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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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Dann schaute sie Henry nach. Wie locker sein Gang war, unbekümmert schwang er seine Arme, als hätte er nicht gerade eine vertikale Meile erklommen, oder wie immer man es umrechnen mochte.
    Alles an ihm war außergewöhnlich. Nicht nur seine Fitness, sein gutes Aussehen oder sein unglaublicher Bekanntenkreis, sondern wie er lebte – so frisch und dynamisch, so voller Energie. Mit ihm war das Leben nie langweilig, nie grau oder gar eintönig. Wie musste es erst sein, mit ihm Sex zu haben …
    Cassie schlug sich mit der Hand auf den Mund, als hätte sie das laut gesagt. Wo war denn dieser Gedanke plötzlich hergekommen? Henry hatte nun fast den gegenüberliegenden Punkt erreicht. Bevor sie wusste, was sie tat, flüsterte sie:
    Du darfst sie nicht heiraten.
    Und schon driftete ihr Geheimnis davon, auf den Flügeln des himmlischen Schalls, dorthin, wo er stand.
    Cassie fühlte sich schrecklich. Sie hätte das Gesagte am liebsten wieder eingeholt wie eine Wäscheleine. Ihr Herz machte einen Satz. Mein Gott, was hatte sie getan? Entsetzt starrte sie zu ihm hinüber. Sie hatte gar nicht gewusst, dass sie sich das wünschte, geschweige denn, dass sie es auch noch verraten würde.
    Henry blickte auf und nickte ihr lächelnd zu. Du kannst anfangen, bedeutete er ihr.
    Was?
    Er nickte erneut. Fang an , formte er mit den Lippen.
    Sie konnte es kaum glauben. Er hatte die Stelle fast erreicht gehabt. Er musste ihr Geständnis um Millimeter verpasst haben. Ihr Geheimnis war buchstäblich an seiner Nase vorbeigeweht, wie der Atem eines Engels, war ungehört in den dicken Kuppelwänden versickert, die die Geheimnisse so vieler Heiliger und Sünder bewahrten.
    In ihren Augen brannten unvergossene Tränen. Sie war hin und her gerissen zwischen Erleichterung und Bedauern. Sie hatte also doch recht. So etwas wie Schicksal gab es nicht. Es gab nur das richtige Timing.
    Sie machte den Mund auf. Was sollte sie sagen?
    »In Wahrheit hab ich Angst vor Katzen«, flüsterte sie.
    Henry wartete, bis die Worte bei ihm ankamen. Er runzelte die Stirn.
    »Im Ernst?«, flüsterte er zurück.
    »Ja – vor ihren Krallen …« Sie schüttelte sich.
    Henry schürzte nachdenklich die Lippen. Seine Miene drückte Enttäuschung darüber aus, dass das alles gewesen sein sollte, ihr großes Geheimnis. Dann zuckte er mit den Achseln.
    »Jetzt du«, flüsterte sie.
    Aber er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist deine Liste«, flüsterte er und machte sich wieder um die Kuppel herum auf den Weg zu ihr zurück, ohne zu ahnen, dass ihm ihr tiefstes und dunkelstes Geheimnis entgangen war.
    Zusammen gingen sie wieder nach unten und traten hinaus in den Sonnenschein. Beide schwiegen. Henry lächelte ihr zu, sagte aber nichts, während sie zum Auto zurückgingen. Cassie hätte sich dafür treten können, dass ihr nichts Besseres eingefallen war.
    Er warf seinen Rucksack auf den Rücksitz, und sie schnallte sich an.
    »Ich frag gar nicht erst, wo wir jetzt hinfahren«, bemerkte sie und lehnte müde ihren Kopf an die Kopfstütze.
    »Die Fahrt wird ein bisschen dauern, fürchte ich«, antwortete er und schaltete das Radio ein.
    Der Verkehr hatte inzwischen natürlich zugenommen. Gut eine Stunde später stellte er den Mini an einem anderen Parkautomaten ab. Vor ihnen ragte ein grüner hügeliger Park auf.
    Henry machte den Kofferraum auf und holte eine Sporttasche und einen Picknickkorb heraus.
    »Willst du in dem Park hier ein Picknick machen?«
    »Das ist nicht irgendein Park – das ist Hampstead Heath.«
    »Ach! Da wollte ich schon immer mal hin!« Cassie klatschte entzückt in die Hände. Zahlreiche schmale Fuß- und Radwege kreuzten den Hügel, auf denen Radfahrer dahinradelten oder Mütter Kinderwagen schoben, angeleinte Hunde Gassi geführt wurden. Sie waren nicht die Ersten, die hier picknicken wollten: Überall auf den Wiesen saßen die Leute auf Decken, manche spielten Frisbee oder versuchten, einen Drachen steigen zu lassen, heute allerdings ein hoffnungsloses Unterfangen, da es praktisch windstill war. Die Kinder mochten rennen, bis ihnen die Zunge raushing, die Drachen stiegen höchstens eine Mannslänge vom Rasen auf, bevor sie wieder herunterfielen.
    Henry ging ihr voran den Hügel hinauf.
    »Wo wollen wir uns hinsetzen?«, erkundigte sie sich. Einfach erstaunlich, dass es eine solche Landschaft mitten in der Großstadt London gab! Der Central Park war schon beeindruckend gewesen, eine »angelegte Wildnis«, mit Wäldchen, Hügelchen und Wegen; die Parks

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