im Zusammenhang mit negativen Gefühlen, besonders mit Angst, Wut und Traurigkeit stehen.
7 Spezialinteresse
Viele Menschen mit Asperger-Syndrom haben ein oder mehrere Themengebiete, die sie ganz besonders interessieren und faszinieren. Die Versenkung in das Spezialgebiet entspannt, macht Spaß und man könnte sich eigentlich den ganzen Tag damit beschäftigen. Problematisch wird es eigentlich erst, wenn die anderen ins Spiel kommen, die wollen, dass das Kind in die Schule geht, seine Hausaufgaben macht oder keine Lust haben, sich Monologe über ein Thema anzuhören, das sie gar nicht interessiert.
Ein bestimmtes Thema fasziniert besonders
»Ein anderes Kind wieder hat vor allem technische Interessen, weiß unglaublich viel
Weitere Kostenlose Bücher