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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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wies auf ihre Umgebung. Die Krypta war mit zahllosen flackernden Lichtern erleuchtet. Die Knochen in den Wänden waren tatsächlich dekorativ angeordnet: mit den Gelenksverdickungen nach außen, sodass die »Knöchel« eine hubbelige Oberfläche bildeten, dazwischen in regelmäßigen Abständen Schädel, in die teilweise Kreuze, teilweise Herzen geschnitzt waren.
    Es war nicht unheimlich. Es war beinahe schön, fast wie in einer Muschelgrotte. Unmengen langstieliger dunkelroter – fast schwarzer – Rosen waren überall in den Gemäuern verteilt. Eine eindringliche Musik drang bis in die schwarzen Abgründe. Einige der Techniker hatten zuvor Scherze gemacht und sich gegenseitig angestachelt, wer sich weiter reinwagte, aber die Witzeleien waren rasch verstummt und die meisten waren bleich und still wieder aus dem Gewirr von Gängen aufgetaucht.
    Für Cassie dagegen war dieser Ort nur eine weitere Erinnerung an Claude. Er hatte ihr davon erzählt. Er hatte sie erst auf den Gedanken gebracht, die Party hier zu veranstalten.
    »Er hätte jetzt hier sein sollen«, dachte sie, und wieder regte sich Zorn in ihr wie eine Peitsche.
    »Weißt du, Cassie«, sagte Florence und musterte voller Sorge Cassies spitzes Gesicht, »vielleicht möchtest du uns ja doch nicht verlassen« – sie schaute zu Boden –, »keiner könnte es dir verübeln, wenn du’s dir noch mal überlegen würdest. Wir würden dich liebend gerne bei uns im Team behalten.« Cassie wollte protestieren, doch Florence hob die Hände. »Ich weiß, es ist nicht dein Traum … aber du bist trotzdem ziemlich gut darin. Vielleicht ist dir ja gar nicht klar, wie viel du uns in den letzten Monaten geholfen hast.« Sie legte den Kopf schief wie Suzy, wenn sie sich Sorgen machte. »Ich bewundere dich, Cassie. Und wenn der heutige Abend wirklich dein letzter bei uns sein sollte … nun, dann werde ich dich morgen sehr vermissen.«
    Cassie schaute Florence an. Zum ersten Mal erkannte sie, dass ihr bei Florence wohl etwas entgangen war. Sie hatte hier ihre Pflicht getan, mehr nicht, um Geld zu verdienen – doch jetzt sah sie, dass es weit mehr hätte sein können.
    »Danke, Florence«, sagte Cassie, ehrlich bewegt. »Ich werde mal darüber nachdenken. Ich hatte in letzter Zeit schon … Zweifel.« Sie erwähnte nicht die Nächte, in denen sie schweißgebadet zur Decke gestarrt und sich vorgestellt hatte, je wieder ohne Claude kochen zu müssen. Ein kleines, hoffnungsloses Achselzucken. »Ohne ihn … ich bin einfach noch nicht bereit. Er wollte mein Mentor sein und …« Sie brach ab, weil ihr die Tränen kamen.
    Florence nickte. »Heute Abend musst du ja nichts entscheiden. Nimm dir ruhig Zeit, nimm ein bisschen Urlaub. Ruh dich aus. Das Jobangebot steht. Melde dich, wenn du so weit bist.«
    »Madame Lazartigue«, rief eine gehetzte Stimme. Es war eine junge Angestellte aus dem Pressebüro. Erhitzt wedelte sie mit einem Klemmbrett, als wäre es eine Handgranate.
    »Entschuldige mich«, sagte Florence und verdrehte schmunzelnd die Augen. Dann ging sie, um sich um die nächste Krise zu kümmern.
    Cassie schaute ihr nach. Es gab gute Gründe hierzubleiben, und nicht nur deshalb, weil sie sich mit dem Gehalt, das sie von Dior bekäme, ein viel besseres Apartment leisten könnte. Bei dem Gedanken an das schäbige kleine Zimmer, das nun leer stand und auf sie wartete, grauste ihr.
    Die Musik schwoll ein wenig an – das Zeichen dafür, dass die ersten Gäste eintrafen. Cassie holte tief Luft. Sie war heute Abend die erste Anlaufstation. Florence hatte ursprünglich gewollt, dass sie eine tragendere Rolle übernahm – als Würdigung ihres wichtigen Beitrags zu den Ereignissen dieser Nacht –, im Zuge von Claudes Tod hatte Florence allerdings eingewilligt, dass Cassie besser im Schutz der Garderobe aufgehoben war.
    Die Räumlichkeiten waren beengt, aber man hatte es dennoch geschafft, einen luxuriösen Garderobenbereich zu kreieren. Hinter drei hohen Trennwänden verbargen sich lange Reihen von Garderobenständern. Ein Spezialistenteam von de Gournay hatte eigens eine historische Stadtansicht aus dem achtzehnten Jahrhundert auf die Tapete gemalt und den Eingangsbereich damit verkleidet. Ein teurer, aufwendiger Auftrag, würde die Kulisse doch nur für diesen einen Abend stehen bleiben. Aber im flackernden Kerzenlicht fühlte man sich wahrhaftig in die Zeit zurückversetzt, in der diese Knochen noch lebendige Menschen gewesen waren, Bürger dieser Stadt.
    Die Gäste kamen

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