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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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konzentrieren, doch die Frage kam immer wieder in ihr auf, bis sie schließlich so etwas wie eine Antwort gefunden hatte.
    Zwar wusste sie immer noch nicht, was sie wollte, aber sie wusste plötzlich, was sie nicht wollte. Sie war es leid, auf Hochtouren zu arbeiten und einem vollen Terminkalender hinterherzuhetzen; sie war es leid, sich hinter Problemen zu verschanzen, die es gar nicht gab.
    Nach der Arbeit fuhr sie quer durch die Stadt zum Gebäude der Wenatchee World .
    »Hey«, sagte sie, als sie auf der Schwelle zu Jeffs Büro stand.
    Er blickte von den Unterlagen auf seinem Schreibtisch hoch. Sie bemerkte, dass er nicht gut geschlafen hatte und sein Hemd dringend gewaschen werden musste. Durch seinen Dreitagebart sah er ganz anders aus: jünger, hipper; wie jemand, den sie nicht kannte.
    Er fuhr sich mit der Hand durch den weizenfarbenen Schopf. »Meredith.«
    »Ich hätte früher kommen sollen.«
    »Das hätte ich erwartet.«
    Sie blickte durchs Fenster auf die vorbeifahrenden Wagen. »Es war richtig von dir zu gehen. Wir müssen uns überlegen, wie wir weitermachen sollen.«
    »Bist du deshalb gekommen?«
    War sie das? Selbst das wusste sie nicht.
    Er kam zu ihr. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Gesicht. Er suchte etwas in ihren Augen. »Denn das wollte ich eigentlich nicht hören.«
    »Ich weiß.« Es schmerzte sie, ihn zu enttäuschen, aber sie konnte ihm einfach nicht geben, was er wollte, obwohl es leichter gewesen wäre, die erwarteten Worte auszusprechen, ihr altes Leben wieder aufzunehmen und später darüber nachzudenken. »Es tut mir leid, Jeff. Aber du hast die Veränderung eingeleitet und mich zum Nachdenken gebracht. Dieses eine Mal möchte ich nicht tun, was von mir erwartet wird. Ich möchte nicht mehr das Glück anderer über mein eigenes stellen. Und im Moment weiß ich nicht, was ich dir sagen soll.«
    »Kannst du denn sagen, dass du mich nicht liebst?«
    »Nein.«
    Er dachte darüber nach, wirkte aber nicht irritiert. »Ist gut.« Als er auf der Schreibtischkante Platz nahm, spürte sie überdeutlich die räumliche Distanz zwischen ihnen. »Maddy hat erzählt, du hättest ihr letzte Woche ein Care-Paket geschickt.«
    »Jillian hat die Woche davor eins bekommen.«
    Er nickte und sah sie an. »Wie war der Geburtstag deines Vaters?«
    »Ich hab ihn irgendwie überstanden. Eines Tages erzähl ich dir mehr. Es ist auch was Komisches über Nina dabei.«
    Eines Tages.
    Sie wollte ihn schon nach seinem Buch fragen, da klopfte es an seiner Tür. Eine hübsche junge Frau mit wilder blonder Mähne schaute herein. »Sind wir noch für Pizza und Bier verabredet, Jeff?«, fragte sie und hielt sich mit den Fingern am Türrahmen fest.
    Jeff sah Meredith an, doch die zuckte mit den Schultern.
    Zum ersten Mal fragte sie sich, was er seit ihrer Trennung machte. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass er sich ein neues Leben aufbauen, neue Freunde gewinnen könnte. Sie lächelte etwas zu strahlend und verabschiedete sich mit ruhiger Stimme. Sie nickte Miss Presse Amerika in ihrer engen Jeans und dem ausgeschnittenen Pulli kurz zu, verließ die Redaktion und fuhr nach Hause. Dort fütterte sie die Hunde, bezahlte ein paar Rechnungen und stellte eine Wäsche an. Ihr Abendessen bestand aus Fertigmüsli, das sie vor dem Spülbecken aß. Danach rief sie ihre Töchter an und hörte sich an, welche Seminare sie besuchten und welche Jungs sie toll fanden.
    Jillian fragte sie nach Jeff.
    »Wie es Dad geht? Wie meinst du das?«, stammelte Meredith und bemerkte eine Sekunde zu spät, dass es eine ganz unschuldige Frage gewesen war.
    »Du weißt schon, mit seiner Allergie. Gestern Abend hat er wie verrückt gehustet.«
    »Ach so. Das ist wieder gut.«
    »Du klingst so komisch.«
    Meredith lachte nervös. »Ich hab viel zu tun, Schatz. Du weißt doch, wie der Laden zu dieser Jahreszeit brummt.«
    »Was hat das mit Dad zu tun?«
    »Nichts.«
    »Aha. Na, dann sag ihm, ich hätte ihn lieb, ja?«
    Die Ironie entging Meredith nicht. »Natürlich.«
    Sie legte auf und starrte aus dem Küchenfenster in die Dunkelheit. Die Küchenuhr neben ihr zeigte laut tickend an, dass die Minuten verstrichen. Zum ersten Mal wurde Meredith die Tragweite ihrer Veränderung bewusst: Jeff und sie waren getrennt. Getrennt. Nicht mehr zusammen. Natürlich hätte ihr das schon früher klar sein müssen, aber es war erst jetzt wirklich in ihr Bewusstsein vorgedrungen. So viel war in Belije Notschi passiert, dass ihre Eheprobleme immer hintangestanden

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