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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ard Macha überzeugt, daß er sich gewandelt habe, so wie Saulus seine Bekehrung zum Paulus auf dem Wege nach Damaskus erfahren hatte. Von dieser Parabel wurde in Cill Ria unentwegt geredet. Bruder Drón hat sie mit Vorliebe angeführt, um jeden Zweifler zum Schweigen zu bringen, dem der Gesinnungswandel des Abts nicht einleuchten wollte. Ultán hat die Pönitenzvorschriften mit großer Strenge gehandhabt, einfach um jedermann zu zeigen, wie fromm und gottesfürchtig er war. Doch ich habe ihn durchschaut und sein wahres Gesicht gesehen.«
    »Und das sah wie aus?«
    »Es war immer noch das eines Diebs und Räubers, der sich Wertsachen aneignete, sobald er vorgeben konnte, das seien Opfergaben, die der Kirche aus freien Stücken dargebracht werden müßten. Er ließ Mönche und Nonnen auspeitschen wegen angeblicher Gotteslästerungen. Er genoß es, Leute körperlich zu züchtigen. Jeden Tag wurde mindestens einer ausgepeitscht wegen, wie er behauptete, unreiner Gedanken. Selbst den Tod mehrerer Glaubensbrüder hat er auf dem Gewissen.«
    »Und all das hast du während deiner Jahre in Cill Ria erlebt.«
    »Das und vieles mehr«, bestätigte sie verbittert.
    »Und vieles mehr?«
    »Mädchen aus dem Frauenhaus mußten ihm zu Willen sein und seine Wollust befriedigen.«
    »Schwester Sétach?«
    »Nein, die niemals. Aber das ist vielleicht nicht verwunderlich.«
    »Hat er auch dich vergewaltigt?« Fidelma stellte die Frage hart und unerbittlich.
    Schwester Marga wurde rot und wand sich, antwortete dann aber aufbegehrend: »Wie kann der Schwache sich gegen den Starken wehren? Immer wieder habe ich daran gedacht, was mein Vater zu sagen pflegte – die Flut mag noch so hoch sein, immer kommt danach die Ebbe. Ich habe gewartet und um eine Gelegenheit gebetet, fliehen zu können.«
    Eadulf beugte sich zu ihr vor. »Hast du Abt Ultán getötet?« fragte er sehr ernst.
    Die junge Nonne schaute ihm in die Augen und erklärte unumwunden: »Ich wünschte, ich hätte den Mut dazu aufgebracht. Getan habe ich es nicht.«
    »Warum hast du ihn auf diese Reise begleitet, wenn du ihn so verabscheut hast?«
    »Meinst du, ich hätte mir das aussuchen können? Außerdem habe ich gehofft, es könnte sich eine Möglichkeit zur Flucht ergeben. Doch Bruder Drón hat mich keinen Moment aus den Augen gelassen, und Schwester Sétach nicht minder.«
    »Willst du damit sagen, daß dich beide auf Schritt und Tritt bewachten?«
    »Ich vermute, Ultán schöpfte Verdacht, daß ich so eine Absichthegen könnte, und hat ihnen den Auftrag gegeben. Sie tun es immer noch. Heute früh habe ich mich zum ersten Mal von ihnen losmachen können. Ich nehme an, sie vermochten sich nicht vorzustellen, daß ich es wagen würde, einfach zu verschwinden, wo doch Ultán eben erst gestorben war. Ich konnte den Stallburschen überreden, mir Ultáns Pferd zu satteln, weil ich mit zur Jagd wollte. In Wirklichkeit hatte ich vor, aufs Geratewohl ostwärts nach Laigin zu reiten.«
    Eigensinn spiegelte sich auf ihrem Gesicht und unterstrich, was sie gesagt hatte. »Du wolltest also von vornherein aus Cashel weg, nicht bloß zur Jagd mitreiten?« fragte Fidelma.
    »Ich war fest entschlossen, für immer Drón und Sétach loszuwerden und nie mehr in die düsteren Gemäuer von Cill Ria zurückzukehren.«
    »Heute früh konntest du ihnen entkommen. Warum bist du zurückgekehrt?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe die Gunst der Stunde verspielt. Ich war schon im Wald, da sah ich, wie Bruder Drón mir hinterherjagte und drauf und dran war, mich einzuholen. Mich packte die Angst, und ich ließ dem Pferd die Zügel schießen. Drón setzte mir eine Weile im Wald nach. Gott sei Dank war ich der bessere Reiter. Als ich schließlich zum Stehen kam, lauschte ich in alle Richtungen, aber es war nichts mehr von ihm zu hören. Ich war mir unschlüssig, was ich nun tun sollte. Da stieß ich auf Fergus Fanat … Na ja, dem habe ich alles erzählt. Er versprach, mir zu helfen, wenn ich mit ihm zurückritte. Er wollte mich beschützen, und deshalb bin ich wieder hier.«
    Dann schwieg sie. Fidelma ermunterte sie, weiter zu reden, doch sie wollte nicht. »Mehr gibt es nicht zu erzählen«, erklärte sie.
    »Gewiß gibt es noch mehr. Was hat Bruder Drón dazugebracht, dich zu verfolgen? Wie konnte er so bald herausfinden, daß du entflohen warst?«
    »Das habe ich von Sétach erfahren. Bruder Drón suchte mich und fand statt dessen Sétach. Ihr erzählte er, ihm sei eine Nachricht zugesteckt

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