Ein gefährliches Geschenk
du Angst hast. Ich werde mich immer um dich kümmern.«
»So ist’s recht. Erzähl mir von der Nacht, dieser Nacht in Ohio, als er kam und mir ein Geschenk mitbrachte.«
»Er sah mich mit diesen entsetzlich kalten Augen an. Geh doch und lauf, lauf, so weit du kannst, ich werde dich doch wiederfinden. Würde der Junge das Geschenk nicht mehr haben, wenn er uns fände, würde er uns beide töten. Keiner würde uns je finden. Keiner würde es erfahren. Wenn ich am Leben bleiben wollte, wenn mir daran gelegen war, dass der Junge am Leben blieb, musste ich tun, was er gesagt hatte. Also tat ich es. Ich flüchtete, aber ich tat, was er verlangt hatte, für den Fall, dass er uns wiederfand. Ist er zurückgekommen? In meinen Träumen findet er uns immer.«
»Was hat er denn verdammt noch mal mitgebracht?« Er gab dem Stuhl einen hinterhältigen Schubs und stellte sich dann davor und brachte sein Gesicht nah an ihres. »Sag mir, was er mitgebracht hat.«
Ihre Augen wurden groß und glasig. »Den Bulldozer, den hellgelben Bulldozer. Du hast ihn in einer Schachtel aufbewahrt, Jahr um Jahr, wie ein Geheimnis. Du hast nie damit gespielt. Dann hast du ihn auf dein Regal gestellt. Warum wolltest du ihn auf dem Regal haben? Um ihm zu zeigen, dass du getan hast, was er dir gesagt hat?«
»Bist du dir sicher?« Er packte sie jetzt an den Schultern, die zerbrechliche Gestalt mit ihren dünnen, spröden Knochen. »Bist du dir da verdammt noch mal sicher?«
»Sie sagten, du seist tot.« Sie wurde aschfahl, ihr Atem ging kurz und rau. »Sie sagten, du seist tot, aber das bist du nicht. Ich wusste, ich wusste es, dass du nicht tot warst. Ich sehe dich. Es ist kein Traum. Du bist zurückgekommen. Du hast uns wiedergefunden. Es ist Zeit wegzulaufen. Ich werde nicht zulassen, dass du meinem Kleinen wehtust. Zeit wegzulaufen.«
Sie kämpfte, und ihre Gesichtsfarbe wechselte von grau zu gefährlich rot. Trevor ließ sich von ihr wegschieben und sah ungerührt zu, wie sie auf die Füße kam. Die Rosen ergossen sich aus der Schachtel, lagen verstreut auf dem Weg. Mit wild verdrehten Augen versuchte sie loszulaufen. Sie stolperte und stürzte wie eine schlaffe Puppe auf die farbenprächtigen Blumen und blieb in der strahlenden Sonne reglos liegen.
30
E ve sah sich in Dix’ Bürohaus derselben Empfangsdame gegenüber, aber diesmal ging die Prozedur sehr viel schneller vonstatten. Ein Blick auf Eve, als diese die Lobby durchschritt, und sofort war sie in ihrem Stuhl das Entgegenkommen selbst.
»Detective Dallas.«
»Lieutenant.« Eve hielt ihre Dienstmarke hin, um dem Gedächtnis der Frau auf die Sprünge zu helfen. »Geben Sie mich für Chad Dix’ Etage frei.«
»Ja, natürlich. Selbstverständlich.« Während sie die Sicherheitskontrolle durchführte, schweiften ihre Blicke hin und her, von Eves Gesicht zu dem Peabodys. »Das Büro von Mr. Dix ist auf der. .«
»Ich weiß, wo es ist«, unterbrach Eve sie und schritt auf den Aufzug zu.
»Fühlt man sich gut, wenn man den Menschen Angst einjagt«, überlegte Peabody.
»Oder fühlt man sich gerecht?«
»Man fühlt sich gut und gerecht. Eines Tages werden Sie auch dorthin kommen, Peabody.« Eve gab Peabody einen Klaps auf die Schulter. »Sie kommen dorthin.«
»Das ist mein Lebensziel, Sir.« Sie traten ein. »Sie gehen doch nicht davon aus, dass Dix dazugehört.«
»Ein Typ versteckt eine Hand voll Diamanten in einem Spielzeuglaster, wo sie wahrscheinlich ein halbes Jahrhundert geblieben sind? Mich überrascht nichts mehr. Aber nein, Dix fehlt es an Vorstellungsgabe. Sollte er das Ding haben oder wissen, wo es ist, dann war das einfach Dusel. Einer dieser Zufälle wie sie in der kleinen alten Welt vorkommen, wie Roarke oft sagt. Hätte Dix über die Diamanten Bescheid gewusst und mehr Informationen haben wollen, hätte er sich an Samantha Gannon gehalten, den Romeo gespielt und mehr Daten aus ihr herausgepresst, anstatt Däumchen zu drehen, während sie die Beziehung abbrach. Tina Cobb hätte er auch nicht gebraucht, denn schließlich hatte er Zugang zum Gannon-Haus und hätte ein Dutzend Durchsuchungen vornehmen können, als sie noch liiert waren.«
»Von Judith und Westley Crew hätte sie ihm aber nichts erzählt, auch nicht, wenn sie zusammengeblieben wären.«
»Nein. Samantha ist eine Aufrichtige. Wenn sie was verspricht, hält sie es auch. Dix hingegen ist ein Jammerlappen. Da er durch das Buch nicht mehr im Mittelpunkt von Samanthas Interesse stand, hat er sich darüber
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