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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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Sinn.«
    Henry stellte seinen Rucksack auf den Boden und machte ihn auf. Er nahm eine Thermosflasche mit heißem Wasser raus, das schon mit ein wenig Milch gemischt war. Aus einem Geheimfach im Deckel holte er einen Teebeutel hervor. Er goss Wasser in eine Campingtasse und tunkte den Teebeutel hinein. »Sag stopp.«
    Cassie wartete lächelnd, bis ihr Tee genau die richtige Farbe hatte, dann sagte sie »stopp«.
    Er reichte ihr die Tasse und machte sich selbst auch einen mit derselben Methode. Dann holte er zwei dicke Alufolienpäckchen heraus. »Eins für dich, eins für mich.«
    Cassie machte ihres auf. Darin war ein dickes Sandwich, gefüllt mit zwei knusprigen Speckscheiben und einem gebratenen Ei, gewürzt mit Ketchup. »Ah! Du bist ein Genie!« Sie biss herzhaft hinein. Nach der Kletterei und dem frühen Aufstehen hatte sie einen Mordshunger.
    »Du frühstückst also jeden Morgen hier, was?«, fragte sie nach einer Weile und leckte sich einen Tropfen Ketchup vom Handgelenk.
    »Klar. Eine gute Aussicht ist wichtig beim Essen.«
    Cassie lachte, aber sie verstand, was er meinte: Man musste jede Erfahrung mit wachen Sinnen genießen, nicht gedankenlos den morgendlichen Toast in sich reinstopfen, während man die Zeitung las, oder sich in einem Sightseeingbus durch die Stadt schaukeln lassen, anstatt sie auf eigene Faust zu erkunden. Er schien immer ins Herz einer Situation vorzustoßen, in ihr Inneres. Oder, wie in diesem Fall, sie von oben zu betrachten.
    »Ich muss sagen, es war ganz schön mutig von dir, dein Leben aufs Spiel zu setzen und mich zu wecken. Aber tu das noch mal und Eisbären sind deine geringste Sorge, das sag ich dir.«
    Henry lachte leise.
    »Aber die Aussicht ist es wert«, gestand sie großzügig.
    »Allerdings. Aber deshalb hab ich dich nicht hergebracht.« Er warf einen Blick auf seine Uhr und packte die Frühstückssachen wieder ein.
    »Weshalb dann?«
    »Wirst du schon sehen. Immerhin hast du schon mal ein Frühstück gekriegt.«
    »Aber was machen wir dann hier, wenn wir nicht wegen der Aussicht da sind?« Eine Antwort würde sie natürlich nicht kriegen, das wusste sie jetzt schon. Zumindest nicht eine, aus der man schlau wurde.
    »Komm, wir müssen uns beeilen. Nur noch ein paar Minuten, bevor’s losgeht.«
    »Bevor was losgeht?«
    »Der Gottesdienst«, antwortete er über die Schulter gewandt, machte die Tür auf und ging voran, die Treppe hinunter. Ihr zitterten noch die Beine vom Aufstieg, aber Henry war gnadenlos.
    Auf halbem Weg nach unten blieb er vor einer Tür stehen und machte sie verstohlen auf.
    »Wo gehst du hin?«, zischte sie.
    »Da rein.«
    Sie folgte ihm und schnappte unwillkürlich nach Luft. Wenn sie es außerhalb der Kuppel schon unglaublich gefunden hatte, war das nichts gegen das Innere. Unter ihr erstreckte sich der schwarzweiße Mosaikboden des Doms, in dessen Mitte ein herrlicher Stern prangte; über ihr zierten wunderschöne Fresken die Kuppel. Sie lehnte sich ehrfürchtig an die Balustrade.
    »So was hab ich noch nie …«, begann sie, aber Henry hielt ihr rasch den Mund zu und zog sie nach hinten zur Wand.
    Er legte einen Finger an die Lippen, bevor er ihren Mund frei gab. Sie schnappte empört nach Luft. »Was soll …?«
    »Das ist die Whispering Gallery, die Flüstergalerie«, flüsterte er. »Und wir haben hier eigentlich nichts zu suchen. Die Messe fängt gleich an, und wir haben noch was zu erledigen.«
    »Was denn?«, flüsterte sie gereizt.
    »Du musst mir ein Geheimnis zuflüstern.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Wie kommst du darauf, dass ich Geheimnisse habe?«
    »Jeder Mensch hat Geheimnisse, Cass. Also, ich geh jetzt da rüber auf die andere Seite, dann flüsterst du dein Geheimnis, okay? Aber warte, bis ich genau gegenüber bin, sonst kann ich’s nicht hören.«
    Sie schaute auf die andere Seite hinüber. »Das kannst du doch sowieso nicht – das sind doch mindestens dreißig Meter. Da willst du etwas hören, das ich flüstere?«
    »Und ob.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch mal zu ihr um. »Aber ein gutes, ja? Ich reiß mir doch hier nicht den Arsch auf, nur um zu erfahren, dass Pretty Woman immer noch dein Lieblingsfilm ist, okay?«
    Cassie schnappte nach Luft. Woher wusste er das? Sie sagte immer Der Englische Patient , wenn sie jemand fragte. Henry trabte grinsend davon.
    Sie trat wieder nach vorn an die Balustrade und spähte verstohlen nach unten. Sie wollte nicht, dass man sie entdeckte und möglicherweise rausschmiss.

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