Ein Geschenk für den Boss Kommissar Morry
mildem Spott.
„Daran sind Sie selbst schuld!"
Gloria trat an die Klimaanlage, die unterhalb des Fensters angebracht war, und bückte sich etwas, um an einem der Knöpfe zu drehen. In diesem Moment krachte es. Die Fensterscheibe zerbarst. Mit einem Aufschrei des Schreckens und des Schmerzes stürzte Gloria Reith zu Boden.
Clive übersah die Situation mit einem Blick. Er stürmte zum Telefon und riß den Hörer von der Gabel. „Mordanschlag auf Gloria Reith in Zimmer einhundertsiebzehn!" stieß er hervor, als der Portier sich meldete. „Sorgen Sie dafür, daß niemand das Hotel verläßt und schicken Sie sofort einen Arzt herauf! Und jetzt verbinden Sie mich mit meiner Dienststelle." Er mußte einige Sekunden warten, bis die Verbindung hergestellt war. Sergeant Richards meldete sich. Clive erstattete seinen Bericht im Tempo eines Schnellfeuergewehres und knallte dann den Hörer auf die Gabel zurück.
Er eilte zu der jungen Frau, die sich inzwischen auf den Rücken gewälzt hatte und mit aufgerissenen Augen an die Zimmerdecke starrte. Sie biß die Zähne zusammen, und in ihren Augen standen Tränen. Es sah aus, als wären es Tränen des Schmerzes, der Ohnmacht, und des Hasses. Die rechte Hand hielt sie über den linken Oberarm gepreßt. Durch die Finger sickerte Blut.
„Ist es nur der Arm?" fragte Clive besorgt.
Die Frau nickte. Clive richtete sich auf. Er stellte sich hinter die Gardine und blickte hinaus. Es lag auf der Hand, daß die Kugel aus einem Zimmerfenster des gegenüberliegenden Hotelflügels abgefeuert worden war. Nur zwei Fenster waren geöffnet; eines davon konnte dem Schützen als Standort gedient haben. Clive ließ die Jalousie herab.
Er wußte, daß es keinen Zweck hatte, jetzt nach dort drüben zu gehen; der Täter war gewiß längst über alle Berge. Clive sah sich im Zimmer um. Dann holte er ein Kissen vom Bett und schob es der Verletzten unter den Kopf. Es roch verbrannt im Zimmer. Clive entdeckte rasch die Ursache. Glorias Zigarette fraß sich mit der Glut in einen Teppich. Clive trat die Zigarette aus und meinte: „Der Arzt wird gleich hier sein."
Gloria erwiderte nichts. Sie hatte die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war blaß, und es zeigte keinen klar definierbaren Ausdruck. Aber ihr heftiges Atmen verriet die Erregung, in der sie sich befand.
„Haben Sie den Schützen gesehen?” fragte er.
„Glauben Sie, daß ich dann stehengeblieben wäre?" fragte Gloria bitter und öffnete die Augen.
„Warum hat man auf Sie geschossen?"
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich mit Ihren albernen Fragen verschonten! Woher soll ich wissen, warum dieser Verrückte mich zur Zielscheibe gemacht hat?"
„Sie verschweigen mir etwas."
Gloria preßte die Lippen zusammen. Steve Cardon, dachte sie. Steve Cardon und Dave Crosley. Wollten sie mich nur warnen, oder war der Schütze so miserabel, daß er nicht richtig getroffen hat? Was es auch sein mochte: Gloria war entschlossen, es ihnen heimzuzahlen. Mit Zins und Zinseszins.
Es klopfte. Clive rief „Herein!" und drei Männer erschienen: Mr. Jesse, der Hoteldetektiv, ein kleiner, drahtiger und agiler Mann, der am Tage des Anschlags auf Angelique Martineux Urlaub gehabt hatte, der Hoteldirektor, und ein hochaufgeschossener Bursche mit struppigem Blondhaar, der eine Instrumententasche in der Hand trug und sich als Dr. Vlissem vorstellte.
Mr. Florish, der Hoteldirektor, tupfte sich mit einem blütenweißen Taschentuch die Stirn ab. „Noch so ein paar Skandale, und ich kann das Hotel schließen!" stöhnte er.
Bud Jesse trat an das Fenster und zog die Jalousie hoch, während der Arzt neben der Frau niederkniete, um sich die Wunde anzusehen.
„Haben Sie dafür gesorgt, daß niemand das Hotel verlassen oder betreten kann, Bud?" fragte Clive.
Der Detektiv wandte sich um. „Klar. Wir hatten Glück. Ein Streifenwagen fuhr gerade am Hotel vorbei. Wir konnten ihn anhalten und die Besatzung auf die einzelnen Zu und Ausgänge verteilen. Der Schütze muß noch im Hause sein!"
„Na, dann versuchen Sie ihn mal zu finden", sagte Clive und ging zur Tür.
„Sie wollen uns schon verlassen?" fragte Jesse.
„Ich bleibe im Haus. Ich möchte mir nur mal diesen prächtigen Mr. Cardon vorknöpfen."
„Sie glauben doch nicht...?"
„Nein, ich glaube nicht, daß er's getan hat. Als Crosleys rechte Hand hat er's nicht nötig, die schmutzige Arbeit zu verrichten. Aber er ist schließlich nicht der einzige, der für Crosley arbeitet und im Hause
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