Ein gefährliches Geschenk
Ganz kurz wurden ihre Knöchel an der Hand, mit der sie den Löffel hielt, weiß, aber das war auch das einzige Anzeichen für Nervosität. Sie rührte weiter in ihrem Kaffee, den sie nach dem Essen bestellt hatten.
»Ja, es war schrecklich. Offensichtlich hat er bei dem heftigen Regen das Auto nicht gesehen.«
»War er in Ihrem Laden?«
»Ja, kurz davor. Er stöberte ein wenig, und ich habe kaum mit ihm gesprochen. Ich hatte andere Kunden, und Jenny - meine Angestellte - hatte frei an dem Tag. Niemand war schuld. Es war einfach nur ein furchtbarer Unfall.«
»Er war nicht von hier?«
Sie blickte ihm direkt in die Augen. »Er war noch nie zuvor in meinem Laden gewesen.
Vermutlich wollte er nur für ein paar Minuten im Trockenen sein. Das Wetter war ja wirklich schauderhaft.«
»Da sagen Sie was. Ich war mit dem Auto unterwegs. Offenbar bin ich nur ein paar Stunden später in der Stadt angekommen, und überall, wo ich anhielt, erzählte man mir eine andere Version der Geschichte. Irgendwo, ich glaube, an der Tankstelle, hieß es, er sei ein internationaler Juwelendieb auf der Flucht.«
Ihr Blick wurde weich und liebevoll. »Internationaler Juwelendieb«, murmelte sie.
»Nein, das war er bestimmt nicht. Die Leute sagen manchmal seltsame Sachen, nicht wahr?«
»Ja, das ist wahr.« Zum ersten Mal, seit er den Job übernommen hatte, glaubte er, dass Laine Tavish alias Elaine O’Hara absolut keine Ahnung davon hatte, was ihr Vater William Young und ein bisher unbekannter Dritter vor sechs Wochen verbrochen hatten.
Er begleitete sie zu ihrem Wagen und überlegte, wie er sie als Informationsquelle benutzen konnte - und womöglich sogar musste. Was er ihr sagen konnte - und was er ihr nicht sagen würde, wenn die Zeit gekommen war.
Aber eigentlich wollte er darüber gar nicht nachdenken. Der kühle Frühlingswind blies durch ihre Haare und schickte ihren Duft zu ihm.
»Noch ziemlich kühl«, meinte er.
»Abends ist es hier oft bis in den Juni hinein noch kühl, aber das kann sich sehr plötzlich ändern.« Bevor die Nächte warm würden, war er schon wieder fort. Daran sollte sie besser denken. Zumindest wäre es vernünftig.
Aber sie war es so Leid, dauernd nur vernünftig zu sein.
»Es war ein schöner Abend. Danke.« Sie drehte sich um, schlang ihm die Arme um den Hals und zog seinen Kopf zu sich herunter.
Genau das wollte sie. Und es war ihr egal, ob es unvernünftig war. Sie wollte den Adrenalinstoß, das Rauschen im Blut spüren, weil sie einmal etwas Gefährliches tat. Bis jetzt war doch die zweite Hälfte ihres Lebens ungefährlich gewesen.
Das hier war besser. Lippen, die sich aufeinander pressten, Zungen, Zähne, die einander berührten. Sie fühlte sich auf einmal ungeheuer lebendig.
Wie hatte sie nur vergessen können, wie erregend es war, einfach zu handeln, ohne die Konsequenzen zu bedenken?
Er hatte gewusst, dass sie ihn überraschen würde. In der Minute, in der er sie gesehen hatte, hatte er es gewusst. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn überwältigen würde. Es war kein zögerlicher, flirtender Kuss, sondern ein sexuelles Angebot, das seine Libido zum Kochen brachte.
Sie klammerten sich aneinander wie überlebende Schiffbrüchige, dann schnurrte sie leise, ganz tief in der Kehle, und zog sich langsam zurück. Er war zu benommen, um sie aufzuhalten.
Sie rieb ihre feuchten, sexy Lippen aufeinander und lächelte.
»Gute Nacht, Max.«
»Warte, warte, warte.« Er hielt sie auf, bevor sie die Wagentür aufschließen konnte.
Sie lächelte immer noch, mit weichen Lippen und schläfrigem Blick. Sie hatte in diesem Moment alle Macht, und beide wussten es. Wie zum Teufel hatte das nur passieren können?
»Du schickst mich jetzt einfach da hinauf?« Er wies mit dem Kopf zum Hotel. »Alleine?
Das ist gemein.«
»Ich weiß.« Sie legte den Kopf schräg und musterte ihn. »Ich möchte ja auch nicht, aber ich muss. Sonst geraten wir nur beide in Schwierigkeiten.«
»Lass uns frühstücken. Nein, ein Mitternachtssnack. Ach was, lass uns jetzt einen Brandy trinken gehen.«
Sie lachte. »Du willst doch gar keinen Brandy.«
»Nein. Das war nur ein schlecht verhüllter Euphemismus für wilden Sex. Komm mit mir herein, Laine.« Er fuhr mit der Hand durch ihre Haare. »Da ist es doch wenigstens warm.«
»Ich kann wirklich nicht, und es tut mir auch schrecklich Leid.« Sie schloss das Auto auf und blickte provokativ über die Schulter, als sie einstieg. »Henry wartet auf mich.«
Er
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