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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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aus, als habe er all sein Geld in ein taubes Unternehmen investiert – alles, nicht nur einen Teil, um das Glück zu reizen. Und wenn man der Einschätzung seines Bankiers folgt, sieht es auch so aus, als sei das kein Pech oder Zufall gewesen, sondern ein widerwärtiger Betrug. Bestenfalls ein Vabanquespiel mit minimaler Chance auf Sieg. Somit schwindet die Hoffnung, dass später noch Erträge erzielt werden können, der Kauf sich also gelohnt hat. Ich fürchte – nein, ich bin davon überzeugt, Hetty ist keine auch nur halbwegs wohlhabende Erbin, nicht einmal gut versorgt.»
    «Und das Haus? Ist das auch belastet?», fragte Ernst.
    «Nein, es sei denn, er ist bei irgendeinem privaten Geldgeber verschuldet und hat sein Haus ehrenhalber als Pfand gegeben. Das glaube ich aber nicht, so einer hätte sich schon gemeldet, bei mir, bei dir, Vater, oder bei Dr. Schön als Testamentsverwalter. Hat aber niemand. Ich hoffe, es bleibt so, dann hat Hetty immerhin das Haus. Wenn sie es vorteilhaft verkauft, kann sie eine Weile davon leben. Dann muss man weitersehen.»
    «Das ist tatsächlich unerfreulich», sagte Ernst. «Gleichwohl – Henrietta war gut verheiratet. Sie wird kaum als mittellose Witwe zurückgeblieben sein.»
    Felix seufzte so tief, dass es am Tisch hinter der Abtrennung wieder ganz still wurde.
    «Nein», hauchte Emma erschüttert, was allerdings von dem Glitzern ihrer Augen konterkariert wurde.
    «Doch», sagte Felix. «Auch das ist noch nicht ganz sicher, aber es sieht düster aus. Sehr düster.»
    * * *
    Als Hetty wieder nach Nienstedten hinausfuhr, war die Leichtigkeit verflogen. Der Besuch des Kriminalkommissars hatte sie tief beunruhigt, sie war sicher gewesen, in dieser Nacht überhaupt nicht schlafen zu können, tatsächlich hatte sie geschlafen wie ein Stein. Die vage Vermutung, in der Milch, die ihr noch ans Bett gebracht worden war, sei ein Schlafmittel gewesen, hatte sie rasch verscheucht.
    Diesmal begleitete Claire ihre Cousine. Sie hatte nicht gefragt, für die Grootmanns schien es selbstverständlich, sie ständig zu behüten.
    Die Fahrt in der offenen Kutsche hinaus aus der Stadt, durch Altona und besonders entlang der von Gärten, Parks und alten Bäumen gesäumten Chaussee oberhalb der Elbe, war oft eine Fahrt durch aufwirbelnden Staub. In der vergangenen Nacht hatte es jedoch kräftig geregnet, die Luft war klar, selbst das spätsommerdunkle Laub leuchtete wie frisch gewaschen. Die Sonne stand schon hoch, dick aufgeplusterte weiße Wolken hingen träge am lichtblauen Himmel und erinnerten Hetty an den Tag ihrer Ankunft, als die Kutsche am kleinen Hafen bei Teufelsbrück vorbeirollte und den Blick über die Elbe und ihre Inseln bis ins hannöversche Hinterland freigab.
    Sie sah den breiten Rücken des Kutschers, den eine Nuance schräg sitzenden Zylinder auf seinem eisgrauen Schopf und fühlte sich um zehn oder gar fünfzehn Jahre zurückversetzt. Natürlich war Brooks älter als in ihrer Erinnerung, aber seine Gestalt, sein ruhiger Blick, das zurückhaltende Lächeln waren unverändert. Als er mit der Kutsche vorgefahren war, um sie und Claire nach Nienstedten zu bringen, war es ihr wieder eingefallen. Oft, wenn die Mommsens bei den Grootmanns erwartet wurden, hatte er, damals noch ganz schwarzbärtig, sie abgeholt, was diese sonst recht langweiligen Besuche im ‹weißen Schloss› doch zu einem Vergnügen gemacht hatte. Denn bei gutem Wetter – in ihrer Erinnerung war in diesen glücklichen Stunden immer gutes Wetter gewesen – hatte der Kutscher sie vorne auf dem Bock sitzen lassen. Das war ein ganz großartiges Prinzessinnengefühl gewesen, die beste Vorbereitung und Wappnung für die Stunden in der vornehmen weißen Villa.
    Hinter den Bäumen am Straßenrand erstreckten sich die Parks der großen Elbvillen, durch eine Lücke in hohen Eibenhecken glitzerte tiefblau der Fluss, dahinter, am Fuß des steil abfallenden Hochufers, lag der Strand. Der Strand. Sie richtete sich plötzlich auf, beugte sich weit aus der Kutsche und blickte zurück.
    «Hetty, gib acht!» Claire griff beunruhigt nach ihrem Arm. «Ist dir nicht gut? Sollen wir anhalten? Oder umkehren?»
    «Anhalten? O nein.»
    Die Pferde, die Brooks gleich hatte langsamer gehen lassen, zogen wieder an. Ihm entging auch vorne auf dem Bock wenig.
    «Nein, Claire, es geht mir gut, mir ist nur gerade etwas eingefallen. Es gab einen Sommer, in dem war ich viel häufiger als sonst am Fluss, ich glaube, sogar heimlich, und da waren auch

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