Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
mich, daß man die Wirtschaftler das ganze Jahr über an ihrem zerstreuten Aussehen und dem leicht glasigen Blick erkennen konnte. Li…? Nun, Li war lediglich ein Ausgeflippter, der ständig einen offenen Kampf gegen die ausgeprägtere Empfindsamkeit des Schiffes führte.
    »Danke, Li«, sagte ich und legte die Füße wieder auf den umgekippten Sessel. Li lag schwer atmend am Boden und sah zu mir hoch, dann teilten sich seine Lippen zu einem Grinsen und enthüllten die Paranuß, die er zwischen den Zähnen hielt. Er schluckte, stand auf, zog sich die Hose halb herunter und machte sich daran, an dem Baumstamm sein Wasser abzuschlagen.
    »Gut fürs Gedeihen«, erklärte er, als er merkte, daß ich ihn stirnrunzelnd beobachtete.
    »Es wäre bestimmt nicht gut für dein Gedeihen, wenn dich das Schiff erwischt und ein Dolchgeschoß auf dich losschleudert, um dich zur Vernunft zu bringen.«
    »Ich sehe durchaus, was Mr. ’ndane treibt, und ich hatte nicht die Absicht, seine Handlungen auch nur mit einer Bemerkung zu würdigen«, sagte eine kleine Drohne, die aus dem Blattwerk herabschwebte. Es war eine der wenigen Drohnen, die das Schiff eigens zu dem Zweck geschaffen hatte, um ein paar Vögel zu versorgen, die in der Palme gewesen waren, als diese an Bord des Schiffes gehoben wurde; die Vögel mußten gefüttert und danach mußte saubergemacht werden (das Schiff war stolz darauf, daß bis jetzt jedes Kotklümpchen ordentlich in der Luft aufgefangen worden war). »Aber ich muß zugeben, ich finde sein Benehmen etwas besorgniserregend. Vielleicht möchte er uns mitteilen, welche Gefühle er der Erde gegenüber hegt, oder mir gegenüber, oder noch schlimmer, vielleicht weiß er es selbst nicht.«
    »Viel einfacher«, entgegnete Li und verstaute seinen Schwanz wieder in der Hose. »Ich mußte pinkeln.« Er bückte sich und zauste mein Haar, bevor er sich neben mir niederplumpsen ließ.
    (»Hat das Urinierbecken in deinem Zimmer den Geist aufgegeben, ja?« murmelte die Drohne. »Ich muß sagen, ich kann es ihm nicht verübeln…«)
    »Wie ich gehört habe, brichst du morgen wieder in die Wildnis auf«, sagte Li, wobei er die Arme verschränkte und mich mit ernstem Gesicht ansah. »Ich habe heute abend nichts vor, genauer gesagt, ich habe gerade in diesem Moment nichts vor. Ich könnte dir einen kleinen Beweis meiner Wertschätzung liefern, wenn du Lust hast; ein Abschiedsabend mit deinem treuen Kumpel, bevor du dich auf den Weg machst, um bei den Barbaren einzufallen.«
    »Klein?« sagte ich.
    Li lächelte und machte mit beiden Händen eine weitschweifige Geste. »Nun, die Bescheidenheit verbietet mir…«
    »Nein, ich verbiete es dir.«
    »Du begehst einen schrecklichen Fehler, weißt du«, sagte er; dabei sprang er auf und rieb sich gedankenverloren den Bauch, während er in die Richtung des nächsten Eßbereichs blickte. »Ich bin zur Zeit wirklich hervorragend in Form, und ich habe heute abend wirklich nichts vor.«
    »Und daran wird sich auch nichts ändern.«
    Er hob die Schultern, warf mir eine Kußhand zu und rauschte davon. Li gehörte zu jenen, die ohne umfangreiche körperliche Veränderungen niemals als erd-menschlich durchgehen würden (er war behaart und hatte die falsche Gestalt; man stelle sich eine Mischung aus Quasimodo und einem Affen vor), aber offen gestanden glaube ich, man hätte ihn mit einem so unauffälligen Äußeren wie dem eines IBM-Vertreters hinunterschicken können, und trotzdem wäre er innerhalb einer Stunde in eine Prügelei verwickelt gewesen oder im Gefängnis gelandet; er hätte niemals die Beschränkungen anerkannt, die ein Ort wie die Erde dem Verhalten mit gewisser Beharrlichkeit auferlegt.
    Da ihm die Gelegenheit verwehrt war, sich unter die Bewohner der Erde zu begeben, erteilte Li jenen Leuten inoffizielle Unterweisungen, die auf den Planeten hinuntergeschickt wurden; jedenfalls denen, die ihm zuhörten. Lis Unterweisungen waren kurz und kamen ohne Umschweife zur Sache; er pflegte vor die Leute hinzutreten und zu sagen:»Das Grundsätzliche, das ihr im Sinn behalten müßt, ist die Tatsache, daß das meiste von dem, was euch begegnet, Scheiße ist.« * Nach diesen Worten spazierte er von dannen.
    »Miss Sma, ich frage mich…« Die kleine Drohne kam herübergeschwebt und ließ sich in der Kuhle nieder, die Li hinterlassen hatte.
    »Ich habe mich gefragt, ob Sie mir wohl einen kleinen Gefallen tun würden, wenn Sie morgen wieder hinuntergehen.«
    »Was für einen Gefallen?« fragte

Weitere Kostenlose Bücher