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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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statistisch einwandfreier Verallgemeinerungen bleiben diese Dinge einzigartig und ungewiß.«
    »Ach je«, sagte ich mit einem mitleidigen Zungenschnalzen, »man hat es schwer als AKE. Armes Schiff, armer Papageno.«
    »Mach dich nur lustig, kleines Vögelchen«, entgegnete das Schiff mit einer Art gespieltem beleidigtem Naserümpfen, »die Verantwortung trage letztendlich jedoch immer noch ich.«
    »Ach, du bist eine alte Schwindlerin, Maschine.« Ich grinste die Drohne an. »Du entlockst mir kein Mitleid. Du kennst meinen Standpunkt, ich habe ihn dir geschildert.«
    »Meinst du nicht, daß wir den Ort kaputtmachen würden? Glaubst du allen Ernstes, daß sie bereit sind für uns? Für das, was wir mit ihnen machen würden, selbst wenn wir die besten Absichten hätten?«
    »Bereit? Welche Rolle spielt das schon? Was bedeutet es überhaupt? Natürlich sind sie nicht bereit dafür, natürlich werden wir den Ort kaputtmachen. Sind sie auch nur einen Deut mehr bereit für den Dritten Weltkrieg? Glaubst du wirklich, wir könnten den Planeten schlimmer zurichten, als sie es zur Zeit selbst tun? Wenn sie sich nicht gerade tatsächlich gegenseitig abschlachten, dann erfinden sie zumindest geniale neue Wege, um sich in der Zukunft noch wirkungsvoller massakrieren zu können, und wenn sie nicht damit beschäftigt sind, dann begehen sie Rassenmord, vom Amazonas bis Borneo… Oder sie vergiften das Meer mit Unrat, oder die Luft oder das Land. Sie könnten von uns kaum noch etwas lernen, was den Vandalismus in ihrer Welt betrifft.«
    »Aber du magst sie doch trotzdem, ich meine als Menschen, wie sie nun mal sind.«
    »Nein, du magst sie, wie sie nun mal sind«, widersprach ich dem Schiff und deutete auf die ferngesteuerte Drohne. »Sie entsprechen deiner Vorliebe für alles Schmutzige. Denke nicht, ich hätte nicht jedesmal zugehört, wenn du dich darüber ausgelassen hast, wie wir ›die ganze Galaxis mit unserer Sterilität anstecken‹ – lautet nicht so dein Spruch?«
    »Kann sein, daß ich diese Worte gebraucht habe«, räumte das Schiff ein, »aber du brauchst nicht zu denken…«
    »Oh, ich mache mir jetzt bestimmt nicht die Mühe zu denken«, sagte ich und hievte mich von der Couch. Ich stand auf, gähnte und reckte mich. »Wohin ist der Rest der Bande verschwunden?«
    »Deine Gefährten sind im Begriff, sich einen amüsanten Film anzusehen, den ich auf dem Planeten gefunden habe.«
    »Schön«, sagte ich. »Ich will ihn mir auch ansehen. Wo findet das Vergnügen statt?«
    Die ferngesteuerte Drohne schwebte von der Armlehne der Couch hoch. »Folge mir.« Ich verließ den Nebenraum, in dem wir gegessen hatten. Die Drohne drehte sich um, während sie im Zickzack zwischen Vorhängen hindurch und um Stühle, Tische und Pflanzen herum schwebte. Sie sah mich an. »Möchtest du nicht mit mir reden? Ich möchte doch nur erklären…«
    »Ich sage dir was, Schiff. Du wartest hier, und ich mache mich auf die Socken und suche dir einen Geistlichen, dann kannst du deine Bürde bei ihm los werden. Die Willkür geht zur Beichte! Bestimmt ein Gedanke, für den die Zeit reif ist.« Ich winkte einigen Leuten zu, die ich länger nicht gesehen hatte, und stieß mit dem Fuß einige Polster aus dem Weg. »Außerdem könntest du hier mal ein bißchen aufräumen.«
    »Dein Wunsch ist…«, seufzte die ferngesteuerte Drohne und hielt inne, um die Polster zu beaufsichtigen, die sich pflichtschuldig selbst neu ordneten. Ich schritt hinunter in einen verdunkelten, klangabgeschirmten Bereich, wo Leute vor einer 2D-Leinwand lagen oder saßen. Der Film fing gerade an. Es handelte sich um Science Fiction, ausgerechnet; der Titel lautete ›Dark Star‹. Kurz bevor ich die Klangabschirmung durchschritt, hörte ich noch die ferngesteuerte Drohne hinter mir erneut vor sich hin seufzen. »Ach ja, es stimmt schon, was man sagt. Der April ist der grausamste Monat…«

 
    2.3: Unabsichtliche Komplizenschaft
     
    Es war ungefähr eine Woche später, als ich wieder auf den Planeten zurückgehen sollte, nach Berlin, als das Schiff noch einmal mit mir sprechen wollte. Die Dinge gingen ihren normalen Gang; die Willkür verbrachte ihre Zeit damit, detaillierte Karten von allem innerhalb und außerhalb der Sichtweite anzufertigen, amerikanische und sowjetische Satelliten abzuhorchen und Hunderttausende von Wanzen herzustellen und auf den Planeten hinunterzuschicken, um Druckereien und Zeitschriftenkioske und Büchereien zu beobachten, um Museen, Ateliers, Studios

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