Ein Geschenk von Tiffany
können?«
Bas legte eine dramatische Pause ein. Dann nickte er. »Ja, ich denke, ich kann ihr helfen.« Er sagte es in einem Ton, als wollte er eine lebensrettende Operation vornehmen.
»Du bist der Beste! Dann komme ich also in zwei Stunden wieder.« Sie gab Cassie einen Schmatz auf die Backe und drückte ihr beruhigend die Schulter.
»Besser erst in drei!«, rief er ihr nach.
Cassie blickte der entschwindenden Freundin sehnsüchtig nach und machte sich dann so klein wie möglich in ihrem Sessel.
»Aaaaalso«, begann er, »was für eine Art von Blond schwebt Ihnen denn nun vor?«
»Na, blond eben«, sagte sie hilflos.
Er schaute sie an. »Was meinen Sie damit?«
»Äh – gelb? Blond? Ein gelblicher Ton?«
»Gelblich?« Er konnte nur den Kopf schütteln. »Junge, Junge, das ist schlimmer als …« Er blies die Backen auf und fing noch mal von vorne an. »Meine Standardfarben sind Butter, Baby, Champagne, Flachs, Vanille, Platin, Canary Diamond, Honey, Clotted Cream. Niemals, niemals Ash. Und das ist nur der Base Block. Sagen Sie Chardonnay, sage ich Oaked? Sagen Sie Honey, sage ich New Zealand, Clover oder Manuka? Kapiert?«
Verblüffte Stille. Cassie versuchte, sich diese ganzen Töne vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Verzweifelt ließ sie das Gesicht in die Hände sinken.
»Mein Gott. Und ich hab gelblich gesagt!« Beschämt spähte sie zwischen ihren Fingern zu ihm auf. »Ich bin wohl Ihr schlimmster Alptraum, was?«
Er starrte sie durchdringend an.
»Ganz im Gegenteil«, sagte er dann und wirbelte sie zum Spiegel herum, »Sie sind für mich ein Traum, der wahr wird. Es sind Frauen wie Sie, die mir erlauben zu zeigen, was ich wirklich kann.« Er fuhr in ihre Haare, und diesmal ließ er sie wie einen Wasserfall zwischen seinen Fingern hindurchgleiten. »Und ich weiß schon, was ich mit Ihnen anfangen werde!«
Vier Stunden später lag Cassie auf dem Rücken – die Knie gespreizt, die Füße zusammengelegt – wie beim Gynäkologen, wenn er einen Abstrich macht. »Bloß viel schlimmer«, murmelte sie, »viel, viel schlimmer.« Verlegen fummelte sie an dem kleinen Kosmetiktuch herum, das Einzige, was ihre Blöße bedeckte.
Kelly lag neben ihr, nur durch einen Vorhang von ihr getrennt. Es war hier wie in einem Lazarett aus dem Zweiten Weltkrieg: ein »Patient« neben dem anderen, nur durch einen Vorhang vor Blicken geschützt. Sie war die Treppe in den ersten Stock hinaufgeführt worden, und das war der Anblick, der sich ihr bot: lauter zirka zwei Meter lange, durch Vorhänge abgeteilte Kabinen. Man war so zwar vor den Blicken der Allgemeinheit geschützt, aber nicht vor ihren Geräuschen. Einigen Frauen gelang es nicht, beim Abziehen des Wachses von der Intimzone einen spitzen Schrei zu unterdrücken – abgesehen von Kelly, die seelenruhig in ihrem Abteil lag und wahrscheinlich schon wieder fleißig textete. Während Cassie von Minute zu Minute nervöser wurde.
»Was hat sie gesagt, als du zugegeben hast, dass du den alten Nagellack nie entfernst, sondern einfach drüberlackierst?«, fragte Kelly hinter dem Vorhang.
»Hätte sich fast übergeben«, antwortete Cassie. »Man hätte glauben können, ich hab gesagt, dass ich Babys fresse oder so was.«
Kellys Gelächter übertönte kurz die spitzen Schreie und die reißenden Geräusche im Rest des Saals.
»Und als der Lack ab war, hat sie gesagt, meine Nägel sehen aus wie das Horn eines Rhinozerosses.«
Kelly musste noch mehr lachen. »Na, wenn du nie ’ne Grundierung machst …«, presste sie hervor, bevor sie sich einem erneuten Kicheranfall hingab. »Aber jetzt sehen sie jedenfalls toll aus, deine Nägel. Sie ist die Beste in der Stadt, weißt du. Deshalb reißen sich auch alle um sie.«
»Aber sei nicht überrascht, wenn sie jetzt plötzlich aus gesundheitlichen Gründen nach L. A. zieht.«
Die Frau, die ihr befohlen hatte, sich »frei zu machen«, betrat nun wieder ihre Nische. »Also gut, mal sehen, was wir haben«, sagte sie und nahm Cassie das strategisch positionierte Kosmetiktüchlein weg – und den letzten Rest ihrer Würde. Obwohl nach der Maniküre ohnehin nicht mehr viel davon übrig geblieben war.
»Hm. Das muss getrimmt werden«, sagte sie und griff zur Schere.
Das auch? Sie hatte doch schon genug Haare gelassen. Mindestens zwei Pfund, so wie es sich anfühlte.
»Hier, schauen Sie sich das mal an, dann mache ich inzwischen alles fertig.« Mein Gott, sie hörte sich an, als solle sie, Cassie, gleich operiert werden. Und
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