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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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weg.
    »Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dich so ganz ohne London-Liste leben zu lassen«, erklärte er.
    »Ach ja?! Das ist aber lieb von dir«, sagte sie sarkastisch.
    »Unheimlich. Also hab ich mir eine Kurzversion für dich einfallen lassen. Eine eintägige London-Extravaganza.« Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie hatte eine Cut-off-Jeans an, ein gelbes T-Shirt und Plimsolls.
    »Gut, du bist passend angezogen. Also komm.«
    Sie zogen die Haustür leise hinter sich zu.
    »Ihre Kutsche, Mylady.« Er hielt ihr grinsend die Beifahrertür eines knallroten Minis auf. Eines richtigen alten Minis, die, die so winzig klein waren.
    »Wie passt du denn da rein?«, fragte sie verblüfft. Lachend schlüpfte sie auf den Sitz.
    Henry ging um den Wagen herum und zwängte sich hinters Steuer. »Ich bin doch der fabelhafte Gummimann, weißt du das nicht?«
    »Wie alt ist denn die Karre?«, erkundigte sie sich. Sie strich mit den Fingern über die Rundungen der Ledersitze.
    »Baujahr 1966«, verkündete er stolz, »das war Mamas Wagen, als sie noch in der Stadt gewohnt hat. Ist noch das Original-Schiebedach drauf und die alten Klappsitze.« Er zwinkerte ihr vielsagend zu. Cassie wurde rot.
    Sie erschrak, als sie sah, dass das Bakelit-Lenkrad an einer Stelle mit Klebeband zusammengehalten wurde.
    »Ist das auch noch original?« Sie wies mit einem Nicken auf das Lenkrad.
    »Ja«, sagte Henry bekümmert. »Hat beim letzten Frost einen Sprung gekriegt. Ich suche schon seit Monaten nach einem Original-Ersatz.«
    Er drehte den Zündschlüssel um, und sie holperten komisch übers Kopfsteinpflaster aus den mews hinaus. Es herrschte noch fast kein Verkehr, aber das hatte Cassie auch nicht erwartet. Sie war jeden Mittwochmorgen um diese Zeit – oder noch früher! – unterwegs, um sich mit Dean abzusprechen.
    Sie ließ den Kopf an die Kopfstütze sinken und schloss die Augen.
    »Bist ein richtiger Morgenmuffel, was?«, bemerkte er mitleidig.
    »Ja, und das Bedürfnis, dir wehzutun, wird allmählich übermächtig«, brummelte sie. Er lachte. Sie mochte sein Lachen – so unbeschwert, so voller Leben. In behaglichem Schweigen fuhren sie an der Themse entlang. Cassie fühlte sich in ihrem verschlafenen Zustand ganz wohl damit und hatte ausnahmsweise mal nicht das Bedürfnis, das Schweigen mit nervösem Geplapper zu füllen. Sie kamen an den Houses of Parliament vorbei, an Big Ben, auf der gegenüberliegenden Themseseite ragte das London Eye auf, vorbei am etwas gewöhnungsbedürftigen MI5-Building, der herrlichen Kuppel der St. Paul’s Cathedral.
    Sie kannte diese Gebäude natürlich, hatte sie aber noch nie näher angeschaut. Ihr momentanes Zuhause lag woanders, auf der anderen Seite des Flusses: Battersea Park, wo sie morgens öfter wieder joggen ging, das Kisses from Heaven für die stärkende Tasse Tee und ein Meeting mit Julian, um die immer verrückter werdenden Forderungen von Suzys Bräuten zu besprechen, der Tachbrook Street Market für Fisch und für Wurstspezialitäten aus Kent, der Bauernmarkt am Samstag, gleich um die Ecke am Orange Square, auf dem sie einen ganz besonderen Gemüsehändler entdeckt hatte, der Karotten in unterschiedlichsten Farben und gestreifte rote Rüben anbot (was Claude damit hätte anfangen können!), und schließlich noch der italienische Deli und die Fromagerie in der Upper Tachbrook Street, mit dessen Inhabern sie sich mittlerweile angefreundet hatte. Sie hatte Suzy kürzlich verboten, im umstrittenen neuen Sainsbury’s-Supermarkt einzukaufen, und hatte ihr all ihre speziellen Stände gezeigt und ihr deren Inhaber vorgestellt.
    Sie linste zu Henry hinüber. Er hatte sich, seit sie ihn vor vier Tagen zum letzten Mal gesehen hatte, den Bart abrasiert und die Haare schneiden lassen. Jetzt sah er wieder genauso aus wie vorher, nur magerer.
    »Wohin geht’s denn?«
    Er hob nur die Augenbrauen. Sie stieß einen müden Seufzer aus.
    »Sag nichts: Es ist eine Überraschung, und ich muss es selbst rauskriegen.«
    Sein Grinsen war so unwiderstehlich, dass sie wegsehen musste. So früh am Morgen wurde sie damit noch nicht fertig.
    Er bog vom Embankment ab und fuhr aufs Zentrum zu, schlängelte sich durch schmale, mittelalterlich anmutende Nebenstraßen. Cassie war bald so verwirrt, dass ihr Orientierungssinn nur noch eins mit Sicherheit sagen konnte: Es ging vorwärts.
    Schließlich stellte er den Wagen neben einer Parksäule ab und fütterte den Automaten mit Münzen aus den zahlreichen Taschen seiner

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