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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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abgeknipsten Zehennägel erwarten. Misstrauisch spähte sie hinein. Sie fand einen gelben Haftzettel, auf dem mit brauner Tinte in zackiger Schrift stand:
    Energy in Adversity – Energie in widrigen Umständen
    Ein Selbsthilfe-Motto? Das passte gar nicht zu Henry. Sie drehte den Zettel um.
    Zwei Zentimeter tief in lehmige Erde.
    Braucht sonnigen, warmen Platz.
    Die Tür knallte. »Ich bin’s!«, brüllte Kelly, als wäre ihre Wohnung so groß wie eine Fabrikhalle und nicht wie eine Gefängniszelle. Cassies Schädel pochte schmerzhaft. Kelly schleuderte ihre Schuhe von den Füßen und hätte dabei beinahe die einzige Topfpflanze geköpft, die noch den Alibistatus aufrechterhielt. »Was ist das?«
    Cassie schüttete etwas von dem Inhalt des Umschlags auf ihre Hand. »Samenkörner«, sagte sie verblüfft.
    »Samen? Was zum Teufel willst du mit Samen in Manhattan?« Kelly lachte.
    Cassie starrte das unerwartete Geschenk auf ihrer Handfläche an. »Ja, tatsächlich, was will ich damit?«
    »Hör zu«, brüllte Kelly über das Hämmern der Musik und rührte mit dem Strohhalm in ihrem Cocktail herum. (Wie üblich hatte sie die Debatte, ob man nun ausgehen solle oder nicht, gewonnen. »Du darfst dich nicht hängen lassen, Cass«, hatte sie vorwurfsvoll gesagt, sobald sie Cassies geschwollene Augen sah, »du musst in Bewegung bleiben.«) »Da ist dieser Typ. Er hat in den letzten fünf Tagen siebenmal angerufen, um sich nach dir zu erkundigen. Sogar mir wird das langsam peinlich, und du weißt, ich hab ein dickes Fell.«
    »Aber zum Glück nicht das Aussehen«, scherzte Cassie.
    »Er macht mich verrückt. Will einfach nicht aufgeben. Wir müssen was unternehmen.«
    »Die Polizei rufen?«
    Kelly grinste. »Nee, so ist er nicht. Eigentlich ist er sogar sehr witzig. Und höflich. Und es lässt sich erstaunlich gut mit ihm reden …«
    Cassie zog die Augenbrauen hoch. »Vielleicht solltest du dich mit ihm treffen.«
    »Na, mich ruft er doch nicht an. Ich meine, er will dich sehen.«
    Cassie nuckelte an ihrem Cocktail. Sie hatte es aufgegeben, Kelly zu fragen, was sie da jeden Abend für sie bestellte. Nach drei Cocktails schmeckten sie sowieso alle gleich, und auch wenn ihr am nächsten Tag davon der Schädel platzte, war sie dankbar für die selige Taubheit, die sie ihr des Abends verschafften. Sie hätte Lebertranöl getrunken, wenn’s denselben Effekt gehabt hätte.
    »Eigentlich schade«, murmelte Kelly in ihr Glas.
    Cassies Kopf zuckte hoch. »Also magst du ihn doch!«
    »Tu ich nicht!«
    »Doch, tust du.«
    »Nee, ich schirme dich bloß vor ihm ab. Und da hab ich ihn einfach ein bisschen besser kennengelernt. Ich musste ihm schließlich erklären, was für ein intriganter kleiner Scheißkerl dein Mann war.«
    Kelly rutschte unbehaglich auf ihrem Barhocker hin und her. Sie wurde nicht gern an Gil erinnert. Mit einer Grimasse zupfte sie am Bund ihrer Jeans, der ihr schmerzhaft in den Bauch schnitt. Dazu trug sie knöchelhohe Stiefeletten mit verkreuzten Riemchen. Vor zwei Wochen war sie in Laura-Ashley-Samtkleidern und Gummistiefeln herumgelaufen. Und jetzt sah sie aus wie eine Rockerbraut. Eine Art Fortschritt, obwohl sie sich nicht ganz sicher war.
    »Ist dir eigentlich schon mal in den Sinn gekommen, dass er gar nicht anruft, um mich zu sprechen?«, sagte Cassie, als sie wieder das Gefühl hatte, Herr ihrer Stimme zu sein. »Ich meine, wenn ihr beiden so viel redet, dann ruft er vielleicht an, um dich zu sprechen.«
    »Meinst du?« Kellys Augen funkelten. Dieser Gedanke war ihr noch gar nicht gekommen. Aber auch etwas von der alten Verletzlichkeit konnte Cassie im Gesicht ihrer Freundin erkennen.
    »Na klar. Selbst ich weiß, dass kein Mann sich freiwillig andauernd einen Korb holt. Warum triffst du dich nicht mal auf einen Drink mit ihm?«
    »Ach nein! Ich werde doch keinen Mann fragen, ob er sich mit mir treffen will!«
    »Wieso denn nicht? Das macht man doch heutzutage so, oder?«
    »Heutzutage? Wie alt bist du denn? Achtzig?«
    »Was Dating betrifft, könntest du recht haben. Auf dem Gebiet fühle ich mich wie ein Rentner, der zum ersten Mal mit dem Internet konfrontiert wird.« Cassie stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch. »Wie wär’s damit? Wenn er das nächste Mal anruft, dann schlägst du vor, euch zu treffen, damit du ihn für mich unter die Lupe nehmen kannst.«
    Kelly riss entzückt die Augen auf. »He, das gefällt mir! Eine Schleichattacke. Und wenn er mir nicht gefällt, dann kann ich ihn ohne

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