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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ist?«
    Verzweifelt verdrehte der die Augen. »Auf unserer Wanderung nach Cashel haben meine Brüder und ich diesen Brunnen aufgesucht, weil er von dem großen Apostel unseres Glaubens gesegnet wurde. Wir haben dort von dem heiligen Wasser getrunken, damit unser neues Leben in eurem Land unter seinem Segen stehe. Unser Vater war mit dabei. Meinem Vater sagte die einsam gelegene Schlucht sehr zu, offenbar hat er sich die Lage des Tals gut eingeprägt. Er wußte, es liegt gar nicht weit von hier.«
    »Der Patrick-Brunnen«, nahm Fidelma den Gedanken auf. »Bei Honigfeld. Geradezu ideal für einen Mord. Vor Zeiten war das ein heiliger Ort der Druiden. Dann kam Patrick in diese Gegend, er taufte meine Vorfahren hier auf dem Felsen von Cashel und zog südwärts, um die Quelle im Namen des Neuen Glaubens zu reinigen und zu heiligen.« Sie schaute zum Himmel. »Bis Sonnenaufgang ist es nicht mehr lange. Mach unsere Pferde fertig, Caol. Du wirst mitkommen müssen.«
    »Ich aber auch«, verlangte Bruder Berrihert.
    Caol sah Fidelma fragend an, und die nickte. »Er soll hinter dir aufsitzen.«
    Der Hauptmann der Leibwache ging los und rief den Stallburschen zu, die Pferde zu satteln.
    Bald darauf ritten die vier auf drei Pferden von Cashel Richtung Honigfeld, einer kleinen Siedlung, die am Ufer des Siúr lag. Anfangs war es noch dunkel, doch Caol war der Weg vertraut, und er führte sie zielstrebig an. Bald breitete die Morgendämmerung ihr graues Licht über die Landschaft, und noch während sie am Ufer des Flüßchens Mael entlangritten, wurde es taghell. Schließlich überquerten sie einen Bach, der sich unterhalb eines Hügels durch Bruchland schlängelte. Auf dem Hügel stand eine uralte, übermannshohe Steinsäule. Eadulf war bekannt, daß Geistliche in frommem Eifer auf der Nord- und Südseite Kreuze eingemeißelt hatten, um heidnische Geister zu vertreiben, die möglicherweise dort umherschwebten. Dennoch hatten sich einige der alten Bräuche erhalten. Von Fidelma wußte er, daß die Häuptlinge der Déisi, bevor sie einen Feldzug unternahmen, mit ihren Kriegern hierherkamen und gemeinsam im Kreis um den hohen Steinpfeiler herumgingen.
    Unweit von diesem alten Wahrzeichen befand sich das kleine Tal, von dem ihm Fidelma erzählt hatte. Sie hatte dortals Kind oft gespielt, und dort entsprang eine Quelle, die dem alten Glauben nach ein Heiligtum war. Der heilige Patrick hatte diesen Fleck zu einem christlichen wundertätigen Brunnen verwandelt.
    Sie ritten noch eine Weile stumm dahin und hatten bald den Zugang zum Tal erreicht. Fidelma hob die Hand und hieß sie anhalten.
    »Wir lassen die Pferde am besten hier und gehen zu Fuß weiter«, sagte sie leise. »Durch die Bäume dort führt ein Pfad abwärts in die Schlucht. Wollen wir hoffen, daß Bruder Drón nicht vor uns angekommen ist.«
    Sie banden die Pferde an und bewegten sich, angeführt von Fidelma, geräuschlos durch den Wald. Gerade als sie zu der kleinen Lichtung mit dem Brunnen hinabsteigen wollten, drangen verzweifelte Rufe an ihre Ohren.
    »Um Himmels willen, Fremdling, verschone mich! Ich war es nicht, ich habe es nicht getan, ich nicht!«

KAPITEL 16
    Fidelma erkannte Bruder Dróns Stimme. Noch ehe sie überlegen konnte, was zu tun sei, stürmte Bruder Berrihert an ihr vorbei, rannte hinunter und rief: »Vater! Um Himmels willen. Laß deine Waffe sinken!« Soviel Angelsächsisch verstand sie.
    Die Erwiderung kam sofort.
    »Bleib, wo du bist, Berrihert! Kommst du näher, stirbt das Schwein hier auf der Stelle.«
    Fidelma und die anderen hasteten auf dem schmalen Weg hinunter in den Talkessel, in dessen Mitte die heilige Quelle entsprang. Als erstes sahen sie einen Baum, an den BruderDrón gefesselt war, mit dem Gesicht zum Stamm gedreht, die ausgebreiteten Arme darum gebunden. Etwas weiter hinter ihm stand der alte Krieger Ordwulf und schwang die zweischneidige Streitaxt, mit der für gewöhnlich Angeln und Sachsen in die Schlacht zogen.
    Bruder Berrihert war am Rand der Lichtung stehengeblieben, und jetzt drängten sie sich zu viert auf dem Pfad. Ordwulf war nicht erstaunt, schien sie eher erwartet zu haben.
    »Sieh mal einer an, deine Christenfreunde hast du gleich mitgebracht, mein Sohn«, höhnte er. »Das ist recht so. Da können sie Zeuge sein, wie Vergeltung geübt wird.«
    Bruder Drón jammerte herzzerreißend: »Helft! Steht mir bei! Ich flehe euch an!« Schluchzen erstickte seine Stimme.
    »Sag ihnen, was du mir gesagt hast, du elendes Schwein«,

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