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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Freiheit von einer weit höheren Qualität als alles, was nach jedem entsprechenden Maßstab auf dem Planeten, der sich zur Zeit unter uns befindet, gefunden werden kann.
    Dieselbe technologische Sachkenntnis, derselbe Produktionsüberschuß, die aufgrund ihrer Verbreitung in der gesamten Gesellschaft uns überhaupt erst ermöglichten, hier zu sein, und uns überdies jenes Maß an freier Entscheidung, das wir hinsichtlich dessen, was mit der Erde geschieht, gewähren, gestatten uns schon seit langem, ganz nach unserem Belieben zu leben, mit der einzigen Einschränkung, daß von uns die Achtung gegenüber der Gültigkeit dieser Prinzipien auch für andere erwartet wird. Und das ist etwas so Grundsätzliches, daß nicht nur die meisten Religionen auf der Erde ähnlich lautende Worte in ihren Schriften haben, sondern auch fast jede Religion, Philosophie oder jedes sonstige Glaubenssystem, das je irgendwo entdeckt wurde, denselben Gedanken enthält. Es ist diese fest verankerte Errungenschaft, dieses oft verkündete Ideal, dessen sich unsere Gesellschaft – abartigerweise – schämt. Wir leben mit dieser Freiheit, wenden sie an, kommen einfach gut zurecht mit ihr, so sehr, wie diese guten Leute auf der Erde darüber sprechen; während wir so selten darüber sprechen, wie echte Beispiele dieses raren Idealzustandes dort unten zu finden sind.
    Dervley Linter ist ebenso ein Produkt unserer Gesellschaft, wie ich es bin, oder zumindest darf er so lange, bis ihm nachgewiesen werden kann, daß er im eigentlichen Sinn ›verrückt‹ ist, mit Fug und Recht erwarten, daß seine Wünsche erfüllt werden. Tatsächlich ist der Umstand, daß er um eine derartige Veränderung gebeten – und sie von mir angenommen – hat, möglicherweise ein Beweis dafür, daß sein Denken noch immer stärker von der Kultur als von der Erde beeinflußt ist.
    Kurz gesagt, selbst wenn ich der Meinung gewesen wäre, fundierte Gründe für die Ablehnung seines Ansinnens zu haben, hätte ich ebenso große Schwierigkeiten gehabt, ein solches Vorgehen zu rechtfertigen, wie ich sie gehabt hätte, wenn ich den Kerl einfach in dem Moment gepackt und von dem Planeten geholt hätte, in dem ich merkte, was in seinem Kopf vor sich ging. Wenn ich versuchen sollte, Linter zur Rückkehr zu bewegen, kann ich mir nur dann der Rechtmäßigkeit meines Handelns vollkommen sicher sein, wenn ich felsenfest davon überzeugt bin, daß mein eigenes Verhalten – als die intelligenteste betroffene Wesenheit – über jede Anfechtung erhaben ist und sich so sehr im Einklang mit den Grundprinzipien unserer Gesellschaft befindet, wie es in meiner Macht steht.«
    Ich betrachtete das Empfindungsband der Drohne. Während des gesamten Wortschwalls war ich stocksteif dagestanden und hatte keine Regung gezeigt. Jetzt seufzte ich.
    »Nun«, sagte ich, »ich weiß nicht so recht; das klingt fast… edel.« Ich verschränkte die Arme. »Das einzige Problem ist, Schiff, daß ich nie unterscheiden kann, ob es dir wirklich um die Sache geht oder ob du nur um des Redens willen redest.« >
    Das Gerät verharrte ein paar Sekunden lang reglos auf der Stelle, dann wendete es und schwebte davon, ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren.

 
    4.5: Das Problem der Glaubwürdigkeit
     
    Als ich Li das nächste Mal sah, trug er eine Uniform wie die von Captain Kirk in Star Trek.
    »Na, wen haben wir denn da, um alles in der Welt?« Ich lachte.
    »Spotten Sie nicht, Fremdweltlerin!« Li zog eine finstere Grimasse.
    Ich las den Faust auf deutsch und sah zwischendurch zwei meiner Freunde zu, die Billard spielten. Die Schwerkraft im Billardraum war etwas geringer als normal, damit die Kugeln gut rollten. Ich hatte das Schiff gefragt (als es noch mit mir redete), warum es die Gravitation im Innern nicht auf Erd-Durchschnitt gesenkt hatte, so wie es sich mit seinem Tag-Nacht-Kreislauf angepaßt hatte. »Oh, das hätte einer allzu genauen Kalibrierung bedurft«, hatte das Schiff erwidert. »Ich hatte keine Lust, mir diese Mühe zu machen.« Und so etwas von einer gottgleichen Allmacht!
    »Vermutlich ist es dir noch nicht zu Ohren gekommen«, sagte Li und setzte sich neben mich, »da du die ganze Zeit auf EVA warst, aber ich habe die Absicht, Captain dieser Maschine zu werden.«
    »Tatsächlich? Nun, das ist großartig.« Ich fragte ihn nicht, was zum Teufel EVA sein sollte. »Und welches sind deine genauen Pläne zur Erreichung dieser gehobenen, um nicht zu sagen unwahrscheinlichen Position?«
    »Das weiß

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