Ein gefährlicher Gegner
Tommy: «Ich bin ein Idiot!» Nachdenklich strich er den Bogen glatt. «Aber das ist jemand anders auch. Und endlich weiß ich, wer es ist.»
23
I n seiner Zimmerflucht im Claridge lehnte sich Kramenin auf seiner Couch zurück und diktierte seinem Sekretär. Plötzlich summte das Telefon; der Sekretär nahm den Hörer ab, sagte ein paar Worte und wandte sich dann an seinen Chef: «Unten ist jemand, der Sie sprechen möchte.»
«Wer ist es?»
«Julius P. Hersheimer.»
«Hersheimer» wiederholte Kramenin nachdenklich. «Den Namen habe ich schon mal gehört.»
«Sein Vater war ein amerikanischer Stahlkönig», erklärte der Sekretär. «Dieser junge Mann muss ein vielfacher Millionär sein.»
Die Augen des anderen verengten sich. «Gehen Sie mal runter und stellen Sie fest, was er will.»
Der Sekretär gehorchte und schloss geräuschlos die Tür hinter sich. Nach einigen Minuten kam er wieder.
«Er lehnt es ab, über sein Anliegen zu sprechen. Es sei eine persönliche Angelegenheit.»
«Ein vielfacher Millionär», murmelte Kramenin. «Führen Sie ihn herauf.»
Wieder verließ der Sekretär das Zimmer und kam in Hersheimers Begleitung zurück.
«Monsieur Kramenin?», fragte der unvermittelt.
Kramenin musterte ihn.
«Ich freue mich, Sie kennen zu lernen», sagte der Amerikaner. «Ich hätte mich gern mit Ihnen über ein paar sehr wichtige Fragen unterhalten, falls ich Sie unter vier Augen sprechen dürfte.»
«Bitte», sagte Kramenin leise zu dem Sekretär. «Sie hätten vielleicht nichts dagegen, sich in das nächste Zimmer zurückzuziehen.»
«Das nächste Zimmer genügt nicht», unterbrach ihn Hersheimer. «Ich kenne diese fürstlichen Zimmerfluchten – und ich wünsche, dass außer Ihnen und mir sich kein Mensch in diesen Räumen aufhält. Schicken Sie ihn runter in einen Laden, kann sich ja eine Tüte Erdnüsse kaufen gehen.»
Obwohl Kramenin diese unbekümmerte Art nicht besonders zuzusagen schien, hatte ihn jetzt offensichtliche Neugier gepackt. «Wird Ihre Angelegenheit viel Zeit in Anspruch nehmen?»
«Wenn Sie sich für sie interessieren, kann darüber eine ganze Nacht vergehen.»
«Gut.» Er wandte sich wieder dem Sekretär zu. «Gehen Sie ins Theater, wenn Sie mögen – nehmen Sie sich diesen Abend frei.»
«Ich danke Ihnen, Exzellenz.» Der Sekretär ging hinaus.
Hersheimer stand an der Tür und beobachtete seinen Rückzug. Schließlich kehrte er mit einem Seufzer der Befriedigung an seinen Platz in der Mitte des Zimmers zurück.
«Vielleicht wären Sie nun so freundlich, Mr Hersheimer, zur Sache zu kommen?»
«Ja – das ist gleich getan», sagte Hersheimer gedehnt. Und wie mit einem Schlag veränderte sich sein Verhalten: «Hände hoch! Oder ich schieße!»
Einen Augenblick lang starrte Kramenin wie benommen auf die Pistole und warf dann in einer fast komisch anmutenden Hast die Hände hoch. In dieser Sekunde war sich Hersheimer klar über ihn geworden. Der Mann, mit dem er es hier zu tun hatte, war ein Feigling – alles andere würde also leicht sein.
«Das ist Gewalt!», rief Kramenin hysterisch. «Wollen Sie mich etwa töten?»
«Nur wenn Sie weiter so laut schreien. Und versuchen Sie nicht, zur Klingel zu schleichen. So, das ist schon besser.»
«Was wollen Sie denn? Vergessen Sie nicht, dass mein Leben von weittragender Bedeutung ist. Man hat mich vielleicht verleumdet…»
«Hören Sie auf», unterbrach ihn Hersheimer, «Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ich habe nicht die Absicht, Sie umzubringen – das heißt, wenn Sie vernünftig sind.»
«Was wollen Sie denn? Geld?»
«Nein – Jane Finn!»
«Jane Finn? Ich habe nie von ihr gehört.»
«Sie sind ein schamloser Lügner! Sie wissen ganz genau, wen ich meine.»
«Ich sage Ihnen, ich habe nie von dem Mädchen gehört.»
«Und ich sage Ihnen, dass mein kleiner Willi hier nur darauf brennt, losgehen zu dürfen!»
Kramenin spürte die Entschlossenheit in dieser Stimme und sagte leise: «Nun, angenommen ich wüsste, wen Sie meinen – was weiter?»
«Sie werden mir sofort mitteilen, wo sie sich aufhält.»
Kramenin schüttelte den Kopf. «Das wage ich nicht.»
«Angst, was? Vor Mister Brown? So, das hören Sie nicht gern? Es gibt ihn also. Ich zweifelte schon daran. Sie erstarren vor Angst, wenn Sie nur seinen Namen hören!»
«Ich habe ihn gesehen. Ich habe mit ihm gesprochen. Ich habe es erst hinterher gewusst. Er war mit anderen zusammen. Und ich würde ihn nicht wiedererkennen! Wer ist er
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