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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Rohdiamanten. Sehr interessant. Da fragt man sich doch gleich, woher er sie hatte und was er damit wollte. Besonders, nachdem er mit diesen Dingern in der Tasche auf einem nächtlichen Marktplatz ermordet worden ist.»
    «Aber wieso – das verstehe ich nicht.» Hetty war bei der klaren, unsentimentalen Benennung des Dramas am Meßberg zurückgezuckt wie vor einem Schlag. Nun nahm sie in jede Hand einen der vermeintlichen Kiesel. «Woher hatte er die? Sind Sie sicher?»
    «Ja, leider. Die Kiesel vom Strand wären auch glatter. Ich war nie auf dieser Insel, aber ob an englischen, französischen oder baltischen Küsten, das Meer schleift überall die Steine glatt, das wissen Sie. Diese sind nicht gerade zerklüftet, aber keinesfalls glatt. Ich würde eher sagen rau. Dazu recht gelblich. Obwohl das nicht viel zu sagen hat, es gibt sie in verschiedenen Tönungen. Wie Kiesel ja auch.»
    Hetty starrte zweifelnd auf die Steine, schob sie vorsichtig mit der Fingerspitze auf dem Tisch herum. «Wenn es wirklich Rohdiamanten sind, hätten die Polizisten das doch erkannt.»
    «Nicht unbedingt. So etwas sehen die nicht alle Tage. Zöllner hätten erkannt, was sie da gefunden haben. Aber Polizisten? In Antwerpen erkennt sie auch ein Kriminalpolizist garantiert sofort. Dort werden die meisten Diamanten der Welt gehandelt, und dort arbeiten auch die besten Schleifer, es ist ein traditionell von Juden ausgeübtes Gewerbe von allerhöchster Kunstfertigkeit. Verzeihen Sie, ich gerate ins Schwärmen. Ich wollte nur sagen, dass zum Beispiel dort solche Steine eher – nun, solche Steine eher im Umlauf sind. Und erkannt werden.»
    «Thomas kam aus Antwerpen. Er hatte dort zu tun.»
    «Aha. Was hatte er dort zu tun? Familienangelegenheiten? Ich denke nur – vielleicht hat er etwas für die Grootmanns erledigt? Ich kenne das von meiner Familie, Verwandte und alte Freunde sind immer verlässlichere Partner als Fremde.»
    Henrietta fand diese Fragen verwirrend. Darüber hatte sie nie nachgedacht. «Nein», sagte sie, noch überlegend. «Thomas hat es nie erwähnt, und das hätte er sicher. Ich weiß nicht, um was für Geschäfte es dort ging. Geschäfte eben. Er hatte es nicht gern, wenn ich ständig etwas fragte. In den letzten Monaten war die nächste Weltausstellung sein Thema. Aber er hat nie viel von diesen Dingen erzählt.» Plötzlich gab sie den Steinen einen wütenden Schubs, Christine fing sie gerade noch auf, bevor sie auf den Boden rollen konnten. «War das der Grund? Waren seine ‹Geschäfte› so krumm?», rief Hetty. «Ist er für drei solch dummer Kristallklumpen gestorben?»
    «Viele Menschen sterben für weniger, nicht wahr? Aber wer auch immer an seinem Tod die Schuld trägt, hat die Steine nicht mitgenommen. Das eine muss mit dem anderen also nichts zu tun haben. Und was diese hier tatsächlich wert sind, erkennt man erst, wenn sie geschliffen sind.»
    «So sehen sie in der Tat nach nichts aus. Wieso verstehen Sie überhaupt so viel von diesen Dingen? Das ist ungewöhnlich.»
    «Ich höre Misstrauen in Ihrer Stimme. Das wiederum ist vernünftig. Schließlich stelle ich all diese Fragen, obwohl Sie mich nicht kennen. Ich will Ihnen erklären, warum ich diese trotz ihres Schimmers harmlos aussehenden Klümpchen als edle Steine erkenne. Ich komme aus der Nähe von Riga. Dort gibt es auch einige Schleifereien, viele der in Russland zu kostbarem, traumhaft schönem Schmuck verarbeiteten Diamanten werden dort geschliffen, sogar für den berühmten Juwelier Fabergé. Bei meinen letzten beiden Fahrten nach Hause habe ich für einen Freund ein Beutelchen solcher Steine für eine der Schleifereien mitgenommen. Er ist ein Freund meines Vaters, ja, das könnte man sagen, und lebt in Lübeck. Und mein Vater», ergänzte sie beiläufig, «kennt den Schleifer. Schon lange. Ich habe mir den Inhalt des Beutels zeigen und erklären lassen. Ich bin immer neugierig, wobei ich das Wort wissbegierig vorziehe. Das ist alles.»
    «Die hier sehen wirklich anders aus.» Hetty hatte die letzten Sätze nur mit halbem Ohr gehört. «Nur ein bisschen wie Kiesel.» Ihre Stimme klang immer noch zornig. «Wie konnte ich so blind sein?»
    «Ach, ich würde es nicht blind nennen. Wir sehen, was wir sehen möchten. Das ist alles. Und sie sind Kieseln doch tatsächlich ähnlich. Davon gibt es auch so viele verschiedene.»
    «Ich dachte, in Papas Notizen geht es eher um diese Goldclaims am Kap, von denen man neuerdings hört. Ich habe davon in Bristol in der

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