Ein Garten mit Elbblick (German Edition)
nicht eine Tennisstunde haben? Dein Trainer wird einen Suchtrupp aussenden.»
Damit war der Bann der Anspannung gelöst, sogar Ernst, der an diesem Tag seinem Namen wieder alle Ehre machte, unterlief ein Lächeln, und auch die letzten der Herren an den anderen Tischen, die noch hoffnungsvoll die Ohren gespitzt hatten, wandten sich wieder ihren eigenen Belangen zu. Leider waren auch zwei Damen dabei, die bei aller Honorigkeit zum dichtesten Netz von an Gesellschaftsnachrichten glühend interessierten Freundinnen gehörten.
Sophus Mommsen, erklärte Felix nun mit noch stärker gedämpfter Stimme, hatte den allergrößten, leider zugleich den einzig ertragreichen Teil seiner Papiere verkauft, einige zu ungünstiger Zeit und mit Verlust. Sein Bankier hatte ihm abgeraten, ihn gebeten, schließlich angefleht, das nicht zu tun, zumindest möge er an das Erbe seiner Tochter denken. Es sei doch immer sein Bestreben gewesen, ihr eine gewisse Unabhängigkeit zu ermöglichen, wenngleich sie durch eine Ehe versorgt sei. Unabhängigkeit, hatte Sophus Mommsen betont, sei durch nichts zu ersetzen, und die gebe es nun mal nur durch Geld. Gerade deshalb nehme er eine Veränderung seiner Finanzen vor. Sein Bankier war nicht nur besorgt gewesen, er hatte es Sophus auch übel genommen und jeden Versuch aufgegeben, seinen störrischen Kunden zur Vernunft zu bringen.
«Und dann?», fragte Friedrich. «Was hat er stattdessen gekauft? Was für Papiere? Oder hat er sich irgendwo eingekauft? Er wird sein Geld kaum unter der Matratze verstaut haben.»
«Genau das ist die Frage. Die Matratze habe ich nicht bewegt, vielleicht war das ein Versäumnis. Ich habe mir stattdessen erlaubt, in seinem Schreibsekretär nachzusehen, aber ich habe nichts gefunden.»
«Wirklich?» Emma blickte ihren Bruder streng an. «Du sagst nicht ganz die Wahrheit.»
«Emma. Ich habe dich gebeten …»
«Lass nur, Vater.» In Felix’ Miene kämpften Unmut mit Verblüffung. «Emma hat ein feines Ohr, das wird ihr noch Verdruss bereiten. Ich wollte erst darüber sprechen, wenn es tatsächlich spruchreif ist. Das fällt unter die vorhin erwähnte Rubrik ‹vielleicht geschieht noch ein kleines Wunder›. Ich habe eine Korrespondenz gefunden, die vermuten lässt», er blickte sich um, niemand schien ihnen mehr besondere Aufmerksamkeit zu schenken, «dass Sophus nahezu sein ganzes Geld in eine Mine in der Kapprovinz investiert hat. Vielleicht in zwei. Ich habe keine Urkunden gefunden, keine Anteilscheine oder dergleichen, die eigentlich da sein müssten, wenn er sie nicht einer anderen Bank als seiner bisher bewährten anvertraut hat – und warum hätte er das tun sollen?»
«Natürlich weil er sich über den Direktor seiner Bank geärgert hat», murmelte Emma spitz mit einem raschen Seitenblick auf ihren Vater.
«Ich ziehe da noch Erkundigungen ein», fuhr Felix fort. «Die Kapprovinz ist unruhig, bis verlässliche Ergebnisse kommen, wird einige Zeit ins Land gehen. Ich kann es jetzt nicht in aller Ausführlichkeit erklären, nur so viel: Die Briefe in Sophus’ Sekretär sind Abschriften von besorgten Anfragen, die er an zwei Adressen in der Kapprovinz und an einen Agenten in Bremen geschickt hat. Was wiederum mich besorgt. Der Agent in Bremen scheint nämlich nicht zu existieren, jedenfalls ist die Adresse dort unbekannt. Ich habe das Kontor von Köhne in Kapstadt um Unterstützung gebeten. Wir können davon ausgehen, dass Köhnes Leute sich wiederum an die Kontore von Beit oder Rhodes wenden, zu denen haben wir keinen direkten Kontakt. Mal sehen, ich bin nicht ganz im Bilde, wer dort unten gerade das Sagen hat.»
«Beit», murmelte Friedrich, «kennen wir den nicht doch selbst? Da war doch etwas mit Diamanten? Und mit London.»
«Stimmt. Leider kennen wir ihn nicht, obwohl der zur Hamburger Beit-Familie gehört. Salpeter, Seidentuche, Bankgeschäfte und so weiter. Auch schon seit einigen Generationen. Dieser Alfred Beit hat hier und in Amsterdam gelernt, reich geworden ist er aber an Afrikas südlichem Ende vor allem mit Diamanten, geradezu unanständig reich. Er lebt seit einigen Jahren in London und ist dort ein großer Mäzen der Künste. Allerdings reist er noch regelmäßig in die Kapprovinz. So eine Karriere schafft natürlich Begehrlichkeiten und die Illusion, es sei leicht und gehe immer so. Ich fürchte, falls wir das Puzzle zusammensetzen können, zeigt es, dass der liebe Sophus so weltfremd war, wie wir ihm häufig unterstellt haben. Es sieht so
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