Ein Geschenk von Tiffany
Becher Kaffee hin.
»Sagst du mir jetzt, was los ist?« Sie ging an die Küchentheke und hüpfte auf einen Barhocker. Den Kaffee in der Hand schaute sie zu, wie er sicher und schnell eine Zwiebel zu hacken begann. »Ich hab mehrmals angerufen, aber du hast nichts von dir hören lassen. Und für die Kochstunden letzte Woche hab ich dich auch nicht erreicht.«
Er sah auf und lächelte. »Ich weiß.«
Sie musterte ihn. Keine Entschuldigung. Keine Erklärung. Der Mann war zum Haare-Ausreißen.
»Ist das alles?«, fragte sie irritiert. »Hmpf. Ich glaube, der alte Claude hat mir besser gefallen.«
Claude lachte in sich hinein. Er schüttelte den Kopf. Das glaubte er keine Sekunde.
»Ich war sehr beschäftigt«, sagte er und zerdrückte eine Knoblauchzehe mit der flachen Seite des Messers.
»Das seh ich«, entgegnete sie mürrisch. »Deine Haare mal auszukämmen muss fast ’ne Woche gedauert haben.«
Er gluckste.
»Und für die Rasur hast du wahrscheinlich ein halbes Dutzend Rasierklingen verbraucht.«
Er lachte laut auf. Cassie verdrehte die Augen. Sie hatte die Lust verloren, ihn zu beleidigen. Wenn er so lachte …
Er legte das Messer beiseite und starrte sie mit seinen schwarzen Käferaugen intensiv an. »Ich hab einen Job.«
Cassie schnappte nach Luft. »Einen Job?«, sagte sie so ehrfürchtig, als hätte er gesagt, ihm sei Elvis erschienen.
Ihr fiel auf, dass seine Hand, mit der er Luke geschlagen hatte, an den Knöcheln noch gerötet und geschwollen war.
»Ich habe einen neuen Finanzier. Wir werden auf dem alten Grundstück im 1. Arrondissement, wo früher das Maxim’s war, eröffnen.« Er zog die Augenbrauen ganz leicht hoch. Cassie war nicht nur beeindruckt, sie war baff. »Mein Finanzier gibt mir die Carte blanche – mein Team, mein Budget, mein Menü, meine Regeln.«
Cassie starrte ihn gleichermaßen entzückt wie entsetzt an. Bedeutete das, dass ihr Unterricht bei ihm nun beendet war? »Wann?«, erkundigte sie sich und brachte mühsam ein Lächeln zustande.
»Wir wollen im Mai eröffnen. Wenn die Renovierungen abgeschlossen sind.«
Im Mai? Dann würde sie nicht mal mehr hier sein, um das zu erleben. Es war jetzt die dritte Märzwoche, und der Frühling kam mit Riesenschritten nach Paris. Aber für den Sommer war Cassie ja nicht mehr gebucht.
»Kaum zu fassen«, murmelte sie geschockt. »Das ist … toll. Unglaublich toll.«
Er sah schmunzelnd auf. » Oui, n’est-ce pas? Und das hab ich dir zu verdanken.«
»Mir?«
»Weil du mich in diese Ausstellung mitgenommen hast. Das hat mich aufgerüttelt. Als ich diese Bilder von dir gesehen habe …« Cassie schoss die Röte in die Wangen. Ach ja, er hatte sie nackt gesehen … »Es hat mich daran erinnert, wie wichtig Leidenschaft ist, was sie alles bewirken kann. Welch unglaubliche Dinge wir mit ihr erreichen können. Das hatte ich ganz vergessen. Ich war so lange unglücklich, dass das Unglücklichsein zu meinem Lebensgefühl geworden war. Ich kannte nichts anderes mehr.«
Sie schaute ihn verwirrt an. Hatte er gerade angedeutet, dass er die Fotos großartig fand? »Aber … aber … du hast ihm doch eine reingehauen.«
» Bien sûr . Weil er nicht deine Erlaubnis hatte, sie zu zeigen, und dein Vertrauen missbraucht hat.« Er zuckte die Achseln, als wollte er sagen: Ich musste ihm eine reinhauen. »Aber die Fotos an sich? Die sind wunderschön. Du bist wunderschön. Und er empfindet eine große Leidenschaft für dich, das kann man sehen. Diese Bilder haben selbst einen Mann zu berühren vermocht, der so verzweifelt war wie ich. Ich hab mir unwillkürlich gewünscht, diese Kraft wieder in mein Leben zu lassen, also hab ich gesagt: ›Ja, es wird Zeit, wieder zu leben.‹«
Stumm sah Cassie zu, wie er sich wieder seinem Hackbrett widmete. Sie hätte sich in den Hintern treten können. Wieso hatte sie ihn auch fragen müssen, ob er mitkommen wollte? Sie hätte ihn versetzen können, oder noch besser, erst gar nicht zu der Ausstellung hingehen. Sie seufzte schwer. Ihr Verlust war ein Gewinn für Paris.
»Was wird das?«, fragte sie ein wenig erstickt. Aber neugierig war sie schon. Seine Zutatenkombi war ziemlich ungewöhnlich.
»Ich teste ein neues Rezept – in Rotwein eingelegte Birne in Blätterteig, dazu einen Minze-Salat und eine Granatapfel-Consommé. Darf ich dich als Versuchskaninchen benutzen? Zum Probieren?«
»Natürlich«, antwortete sie zerstreut. Sie fragte sich, wie lange er schon auf diesem Jobangebot gesessen hatte. Chefkoch
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