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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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ich und legte Regan und Goneril aus der Hand.
    »Nun, ich wäre Ihnen schrecklich dankbar, wenn Sie einen Abstecher nach Paris machen könnten, bevor Sie nach Berlin reisen…, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Es macht mir nichts aus«, sagte ich. Ich war noch nie in Paris gewesen.
    »Oh, wunderbar.«
    »Wo liegt das Problem?«
    »Es gibt kein Problem.« Das Schiff sprach jetzt wieder in der üblichen Form mit mir. »Ich möchte dich nur bitten, bei Dervley Linter vorbeizuschauen. Ich glaube, du kennst ihn, oder nicht? Nun, besuche ihn kurz, um ein wenig mit ihm zu plaudern. Das ist alles.«
    »Mh-hm«, sagte ich.
    Ich überlegte, was das Schiff im Schilde führen mochte. Ich hatte eine bestimmte Ahnung (die falsch war, wie sich herausstellte). Die Willkür liebte wie jedes Schiff, das ich innerhalb des Kontakts kennengelernt hatte, Intrigen und Verschwörungen. Die Apparate nutzten jede Sekunde ihrer freien Zeit, um Streiche und Possen auszuhecken; kleine geheime Pläne, Gelegenheiten, um ausgeklügelte Listen und Tücken anzuwenden, durch die Leute dazu gebracht wurden, dies und jenes zu tun, dies und jenes zu sagen, sich auf diese und jene Art zu verhalten, nur so zum Spaß. Die Willkür war eine leidenschaftliche Kupplerin, von der festen Überzeugung durchdrungen, daß sie genau wüßte, wer am besten zu wem paßt, ständig bemüht, die Mannschaft so zusammenzustellen, daß sich möglichst viele potentielle Paare oder sonstige passende Verbindungen ergaben. Ich hatte den Verdacht, daß sie im Augenblick wieder etwas Derartiges plante, aus Sorge darüber, daß ich mich in der letzten Zeit nicht sexuell betätigt hatte, und vielleicht auch beunruhigt, weil meine letzten paar Partner weiblich gewesen waren (die Willkür war aus irgendeinem Grund eine strenge Verfechterin der Heterosexualität).
    »Ja, es reicht, wenn du kurz mit ihm plauderst, um herauszufinden, wie es ihm geht und so; du weißt schon.«
    Die Drohne erhob sich von dem Sitz. Ich streckte die Hand aus und griff nach ihr, setzte sie auf König Lear in meinem Schoß ab, fixierte ihren Gefühlsempfangskanal mit etwas, das wie ich hoffte, als stahlharter Blick meinerseits aufgefaßt würde, und sagte: »Welchen Hintergedanken hast du dabei?«
    »Überhaupt keinen!« empörte sich die Maschine. »Ich möchte dich nur bitten, daß du Dervley einen Besuch abstattest und deine Gedanken über die Erde mit ihm austauschst; die deinen und die seinen, um zu einer Synthese zu kommen, verstehst du? Ihr beide habt euch seit unserer Ankunft nicht mehr gesehen, und ich wüßte gern, welche Vorstellungen ihr habt… genauer gesagt, wie der Kontakt mit diesen Leuten vor sich gehen soll, falls wir uns dazu entschließen, oder was wir sonst tun könnten, falls wir uns dagegen entscheiden. Das ist alles. Keine Gehirndurchleuchtung, liebe Sma.«
    »Hmm.« Ich nickte. »Na gut.«
    Ich ließ die Drohne los. Sie schwebte nach oben.
    »Ehrlich«, versicherte das Schiff, und das Aurafeld der Drohne blitzte rosig auf vor lauter Rechtschaffenheit; »keine Gehirndurchleuchtung.« Die Drohne machte eine ruckartige Bewegung, mit der sie auf das Buch in meinem Schoß deutete. »Lies du ruhig deinen König Lear, ich düse los.«
    Ein Vogel flitzte vorbei, dicht gefolgt von einer anderen Drohne; diejenige, mit der ich mich unterhalten hatte, jagte davon und nahm ebenfalls die Verfolgung auf.
    Ich schüttelte den Kopf. Der Konkurrenzkampf in der Entsorgung des Vogeldrecks war bereits im Gange. Ich sah dem Vogel und den beiden Maschinen nach, die durch den Korridor schossen wie die Überbleibsel eines abartigen Hundekampfes, dann vertiefte ich mich wieder in die…
     
    VIERTE SZENE
DAS FRANZÖSISCHE LAGER. EIN ZELT
Es treten auf mit Tommeln und Fahnen Cordelia, ein Arzt, Soldaten

 
3: Hilflos im Angesicht deiner Schönheit
     
     
    3.1: Bringe deine Dogmen in Übereinstimmung
     
    Also, die Willkür war nicht im eigentlichen Sinne verrückt; sie verrichtete ihre Arbeit sehr ordentlich, und soweit ich weiß, kam durch ihre Streiche nie jemand ernsthaft zu Schaden, zumindest nicht körperlich. Aber man muß ein bißchen auf der Hut sein bei einem Schiff, das Schneeflocken sammelt.
    Es dürfte auf ihre Kinderstube zurückzuführen sein. Die Will war ein Produkt einer der Fabriken des Yinang-Orbitals im Dhass-Khree. Ich bin der Sache nachgegangen und habe herausgefunden, daß diese Fabriken ein gutes Prozent der einer Million oder so von AKE hergestellt haben, die überall

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