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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Namen hört. Ich finde den Vergleich mit dem Gnadenbrot auch ein bisschen hoch gegriffen. Wenn ihr euch bitte alle wieder setzen würdet? Ich möchte nun etwas sagen.»
    Sie nahm die Tasse, die Claire ihr reichte, aber sie trank nicht. «Als ich dort draußen stand, habe ich gemerkt, dass ich meinen Entschluss schon gefasst habe. Ich hatte gedacht, dazu brauche es noch einige Tage, aber das ist nicht nötig. Ich bin euch so dankbar, dass ihr mich aufgenommen und versorgt und gepflegt habt. Ich weiß nicht, was ich ohne euch und eure Großzügigkeit getan hätte. Ihr habt mir auf eine Weise geholfen, die ich nie erwartet hätte. Ich kann euch vertrauen. Aber es ist Zeit, wieder in unser Haus zu ziehen. Ich möchte dort sein, alles ordnen und – ja, ich weiß, dass ich das Haus und den Garten verkaufen muss. Gerade deshalb muss ich noch so viel wie möglich dort sein.»
    «Das verstehen wir natürlich, du bist dort aufgewachsen, deine Eltern, deine Erinnerungen … Aber hier bist du viel besser aufgehoben», protestierte Claire, «in Nienstedten bist du ganz allein. Und wir werden dich vermissen.»
    «Frau Lindner wird bei mir sein, auch Papas Freunde, und vielleicht bekomme ich Besuch von euch? An zwei Tagen in der Woche werde ich selbst in der Stadt sein. Es ist nicht die Mädchengewerbeschule, Emma, ich habe mich heute in Fräulein Rövers Damenmalschule eingeschrieben, zunächst nur zur Probe und bis ich weiß, was morgen, übermorgen und im nächsten Jahr sein wird.»
    In der Diele herrschte Unruhe, Männerstimmen waren zu hören, und Ernst kam mit langen Schritten herein, gemächlicher gefolgt von seinem Bruder.
    «Wir wollten nur schauen, ob Henrietta die erdrückenden Nachrichten heute Morgen halbwegs bewältigt hat. Aber habe ich gerade richtig verstanden? Die Röver’sche Schule? Das kann ich nicht gutheißen.»
    «Ach, lass doch, Ernst. Eine ganze Reihe uns gut bekannter Familien schicken sogar ihre Kinder zum Kunstunterricht zur Röver. Wenn Hetty gerne malen möchte …» Felix war an der Anrichte stehen geblieben und betrachtete das letzte Sandwich wie ein fremdartiges, interessantes Objekt.
    «Darum geht es nicht, Felix. Man bekommt dort eine recht gute Ausbildung, aber die Schule hat einen schillernden Ruf, und unsere Cousine ist ohnedies eines der Lieblingsthemen der Klatschbasen in den Salons der Stadt. Und die neuen Lehrer, die die Röver eingestellt hat, mit ihren schwammigen Linien und dieser ewigen Freilichtmalerei, sollten besser selbst noch lernen.»
    «Vergiss nicht den Anatomieunterricht und das Aktzeichnen», fiel Emma ihrem ältesten Bruder mit spottendem Vergnügen ins Wort. «Was überall für Damen verboten ist und sie von den Akademien ausschließt, wird dort unterrichtet, weil es zu den klassischen Techniken gehört. Kein Wunder, bei all diesen schamlosen griechischen und römischen Statuen!»
    «Aber bei der Röver immer mit der nötigen Schamhaftigkeit», erklärte Felix fröhlich, «sonst nageln ihr die Herren vom Senat womöglich die Schule zu. Wenn die Röver Akte zeichnen lässt, müssen zumindest die männlichen Modelle kurze Turnerhosen tragen oder Tücher um die Lenden wickeln, wie die Fakire im Zirkus. Ich finde das übrigens sehr vernünftig.»
    So ging es noch ein bisschen hin und her. Felix, sonst der charmante Plauderer der Geschwister, trug nichts mehr bei, er hatte sich des letzten Sandwiches erbarmt, und natürlich sprach er nie mit vollem Mund. Hetty war nun sehr müde. Sie hörte zu, erstaunt, wie bekannt die Röver’sche Schule mitsamt ihrem Lehrplan war. Und wie heftig umstritten, obwohl – auch das erfuhr sie jetzt – die beiden wichtigsten Museumsdirektoren der Stadt, nämlich der Kunsthalle und des Museums für Kunst und Gewerbe, den Unterricht entschieden befürworteten. Professor Brinkmann vom Kunst- und Gewerbemuseum ließ sogar seine drei Töchter dort unterrichten. Das gab ihr ein Stück dieser unwirklichen sorglosen Heiterkeit zurück, denn sie fühlte sich schon parteilich und war sehr zufrieden, zu einem solchen Institut zu gehören.
    Niemandem fiel auf, wie still Lydia Grootmann war. Sie galt auch sonst nicht als temperamentvolle Teilnehmerin debattierender Gesprächsrunden, aber nur zu schweigen war nicht ihre Art, sie hätte es zudem selbst als unhöflich bezeichnet. Ihr Blick ruhte auf ihrer Nichte, und sie verstand, es war Zeit, über ihren Schatten zu springen und mit der Vergangenheit Frieden zu schließen. Während Julianes langem

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