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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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Wohnzimmertür. Einen Moment lang wirkte auch er verunsichert. Aber nur für einen Moment.
    »Hallo!«, sagte er mit einem unbeschwerten Grinsen. Sein Gesicht war nussbraun – abgesehen von den großen weißen Pandaringen, die von seiner Gletscherbrille stammten –, und seine Zähne wirkten geradezu blendend weiß. Aber das war nicht die größte Veränderung. Abgesehen von den langen Haaren musste er fünf, sechs Kilo verloren haben. Und er hatte sich einen Vollbart wachsen lassen. Er sah älter aus als vor seiner Reise.
    »Hallo, Henry«, sagte sie schüchtern. Sie ging zu ihm hin und umarmte ihn flüchtig. »Du bist heil zurückgekommen.«
    »Ja.«
    »Arch! Cava!«, befahl Suzy, und Archie folgte gehorsam, allerdings mit einem amüsierten Funkeln in den Augen.
    »Und … wie war’s?«, fragte Cassie steif. Sie wünschte, Suzy hätte sie nicht so einfach mit ihm allein gelassen. Henry schlüpfte aus seinem dicken roten Polar-Anorak, und Cassie sah, dass er noch ein paar Lagen darunter anhatte: einen marineblauen Polo-Rolli, wasserfeste Thermohosen und schwere Stiefel. Sie fühlte sich schrecklich befangen. Das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, hatten sie zusammen Claudes Nachrichten abgehört, Henrys Hand auf der ihren. Und nur wenige Stunden davor wäre es beinahe zu – ja, was? – gekommen, und danach hatten sie sich zwei Monate lang nicht gesehen … Und jetzt? War jetzt wieder alles normal? Oder würden sie darüber reden? Was passiert war? Was nicht passiert war? Oder so tun, als hätte es Venedig nie gegeben?
    Henrys unbekümmertes Verhalten ließ den Schluss zu, dass er sich für letztere Option entschieden hatte.
    »Scheißkalt. Aber gut.« Er bückte sich und schnürte seine Stiefel auf. »Wir haben ein paar gute Daten gesammelt. Die Russen haben natürlich überall Fähnchen aufgestellt, um ihren Anspruch auf einen Großteil des Kontinentalschelfs geltend zu machen.«
    Er zog seine Stiefel aus und richtete sich auf. Schaute sie mit seinen eisblauen Augen an, die über dem buschigen Grizzly-Adams-Bart noch heller wirkten. Eine kleine Pause entstand, während derer sie sich musterten, die Veränderungen am anderen registrierten. »Bist du also doch hierhergekommen«, sagte er schließlich.
    »Ja. Paris war … zu viel …« Ihr fiel ein, dass er ja gar nicht alles wusste, was in Paris passiert war, zwischen ihr und Anouk. Aber das war auch gar nicht nötig. Die Sache mit Claude genügte schon, um einen in die Flucht zu schlagen.
    »Jetzt siehst du wenigstens wieder wie du selbst aus.«
    »Wenigstens, ja.« Sie strich befangen über ihre Haare.
    »Und bleibst du jetzt du selber? Oder hast du noch ein paar Cassies, die du auf die Planken der Welt schicken willst?«
    Cassies Augen wurden schmal. Er machte sich über sie lustig. »Nein, ich glaube, das war’s.«
    »Freut mich zu hören.« Er zog sich den Polo aus. Darunter trug er marineblaue Helly-Hansen-Funktionsunterwäsche, die seinen athletischen Körperbau betonte. Sie versuchte nicht hinzusehen. »Hat’s funktioniert?«, fragte er.
    »Was?«
    »Deine Suche nach dem wahren Ich. Bist du nun eine Brünette, die als Patissier in Paris arbeitet? Oder eine männermordende Modepuppe in Manhattan? Oder eine blonde Hochzeitsplanerin in London?«
    »Ein bisschen was von allem, schätze ich. Brünett – nein; Paris, nicht mehr; Patissier – immer noch ein Traum; männermordend? Ganz bestimmt nicht; eine Modepuppe – niemals; blond – definitiv; London, New York – vielleicht.«
    Er nickte. »Ein Eliminierungsprozess, was?«
    »Ja, so scheint das zu laufen. Aber das wird schon.«
    »Und wie findest du’s hier?«
    »In London meinst du? Ohne Liste?« Sie zuckte die Achseln. »Nicht schlecht. Ich bin viel unterwegs, Locations für Hochzeitsempfänge, Kirchen, Bands, Caterer … ich musste ins kalte Wasser springen, Suzy viel abnehmen. Sie kann nicht mehr so viel machen, sie ist mittlerweile ziemlich erschöpft.«
    Er nickte verständnisvoll.
    »Soll ich … dir vielleicht ein Bad einlassen?«, schlug sie verlegen vor und wies mit dem Daumen hinter sich aufs Badezimmer, wandte sich schon zum Gehen. »Du träumst sicher schon von heißem, fließendem Wasser, oder?«
    »Um ehrlich zu sein, ich träume von was ganz anderem …« Er zwinkerte ihr zu. Cassie wurde rot. Wieder musste sie an Venedig denken – an die Sache im Bad, die Auseinandersetzung auf dem Balkon, die Nacht im gemeinsamen Bett. Warum konnte sie das nicht einfach vergessen? Warum

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