Ein Geschenk von Tiffany
Blick blieb an dem Schnappschuss hängen, den er von ihr gemacht hatte, als sie nackt zum Bad lief. Ihr butterblondes Haar hob sich, ihre langen schlanken Beine berührten kaum den Boden, ihre Brüste wurden halb von ihrem Arm verdeckt. Mit einem schelmischen Lächeln schaute sie zu ihm zurück, in die Kamera … Zutiefst gedemütigt ließ sie den Kopf sinken. Sie fühlte sich nackt, genauso nackt, wie sie sich vorgestellt hatte, dass Selena sich fühlen musste.
Bas schlang sofort die Arme um sie, wie eine warme, schützende Decke, die sie vor den Blicken der anderen verbarg.
Claude rührte sich nicht. Sein Gesicht war zu Stein erstarrt, seine Augen blickten brennend unter seinen buschigen Haaren hervor, die aus der pelzverbrämten Kapuze hervorschauten. Dann setzte er sich jäh in Bewegung, ging mit ausholenden Schritten auf die Drucke zu, packte einen davon und hob ihn von der Aufhängung. Er drehte das Bild um und stellte es mit dem Gesicht zu Wand.
Dann ging er weiter zum nächsten und tat dasselbe. Alle Bilder nahm er eins nach dem anderen ab, egal ob sie darauf nackt war oder etwas anhatte.
»He!«, rief Luke wütend, als er merkte, was los war. »Verdammt noch mal, was machen Sie da?« Unerschrocken rannte er auf Claude zu, obwohl dieser um einiges größer und breiter war als er. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Denn sobald er ihn erreicht hatte, holte Claude mit der Faust aus und versetzte ihm einen linken Haken. Luke wurde zurückgeschleudert und landete direkt vor den Füßen seiner illustren Klientel.
»Claude, nicht!«, schrie Cassie erschrocken. Luke hatte sich kaum aufgerappelt, als Claude ihm – wamm! – einen Hieb auf die Nase gab und erneut zu Boden schickte.
Er schien sie nicht zu hören. Er beugte sich über Luke, packte ihn am Kragen und riss ihn hoch. Sein Atem ging stoßweise, seine Miene wirkte freier, wacher, jetzt, wo er ein wenig von der aufgestauten Wut abgelassen hatte.
»Sie war ein Geschenk«, knurrte er verächtlich, »ein kostbares Geschenk, ein seltener Vogel, den man behütet. Nicht ein Objekt, das man nackt vorführt wie auf einem Sklavenmarkt.«
Luke hielt sich die Hand an die Nase, um das Blut zu stoppen. »Du weißt ja nicht, was du redest«, fauchte er. »Ich hab sie geliebt.«
» Non . Du liebst nur dich selbst. Du liebst, dass sie dir das Gefühl gibt, im Mittelpunkt zu stehen, gebraucht zu werden, etwas Besonderes zu sein.« Er verzog verächtlich das Gesicht. »Wenn du sie auch nur ein bisschen kennen würdest, hättest du das hier nie getan!« Er ließ Luke zu Boden plumpsen.
Reichlich spät kamen nun ein paar übergewichtige Wachleute angeschnauft und versuchten, Claude in den Schwitzkasten zu nehmen, aber der war zu groß. Endlich gelang es einem von ihnen, ihm den Arm auf den Rücken zu drehen. Gemeinsam führten sie ihn im Eilmarsch zum Ausgang. Er wehrte sich nicht. Der Ehre war Genüge getan. Das Publikum schaute ihm gleichermaßen entzückt wie entsetzt nach.
Luke, der auf dem Boden hockte und sich die Nase hielt, sah wütend zu Cassie auf, die immer noch von Bas gehalten wurde. Sie war leichenblass. »Das soll dein Freund sein?«, fauchte er. »Den kannst du dir …« Er hielt inne.
Die Wachleute begannen die Bilder wieder aufzuhängen, einige davon schief, was die Harmonie der strengen Linien ruinierte.
»Er hat mich bloß verteidigt, so wie es jeder gute Freund getan hätte«, sagte sie zittrig. Die Blicke der Leute gingen nun zwischen ihr und den Bildern hin und her. Man hatte erkannt, dass die Brünette im hellen Kleid die nackte Blondine auf den Fotos war. »Du hast kein Recht, diese Bilder zu benutzen.«
Luke hielt sich ein Taschentuch unter die Nase und stand auf. »Im Gegenteil, ich habe jedes Recht dazu. Du hast mir mit deiner Unterschrift unter die Washington-Werbekampagne deine Rechte an deinen Bildern übertragen.«
Cassie starrte ihn entsetzt an. »Aber doch nur für die Bilder für die Kampagne!«
Luke schüttelte den Kopf. »Du hättest dir besser das Kleingedruckte durchlesen sollen. Und du kannst deinem Freund dafür danken, dass ich nun doch mit der Ausstellung auf Tournee gehen werde. Ich habe Anfragen aus London und aus New York. Auch aus Moskau. Die werde ich jetzt beantworten.« Seine Augen blitzten voll Bitterkeit. Cassie erkannte, dass das, was einmal zwischen ihnen gewesen war, von seinem gekränkten männlichen Stolz überwältigt worden war. Er zog seine Ärmel glatt. »Und ich hab gerade mit Alexa geredet. Sie will
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