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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gehofft?« fragte Fidelma Schwester Sétach.
    »Nichts.«
    »Du hast also nichts am Körper verborgen, wenn man dich durchsucht?«
    »Du wirst es doch nicht wagen, mich zu durchsuchen?« fragte sie entsetzt.
    »Ich bin eine
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«, erwiderte Fidelma lächelnd und bestimmt. »Es wäre meine Pflicht, dich zu durchsuchen.«
    »Ich habe nichts genommen. Du wirst nichts finden. Bitteschön, durchsuch mich!«
    »Laß uns die Sache noch einmal logisch betrachten«, lenkte Fidelma ein. »Du bist hergekommen und batest um Einlaß ins Gemach. Der Wächter verwehrte dir das. Daraufhin bist du aus einem Fenster hinaus auf den Sims geklettert, den selbst eine geübte Bergziege zu meiden wüßte, und unter Gefährdung deines Lebens bist du auf ihm entlangbalanciert, um dir auf diese Weise Zugang in den Raum hier zu verschaffen und an Ultáns persönliche Habe zu gelangen. Was hat dich zu diesem kühnen Unterfangen getrieben?«
    Sie tat sich schwer mit der Antwort. »Wenn du es denn unbedingt wissen mußt, es war dringend geboten, Abt Ultáns persönliches Eigentum in sicheren Gewahrsam zu schaffen. Und vorrangig ging es um die Berichte von den Besuchen in den anderen Klöstern. Der Lauf der Dinge bringt es mit sich, daß seine sterbliche Hülle hier zur letzten Ruhe gebettet wird. Sein Hab und Gut aber nehmen wir mit zurück nach Cill Ria, wo die Sachen als Reliquien von unschätzbarem Wert betrachtet werden dürften.«
    »Es ging dir um materielle Werte?« fragte Eadulf höchst erstaunt.
    »Ganz im Gegenteil. Reliquien dieser Art sind nicht mitweltlichen Wertmaßstäben zu messen. Sie werden das Ziel von Wallfahrten nach Cill Ria sein, denn Ultán ist nunmehr unser erster großer Heiliger, der den Märtyrertod starb.« Ihre Stimme überschlug sich fast in ihrem fanatischen Eifer.
    Fidelma schüttelte kaum merklich den Kopf. »Nun gut, Schwester Sétach. Du kannst auf dein Zimmer gehen. Ich habe vorläufig keine weiteren Fragen.«
    Selbst Eadulf hatte mit einer solchen Entscheidung nicht gerechnet. Unschlüssig stand das Mädchen auf.
    »Kann ich … Kann ich die Truhe mitnehmen?« fragte sie schließlich.
    »Solange die Angelegenheit nicht geklärt ist, bleibt die Truhe hier.«
    Zögernd bewegte sich Schwester Sétach auf die Tür zu. Draußen versperrte ihr Enda, der Krieger, den Weg, aber Fidelma rief ihm zu, sie passieren zu lassen.
    Fidelma und Eadulf blieben allein zurück. Diesmal war es Eadulf, der als erster die Stille unterbrach.
    »Du glaubst doch nicht wirklich, was sie gesagt hat? Heilige Reliquien? Daß ich nicht lache!«
    »Wir hätten hier bis in alle Ewigkeit sitzen können und hätten nicht mehr aus ihr herausbekommen. Natürlich hat sie gelogen.«
    »Warum hast du sie dann nicht durchsucht?«
    »Weil sie nichts bei sich hatte. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte sie sich gehütet, mich im Gegenzug zur sofortigen Durchsuchung aufzufordern.«
    »Und wenn sie nur geblufft hat?«
    »Ich glaube nicht, daß sie das getan hat. Was sie suchte, hat sie nicht gefunden. Vielleicht haben wir sie gestört, als sie mitten im Suchen war. Schauen wir doch mal nach, was die Truhe birgt.«
    Eadulf zerrte das kleine Reisemöbel hervor. Schwer war es nicht. Fidelma hielt die Laterne, und er hob den Deckel an.
    »Kleidungsstücke, Gewänder«, murmelte er und ließ ein Stück nach dem anderen durch die Hand gleiten.
    Fidelma beugte sich vor. »Ein paar Lederbeutel, und darunter Papiere. Was ist in den Beuteln?«
    Eadulf ging sie prüfend durch. »Etliche Münzen und in dem einen hier Goldklümpchen, und in dem anderen …« Ein auserlesenes Schmuckstück kam zum Vorschein. »Was Halsketten angeht, muß unser Abt einen guten Geschmack gehabt haben«, stellte er fest und hielt die Kostbarkeit in die Höhe.
    »Möglicherweise hattest du die richtige Vermutung, als du sie fragtest, ob sie auf materielle Werte aus war. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie nach anbetungswürdigen Reliquien stöberte.«
    »Du glaubst, sie wollte die Schmuckstücke und das Geld haben?«
    »Oder aber die Mitschriften, die sie und Schwester Marga von den Missionsbesuchen anfertigten.«
    Eadulf blätterte durch die Papiere.
    »Da könntest du recht haben. Das sind hier offensichtlich alles Berichte über führende Kirchenmänner der Abteien, die Ultán aufgesucht hat.« Mit verdrießlichem Gesicht blätterte er weiter. »Diejenigen, die Ard Macha eine Vorrangstellung zugestehen, werden besonders hervorgehoben, und die anderen, die sich dagegen

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