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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Wohlgeruch umwehte sie. Den süßen Duft des Geißblatts konnte Fidelma ausmachen, doch die andere kräftigere Duftnote kannte sie nicht. Schwester Sétach war voller Eifer dabei, ihre Gefährtin mit Salben und Ölen zu massieren, und schaute gereizt auf.
    »Kann man uns denn nie in Ruhe lassen?« blaffte sie und versetzte Schwester Marga mit ihrem barschen Ton in Erstaunen.
    Fidelma kam zur Sache.
    »Ich bin, wie du weißt, eine
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«, wies sie SchwesterSétach zurecht, »und muß dir so oft lästig fallen, wie es meine Nachforschungen erfordern. Diesmal möchte ich mich aber mit Schwester Marga unterhalten, und es wäre mir lieb, wenn du uns ein Weilchen allein lassen würdest.«
    Schwester Sétach wußte nicht, wie ihr geschah, und mahlte nur stumm mit dem Unterkiefer. Schließlich beugte sie sich zu Schwester Marga herunter und fragte sie brüsk: »Möch test du, daß ich gehe?«
    »Ich glaube, es ist besser, du tust, was Schwester Fidelma verlangt«, erwiderte jene fast entschuldigend.
    Unter empörtem Schniefen verließ Schwester Sétach den Raum. Schwester Marga schaute ihr stirnrunzelnd nach.
    »Sie schläft nicht gut, und deswegen ist sie so gereizt«, sah sie sich gemüßigt zu erklären. »Auch denkt sie immer, mich beschützen zu müssen. Sie war bereits in Cill Ria, als ich dort eintrat, und betrachtet mich als ihre Untergebene.«
    »Aber hast du sie nicht selbst aufgefordert, dich auf dieser Reise zu begleiten?«
    Schwester Marga wirkte einen Moment verstört. »Hat sie dir das so erzählt?«
    »Ist das etwa nicht wahr?«
    »Doch, so halb und halb schon. Sie tat mir leid, weil sie sich so verletzt fühlte, denn man hatte sie nicht für diese Gesandtschaft vom Comarb des heiligen Patrick ausgewählt. Aber eine zweite Protokollschreiberin durfte noch mit, und sie lag mir deswegen in den Ohren. Ich fragte daher Abt Ultán, ob er sie nicht auch mitnehmen könnte. Wie ich später erfuhr, hatte Bruder Drón ihm bereits den gleichen Vorschlag gemacht, und Abt Ultán hatte dem zugestimmt, noch bevor ich ihn darum bat.«
    »Also schön, auf Schwester Sétach kommen wir noch zurück. Zunächst habe ich einige Fragen an dich. Du bist ausder Abtei Cill Ria, das liegt auf Hand. Gehörst du zu den Uí Thuirtrí?«
    Das verneinte die junge Frau. »Ich wurde im Stamm der Ciannachta geboren. Das Gebiet meines Clans liegt nordwestlich von dem der Uí Thuirtrí. Ich hatte mich der Schwesternschaft von Ard Stratha angeschlossen, und dort habe ich die Schreibkunst erlernt; auch Latein, Griechisch und Hebräisch hat man mich gelehrt. Mit Aufzeichnungen aller Art und mit dem Abschreiben von älteren Texten komme ich gut zurecht. Dann hieß es, in Cill Ria würden tüchtige Schreiber und Gelehrte gesucht, und so bin ich vor einigen Jahren in diese Abtei gegangen. Anfangs hatte ich richtig Spaß am Erledigen der Aufgaben, die man mir dort übertrug. Ich hatte vor allem Texte zu kopieren und zu Handschriftenbänden zusammenzustellen. Doch jedem von uns ist es gestattet, einmal im Leben einen großen Fehler zu machen. Die Entscheidung, nach Cill Ria zu gehen, war mein großer Fehler«, gestand sie kleinlaut.
    »Wieso war sie ein Fehler?« erkundigte sich Fidelma. »Du hast doch gewußt, wie das Leben in der Abtei verlief, bevor du dort eintratest?«
    Schwester Marga schüttelte den Kopf.
    »Aber von Abt Ultán hattest du doch gehört?«
    Wieder machte sie eine abweisende Geste. »Im Laufe der Zeit habe ich Cill Ria und die Pönitenzvorschriften, die dort gelten, hassen gelernt. Und Ultán, den habe ich auch gehaßt.«
    »Wenn er dir so verhaßt war, warum bist du nicht von dort fortgegangen?«
    Statt einer Antwort lachte Schwester Marga bitter auf.
    »Deine Freundin scheint aber diesen Haß nicht zu teilen«, fuhr Fidelma fort.
    »Sie ist nicht meine Freundin. Sie möchte das zwar sein. Mirtut sie nur leid. Sie dient der Abtei ganz ergeben und glaubt offenbar, Abt Ultán ist … war so etwas wie ein Heiliger.«
    »Der Ansicht bist du nicht, entnehme ich deinen Worten.«
    »Ich glaube nicht nur, sondern
weiß,
daß er kein Heiliger war. Es gab zwei Ultáns. Auf der einen Seite war da das verlogene Bild des frommen Abts, das er der Welt gegenüber zeigte. Ich habe oft genug gehört, wie er seine wundervolle Bekehrung auf dem Meer erfahren hat und was er vor dem war. Die andere Seite, den echten Ultán, habe ich selbst zur Genüge erlebt.«
    »Das mußt du uns erklären.«
    »Ultán hatte den Comarb des heiligen Patrick von

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