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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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aber mit ihren Gedanken woanders. Sie musste an Venedig denken, an jenen Morgen, bevor Claudes Selbstmord alles geändert hatte. Sie hatte Henry beim Schlafen beobachtet: Sein Mund war rubinrot und leicht geöffnet gewesen, er hatte seinen gebräunten Arm über sie geworfen gehabt wie eine Eisenmanschette, und sie hatte Angst gehabt, sich zu rühren, um ihn nicht aufzuwecken, denn dann … ja, was dann? Keine Ahnung, sie hatte sich nicht getraut, es sich auszumalen, zu hoffen, dass …
    Doch das war jetzt alles egal. Was immer sie sich in jenen kurzen goldenen Stunden, bevor der venezianische Morgen graute, erträumt hatte, war inzwischen tot, wie eine Wasserleiche. Sie war in Panik geraten, war aufgestanden, sobald er sich umdrehte, hatte sich angezogen und war nach unten geflohen. Und so, wie die Dinge aussahen – seine Hochzeit schien ja nun doch stattzufinden –, tat er das Gleiche.
    Suzys Küche war, im Gegensatz zu Anouks ultramoderner, minimalistischer Küche und Kellys, die so minimal war, dass sie kaum vorhanden war, so unaufgeräumt wie das Zimmer eines Teenagers. Überall gefährlich hohe Stapel: Tassen, die sich bogen wie das Rückgrat einer alten Frau, bunte Teller, unvollständige Service von alten Tanten oder auf Flohmärkten gekauft. Die hölzerne Anrichte war so zerkratzt, als hätten dort schon die Römer ihre Botschaften eingeritzt.
    Cassie, die immer noch ihren Pyjama anhatte, hopste auf diese Anrichte. Sie hatte ihn seit drei Tagen nicht mehr ausgezogen, seit sie aus Paris angekommen war. Er tröstete sie, auch wenn Suzy schon die Nase zu rümpfen und sich nach Mäusen umzusehen begann, wenn sie die Küche betrat.
    Suzy saß an dem riesigen Bauerntisch, der in der Mitte der Küche stand, um sich herum haufenweise aufgeschlagene, mit Haftzetteln eingemerkte Babykataloge, dazwischen ihre Ringmappen mit ihren diversen Hochzeitsprojekten. Die Hochzeiten anderer. Das Glück anderer.
    »Also … die Braut der Woche. Mögen wir sie?«, erkundigte sich Cassie, eine heiße Tasse Tee in den kalten Fingern. Sie aß nicht genug, um warm zu bleiben.
    »Wir hassen sie!«, stieß Suzy hervor und schwappte Tee über ihre Unterlagen. »Ich verbiete dir, noch ein Wort mit ihr zu reden, sobald ich ihren Scheck eingelöst habe!«
    »Okay.« Cassie wartete auf Einzelheiten.
    »Ihr Thema ist Outback , ist das zu fassen? Der Bräutigam ist Aussie. Ich hab gesagt, machen wir doch ein Kricket -Thema. Das verbindet Australien doch schließlich mit uns, nicht? Und ich kann mir die Trauzeugen gut in Kricketpullis vorstellen, du nicht?«
    »O ja!«, stimmte Cassie zu.
    »Die Brautjungfern als Feldspieler, die Trauzeugen als Schlagmänner, und das alles in Rot- und Elfenbeintönen. Und sie heiraten ja auch noch in St. John’s Wood, in Sichtweite des Stadions. Ich meine, das wäre doch ideal, nicht?«
    »Ideal, ja.«
    »Und hält sie’s für ideal? Nicht die Bohne. Sie will Crocodile Dundee in Gold und Grün.«
    Cassie wackelte nachdenklich mit dem Kopf. »Hm, Gold und Grün, so schlecht ist das nicht für eine Frühlingshochzeit.«
    »Theoretisch, nein. Aber abgesehen davon, dass ich Gold auf Hochzeiten nicht ausstehen kann, muss es auch noch australische Goldfarbe sein. Irgendwelche gelben Tulpen kommen nicht infrage. Nein, ich muss mich an so einem verschwitzten goldenen Rugby-Shirt orientieren, das sie mir aufgedrängt hat und das jetzt in meiner Handtasche vor sich hin mieft.«
    »Interessanten Job hast du, muss ich schon sagen!«, kicherte Cassie. Suzy schlug einen anderen Ordner auf. Cassie sah sich in der Küche, die gleichzeitig als Suzys Büro diente, um. An einer Pinnwand hingen Ausschnitte aus Modezeitschriften mit Kleider- und Frisurenvorschlägen; aus einer Schublade quollen Stoffmuster für Tischdecken und Servietten, und auf einem leicht schiefen Regal drängten sich gefährlich wackelige Stapel von mindestens zwölf unterschiedlichen Weingläsern. Man konnte sich kaum vorstellen, dass hier in ein paar Wochen ein Flaschensterilisator auf der Anrichte stehen und ein fröhlich gurgelndes Baby in einer Babywippe herumschaukeln würde.
    Cassie hatte sich sofort bei ihrer Ankunft in das kleine Häuschen verliebt, das früher ein Kutschenhaus gewesen war und in einer versteckten kleinen Privatstraße – eine der sogenannten mews – zwischen anderen umgebauten Kutschenhäusern stand, auch wenn sie es nur unter Tränen hatte sehen können. Für sie war es die Idealvorstellung von einem Zuhause: bunt und

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