Ein gefährliches Geschenk
richtiger Smalltalk. Den führten Leute, denen ihr Gegenüber piepegal war und die vor allem ihre eigene Stimme hören wollten.
Mira lag ihr Gegenüber am Herzen. »Gut. Summerset macht ganz weit weg Urlaub. Das baut mich richtig auf.«
»Dann hat er sich von seinen Verletzungen aber schnell erholt.«
»Auf dem einen Bein war er noch ein wenig wackelig, aber sonst ging’s.«
»Und wie geht es Ihrem frisch gebackenen Detective?«
»Sie hat Spaß daran, ihre Dienstmarke zu zücken, und freut sich darüber jedes Mal noch unbändig. Und sie schafft es, das Wort Detective mehrmals am Tag in einen Satz einzubauen. Sie zieht sich absolut komisch an. Richtig abstoßend. Ansonsten kommt sie gut zurecht.«
Eve musterte das Getränk, das aus dem Serviceschlitz kam. Es sah tatsächlich recht gut aus. Sie nippte vorsichtig daran. »Schmeckt wie Ihr Kostüm. Kühl und sommerlich und ein wenig aufgemotzt.« Sie ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen. »Das hörte sich jetzt wahrscheinlich nicht gut an.«
»Doch.« Mit einem Lachen lehnte Mira sich zurück. »Ich danke Ihnen. Eine Farbe wie diese. Völlig unpraktisch. Aber genau deshalb konnte ich nicht widerstehen. Ich habe gerade ihr Jackett bewundert und wie gut diese wunderbare Farbe von getoastetem Brot Ihnen steht. Meine Haut würde dabei wie Schlamm aussehen. Und ich kann Einzelstücke nicht mit demselben Schick tragen, wie Sie das tun.«
»Einzelteile?«
Mira brauchte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass ihre Lieblingspolizistin mit diesem grundlegenden Begriff aus der Modewelt nichts anzufangen wusste. »Jacketts, Hosen, was auch immer, alles, was einzeln verkauft wird und nicht zu einem Ganzen wie etwa einem Kostüm oder Anzug gehört.«
»Ha. Einzelteile. Na so was. Und ich dachte immer, es seien einfach Jacken, Hosen, was auch immer.«
»Mit Ihnen einzukaufen, das würde mir Spaß machen.« Diesmal übertönte Miras Lachen die übellaunigen Geräusche der Kantine. »Und jetzt sehen Sie aus, als hätte ich Sie gerade mit meiner Gabel unter dem Tisch gepiekst. Eines Tages werde ich Sie rankriegen, aber ehe ich Ihnen jetzt den Appetit verderbe, frage ich Sie doch lieber, was Mavis macht.«
»Es geht ihr gut.« Obwohl Eve sich nicht sicher war, ob Schwangerschaft nicht ein ebenso großer Appetitverderber war wie Einkaufen. »Man käme nie darauf, dass sie da drinnen irgendwas ausbrütet, wenn sie nicht damit hausieren ginge. Sie und Leonardo könnten sich auch ein Kleinluftschiff mieten. Er entwirft für sie jede Menge Umstandskleidung, aber ich sehe eigentlich keinen Unterschied.«
»Grüßen Sie alle von mir. Ich weiß, dass Sie zum Thema kommen möchten. Aber bestellen wir doch lieber zuerst. Ich nehme den griechischen Salat. Normalerweise kann man den hier ganz gut essen.«
»Ja, das ist gut.«
Mira bestellte zwei über den Speisencomputer. »Stellen Sie sich vor, ich kann mich noch an das ein oder andere über den Raub an der Börse erinnern. Das machte damals riesige Schlagzeilen.«
»Wie das? Sie sind zu jung.«
»Also, das hat mich jetzt für den ganzen Tag aufgebaut. Tatsächlich war ich erst, ach nein.. wie deprimierend. Ich muss etwa vier gewesen sein. Aber mein Onkel ging damals zufällig mit einer Frau, die in der Börse einen Laden hatte. Sie war Schmuckdesignerin und befand sich im Haupttrakt, als der Raub stattfand. Ich erinnere mich, dass meine Eltern sich darüber unterhielten. Als ich ein wenig älter war, entwickelte ich ein derartiges Interesse an Verbrechen, dass ich mich in die Einzelheiten vertiefte. Die, wenn auch entfernte, Familienbeziehung, hat die Aufregung für mich nur noch gesteigert.«
»Gibt es sie noch? Die Designerin?«
»Keine Ahnung. Es hat nicht geklappt zwischen ihr und meinem Onkel. Ich weiß nur, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, bis die Sicherheitskräfte alles absperrten. Sie kannte auch den Insider nicht. Das jedenfalls habe ich von meinem Onkel erfahren, als ich mich später bei ihm danach erkundigte. Aber ich bin mir sicher, dass ich für Sie den Namen in Erfahrung bringen kann, wenn Sie sie ausfindig machen möchten.«
»Könnte ich, aber wahrscheinlich geht das in die falsche Richtung. An diesem Punkt jedenfalls. Erzählen Sie mir was über den Mörder.«
»Gut. Die Tat, die Morde selbst, haben keine Priorität für ihn. Die sind Nebenprodukte. Seine Opfer und seine Methoden unterscheiden sich, passen sich den jeweiligen Notwendigkeiten an. Sein Hauptinteresse gilt seinen eigenen
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