Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
und lang andauernd ist, kann es zu einem Zusammenbruch des Realitätssinnes führen, sodass diese Person der Stimmung entsprechende Wahnvorstellungen entwickelt. Obsessionen können vor allem dann zu Wahnvorstellungen werden, wenn der Widerstand gegen obsessive Gedanken geschwächt ist und die Selbsteinsicht verschwindet. Das Denken erscheint dann zunehmend desorganisiert und psychotisch und eine solche Person sollte dann natürlich an einen Psychiater überwiesen werden, der sich auf die Behandlung von affektiven Störungen bei Menschen mit Asperger-Syndrom spezialisiert hat.
AUS DEM LEBEN
Sich viel zu viele Sorgen machen
Marc Fleisher hat ein Buch über Überlebensstrategien für Menschen mit Asperger-Syndrom geschrieben. Darin beschreibt er seine eigene Angst:
»Eine entscheidende Beobachtung ist die Tatsache, dass rund 99 Prozent der Dinge, über die ich mir Sorgen machte, nie eingetreten sind. Autistische Menschen können unglaublich viel Zeit darauf verschwenden, jeden Teil ihres Körpers anzuspannen und sich Gedanken über etwas zu machen, dem sie vielleicht nie ausgesetzt sein werden.« 25
Wenn eine solche Person längere Zeit unter einer Angststörung leidet, wird sie besonders empfindlich in Bezug auf jede Situation reagieren, die die Angst steigern könnte. Sie kann dann dazu neigen, den »Panikknopf« zu schnell zu drücken. Das wird sich auch auf die Lebensqualität derjenigen Menschen auswirken, die versuchen, sie zu unterstützen. In der Familie wird man ängstlich darauf bedacht sein, Situationen, die solche Angstattacken auslösen könnten, zu vermeiden, sodass die Familienangehörigen das Gefühl haben werden, ständig durch ein Minenfeld der Angst zu gehen.
Einige Menschen mit Asperger-Syndrom werden sich Gedanken über bestimmte Ereignisse und Erlebnisse machen, die tatsächlich eher unwahrscheinlich sind.
Die häufigsten Arten der Angststörungen bei Menschen mit Asperger-Syndrom sind
Zwangsstörungen,
posttraumatische Belastungsstörungen,
Schulverweigerungen,
selektiver Mutismus und
soziale Angststörungen 26 , die im Folgenden genauer beschrieben werden.
Zwangsstörung
Rund 25 Prozent der Erwachsenen mit Asperger-Syndrom haben auch klare Symptome einer Zwangsstörung. 27 Bei einer Zwangsstörung hat die Person ständig wiederkehrende Gedanken über Dinge, über die sie eigentlich gerade nicht nachdenken will. Die Zwangsgedanken sind unangenehm und aufdringlich. Bei Menschen, die nur unter einer Zwangsstörung leiden, betreffen die Zwangsgedanken oft Reinlichkeit, Aggression, Religion und Sexualität.
Zwangsgedanken
Die klinische Erfahrung und Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Zwangsgedanken bei Menschen mit Asperger-Syndrom sich eher um Reinlichkeit, Bullying, Hänseleien und die Angst, Fehler zu machen oder kritisiert zu werden, drehen. 28 Besonders empfänglich sind sowohl normale Menschen als auch solche mit Asperger-Syndrom für Zwangsstörungen im Alter von 10 bis 12 Jahren und im frühen Erwachsenenalter. 29
Die Behandlung einer Zwangsstörung besteht aus einer Kombination aus Psychotherapien, etwa der kognitiven Verhaltenstherapie, und medikamentöser Behandlung.
Manchmal beschreiben die Eltern das Spezialinteresse ihres Kindes als Obsession, was auf eine Zwangsstörung hindeuten würde, doch gibt es deutliche Unterschiede zwischen einem Interesse und einem Zwang. Die Person mit Asperger-Syndrom genießt ihr Spezialinteresse und leidet nicht unter ihm; daher ist das nicht unbedingt ein Zeichen für eine Zwangsstörung. 30
Zwangshandlungen
Zwangshandlungen werden wiederholt ausgeführt, um die empfundene Angst zu reduzieren. Dazu können Handlungen gehören wie ständiges Händewaschen, um die Verschmutzung durch Keime zu verhindern oder das ständige Kontrollieren, ob im Haus alle Schalter ausgeschaltet sind. Auch das typische Verhalten von Kindern mit Asperger-Syndrom beinhaltet oft ständig wiederkehrende, zwanghafte Verhaltensweisen. Dazu kann gehören, dass das Kind sich immer wieder versichert, dass Dinge symmetrisch oder in einer Reihe angeordnet sind, dass es Dinge sammeltund zählt oder dass es erst ein bestimmtes Ritual ausführen muss, ehe es einschlafen kann.
Dies sind bekannte Merkmale des Asperger-Syndroms, doch wird eine zusätzliche Zwangsstörung nur in solchen Fällen diagnostiziert werden, in denen das Ausmaß dieser Handlungen über das Maß hinausgeht, wie man es bei einem Menschen mit Asperger-Syndrom erwartet und das deshalb klinisch
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