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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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gut darin, die Ausnahmen dieser Regeln und die Gründe für ihr eigenes soziales Verhalten zu erklären.
Sie müssen wie eine Fremdsprache erlernt werden
    Hans Asperger schrieb, als er sich Gedanken über die Prognose für soziale Interaktionsfähigkeiten machte: »Diese Kinder können sachlich gegebene «Verhaltensmaßregeln» zur Kenntnis nehmen und – etwa wie eine Rechenaufgabe – erfüllen. Je «objektiver» ein solches Gesetz ist – etwa in Form eines alle Möglichkeiten des Tageslaufes umfassenden Stundenplanes, der von beiden Seiten mit pedantischer Genauigkeit eingehalten werden muss – umso besser ist es. Auf diese Weise also, nicht über von selbst sich einstellende, unbewusste, instinktive Gewöhnung, sondern über bewusstes, «intellektuelles» Training gelingt es im Laufe der Jahre in mühsamer, konfliktreicher Arbeit, die bestmögliche Anpassung an die Gemeinschaft zu erzielen, die mit wachsender intellektueller Reife immer besser gelingt.« 38
    Nach und nach kann die Person mit Asperger-Syndrom eine innere Bibliothek der sozialen Erfahrungen und Regeln aufbauen. Der Prozess ähnelt dem Erlernen einer Fremdsprache mit all den Problemen, die die Ausnahmen von den Regeln bei der Aussprache und der Grammatik mit sich bringen. Für manche Erwachsene mit Asperger-Syndrom erscheint es so, als ob soziale Gespräche mit einer komplett anderen Sprache arbeiten, für die sie keine Übersetzung haben und die ihnen auch niemand erklärt.
Oft ist das Puzzle der sozialen Regeln erst im reiferen Alter vollständig
    Ich benutze da die Metapher eines Puzzles mit 5000 Teilen. Normale Menschen verfügen über das Bild auf der Puzzleverpackung, wie es sich beim vollendeten Puzzle bietet, die angeborene Fähigkeit zu erkennen, wie sie mit Mitmenschen in Beziehung treten und Kontakte knüpfen können. Das soziale Puzzle wird sehr früh in der Kindheit relativ einfach vollendet. Das Kind mit Asperger-Syndrom verfügt jedoch nicht über das ganze Bild und versucht, die Verbindungen und Muster aus seinen Erfahrungen und, so möchte man hoffen, mitetwas Hilfestellung zu erkennen. Schließlich verbinden sich einige Teile des sozialen Puzzles zu kleinen Gruppen von unzusammenhängenden »Inseln« und nach drei, vier Jahrzehnten wird allmählich ein Muster sichtbar und die Vollendung des Puzzles beschleunigt sich. Einigen Menschen mit Asperger-Syndrom gelingt es am Ende recht gut, soziale Kontakte zu knüpfen, wobei den normalen Menschen kaum auffällt, wie viel geistige Energie, Unterstützung, Verständnis und Ausbildung nötig war, um so weit zu kommen.
    AUS DEM LEBEN
    »Ich habe sein Freundschaftsangebot nicht mitbekommen«
    Die letzten Worte in diesem Kapitel sollten vielleicht Liane Holliday Willey überlassen bleiben, die in ihrer Autobiografie »Ich bin Autistin – aber ich zeige es nicht« schrieb:
    »Wenn ich weit zurückblicke, kann ich mich an Menschen erinnern, die wohl an einer Freundschaft mit mir interessiert waren. Ich kann einen Jungen erkennen, als wäre es gestern. Ich kann mich an sein Gesicht erinnern und an seine Gesichtsausdrücke, während wir miteinander redeten. Wenn er mich heute ansehen würde, wie er es damals getan hat, dann glaube ich, würde er die Freundlichkeit sehen, die die seine war. Ich habe mit diesem Jungen nie groß etwas angefangen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Ich habe sein Angebot einer Freundschaft nicht mitbekommen. Wenn er mir dieses Angebot heute machen würde, würde ich es mitbekommen. Heute würde sein Gesicht für mich einen Sinn ergeben.« 39
    ZUSAMMENFASSUNG
    Strategien und Anleitungen in Freundschaftsphase 1
Ein Erwachsener kann als Freund für das Kind agieren.
Dem Kind beibringen, sich mit anderen abzuwechseln und um Hilfe zu bitten.
Eine Generalprobe mit einem anderen Kind organisieren.
Das Kind ermutigen, eine Videoaufnahme mit spielenden Kindern anzuschauen.
Als-ob-Spiele mit dem Kind spielen.
Das Kind ermutigen, freundlich zu sein.
Social Stories schreiben, um dem Kind zu helfen, bestimmte soziale Situationen zu verstehen.
»Soziale Verkehrsregeln« vermitteln, um soziale Signale beizubringen und »soziale Unfälle« zu verhindern.
    Strategien und Anleitungen in Freundschaftsphase 2
Rollenspiele verwenden, um Übung in Aspekten kooperativen Spiels zu vermitteln.
Einen Assistenzlehrer für den Klassenraum und den Schulhof zur Verfügung stellen, der Hilfestellung und Feedback für das Kind und dessen Freunde bietet.
Jungen und Mädchen ermutigen, mit Figuren

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