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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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hat sich das Kind oft frühzeitig selbst beigebracht, indem es Fernsehsendungen wie die Sesamstraße geschaut oder Lernprogramme am Computer benutzt hat. Oder es liest bereits Bücher, um darin etwas über sein Spezialinteresse zu erfahren.
    Allerdings gibt es auch einige Kinder, die eine beträchtliche Entwicklungsverzögerung aufweisen; bei ihnen zeigen sich oft besondere Lernprobleme. Das Denken und Lernen von Kindern mit Asperger-Syndrom befindet sich also selten im Durchschnittsbereich, sondern taucht häufiger an dem einen oder dem anderen Ende des Spektrums kognitiver Fähigkeiten auf.
Besonderer Lernstil
    In der Schule erkennen Lehrer schnell, dass das Kind einen besonderen Lernstil hat.
Die Welt der Physik und der Logik begreift es schnell,
es achtet auf Details und
kann sich Fakten gut einprägen und sie systematisch einordnen. 1
Das Kind kann aber auch leicht abgelenkt werden.
Seine Problemlösungsstrategien sind eher einseitig.
Und es hat besondere Angst, Fehler zu machen.
In höheren Klassen fallen dem Lehrer zusätzlich fehlende Organisationsfähigkeiten auf. Das gilt vor allem für Hausaufgaben und Aufsätze.
Sie bemerken außerdem, dass es Anweisungen häufig nicht folgt und aus Fehlern nicht lernt.
    Die Zeugnisse dokumentieren dementsprechend eine sehr ungleichmäßige Verteilung der Leistung – in einigen Fächern ist das Kind exzellent, während es in anderen Unterstützung benötigt.
Lehrer und Eltern sollten vor allem wissen, wie ein solches Kind denkt und lernt, damit sie dessen schulische Leistungen – und damit sein Selbstwertgefühl – fördern können. Denn diese sind oft die einzige Motivation, zur Schule zu gehen, da das soziale Miteinander meist eher als belastend und anstrengend empfunden wird.
    Da die Diagnose selbst nur wenig über das spezielle Profil eines Kindes aussagt, sollten die Intelligenz und die schulischen Leistungen in standardisierten Verfahren gemessen werden.
Was fällt beim Intelligenztest auf?
    Standardisierte Intelligenztests bestehen aus mindestens zehn Untertests, mit denen eine Vielzahl von intellektuellen Fähigkeiten gemessen wird. Einige dieser Untertests messen bestimmte Aspekte des Sprachverständnisses, während es in andere um das räumliche Vorstellungsvermögen geht. Psychologen unterscheiden daher zwischen einer verbalen Intelligenz und einer Handlungsintelligenz (auch: praktische Intelligenz). Der Gesamt-IQ setzt sich aus vier verschiedenen Faktoren zusammen:
dem Sprachverständnis,
der Wahrnehmungsverarbeitung,
dem Arbeitsgedächtnis und
der Verarbeitungsgeschwindigkeit.
    Während der verbale IQ, der Handlungs-IQ und der Gesamt-IQ bei Kindern mit Asperger-Syndrom meist im Normalbereich, d. h. bei über 70 liegt, interessiert Fachkräfte vor allem, ob es eine Diskrepanz zwischen verbalem und Handlungs-IQ gibt und welches Profil sich bei den Untertests ergibt. Mit diesem Profil lässt sich herausfinden, wie das Kind geistige Konzepte erfasst und in welchen Bereichen kognitive Schwierigkeiten bestehen. Das ist vor allem für die Lehrer von Interesse.
Diskrepanz zwischen verbalem und Handlungs-IQ
    Elizabeth Wurst, eine Mitarbeiterin von Hans Asperger, war die erste, die Abweichungen beim kognitiven Profil entdeckt hat. Ihr ist, gemeinsam mit Hans Asperger, aufgefallen, dass bei vielen der Kinder in ihrer Klinik in Wien der verbale IQ deutlich höher war als der Handlungs-IQ. Die von Asperger und seinen Mitarbeitern über drei Jahrzehnte betreuten Fälle wurden später genauer untersucht. Dabei wurde bestätigt, dass bei 48 Prozent der Kinder der verbale IQ deutlich höher lag als der Handlungs-IQ 2 . Bei 38 Prozent zeigten sich keine deutlichen Unterschiede zwischen den beiden Intelligenzarten, während bei 18 Prozent der Handlungs-IQ deutlich über dem verbalen IQ lag.
    Eine ähnliche Diskrepanz wurde mittlerweile durch mehrere Untersuchungen bestätigt. 3 Kinder, die einen viel höheren verbalen IQ als einen Handlungs-IQ und ein bestimmtes Profil der kognitiven Fähigkeiten aufzeigen, haben eine nonverbale Lernstörung (NLS). 4 Lernstrategien, die für Kinder mit einer NLS entwickelt wurden, können auch auf Kinder mit Asperger-Syndromangewendet werden, die dieselben kognitiven Fähigkeiten haben. 5
Andere Studien zeigen keinen Unterschied
    Es gibt Untersuchungen, die bei der Mehrzahl der Kinder mit Asperger-Syndrom keinen eindeutig höheren verbalen IQ als einen Handlungs-IQ feststellen konnten, besonders dann, wenn die Kinder hochbegabt waren. 6 Eine

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