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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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schlechtes Gewissen für dich abwimmeln. Aber hey, bist du wirklich sicher? Ich will dir bestimmt nicht auf die Zehen treten.«
    »Auf meine Zehen?« Cassie legte ihre Hände auf Kellys. »Kelly, den größten Gefallen, den du mir tun kannst, ist, mir zu erlauben, meine zerquetschten Zehen in ein Paar Pantoffeln zu stecken. Dann wären wir quitt.«

7. Kapitel
    Cassie tippte an ihr Headset. »Test, Test«, sagte sie verlegen. Sie kam sich ein wenig vor wie eine Möchtegern-Schlagersängerin.
    »Lauter!«, bellte es ihr ins Ohr. »In dreißig Minuten werden hier neunhundert Leute rumrennen, und ich kann dich kaum hören.«
    »’tschuldigung«, murmelte Cassie, dann räusperte sie sich. »Test, Test?«, sagte sie ein wenig lauter.
    Die Stimme am anderen Ende stöhnte. »Ja, ja, schon gut. Wenn du jetzt bitte noch mal den Backstage-Bereich durchchecken würdest.«
    »Okeydokey«, antwortete Cassie. »Over and out.«
    Die Stimme stöhnte. »Was bist du? Ein Rettungspilot?«
    Cassie wandte sich zum Laufsteg um. Vorsichtig machte sie einen Schritt nach dem anderen. Alles war schwarz – der Teppich, die Wände, die Stühle, selbst der Runway, finsterste Schwärze, bis die verdeckte Beleuchtung eingeschaltet wurde. »Ich sollte mich vielleicht mal für den nächsten Lara-Croft-Film bewerben«, murmelte sie. Sie sah aus wie ein Fassadenkletterer: knallenge schwarze Jeans, die ihre muskelkatrigen, aber rasch muskulöser werdenden Oberschenkel umhüllten. Auch die Hose entstammte der neuen Herbst/Winter-Kollektion: diagonale Wadennähte und Button Cuffs, dazu einen spinnwebfeinen Mohair-Pulli, der von einer Schulter glitt. Dazu hatte sie die schwarzen Bondage-Ankle-Boots angezogen, die, was Folterinstrumente betraf, noch am wenigsten wehtaten und daher zu ihren Lieblingsschuhen geworden waren. Richtig laufen konnte sie in ihnen aber immer noch nicht. Prompt vertrat sie sich den Knöchel, als sie an einem Kabel hängen blieb, das nicht ordentlich auf den Laufsteg geklebt worden war.
    »Autsch!«, rief sie, fiel über eine Stuhlreihe und fegte die daraufliegenden Programme herunter.
    »Was war das? Was zum Teufel machst du da?«, bellte die Stimme.
    »Sorry, bin über was gestolpert«, sagte Cassie beschämt.
    »Für so was haben wir keine Zeit! Geh jetzt einfach nach hinten, ja?«
    Cassie rappelte sich wieder auf und legte die Programme auf die Stühle zurück. Dann tastete sie sich zu dem dicken schwarzen Vorhang neben der Bühne vor und schlüpfte drunter durch.
    Hier war alles lichtdurchflutet. Starke Glühbirnen und Wärmelampen tauchten die Sitzreihen, in denen die Models vor Spiegeln saßen, in gleißende Helligkeit. Make-up-Spezialisten verwandelten mürrische, verhungerte, weltmüde Fotomodelle in osteuropäische Kindsbräute mit rosigen Wangen und schweren Augenbrauen.
    Bebe stand weiter hinten in einer Ecke und hielt sich die Schläfen. Vor ihr stand ein besonders langbeiniges Fotomodell und versuchte verzweifelt, die Füße in die Schuhe zu zwängen.
    »Gibt eine gute böse Stiefmutter ab, findest du nicht?«, bemerkte Kelly, die neben sie getreten war, mit leiser Stimme.
    »Das kannst du laut sagen«, seufzte Cassie. So etwas wie hier hatte sie noch nie erlebt. Es war das reinste Irrenhaus. Haartrockner dröhnten, der DJ führte Soundchecks durch, und die Musik jaulte auf und brach abrupt wieder ab. Ankleidegehilfen schoben ganze Karawanen von rollenden Kleiderständern vor sich her, wie Supermarktangestellte Einkaufswägen. Models, die aussahen, als hätte man sie auf eine Streckbank geschnallt und laaaanggezogen, rannten in nichts als nudefarbenen Slips und Lockenwicklern herum. Laut kreischend begrüßte man irgendwelche beste Freundinnen und wedelte dabei anmutig mit den Händen, damit der Nagellack trocknete. Auf jeder freien Oberfläche standen riesige Dosen mit Gesichtspuder, Cremes, Mousses, Schwämmchen, Bürsten, Spiegeln, Handys, dazwischen kleine Sektfläschchen. An den Wänden flatterten Fotos wie Schuppen, auf denen »der Look« propagiert wurde. Unweit des Bühnenzugangs hatte jemand mit dicker schwarzer Schrift folgendes Motto geschrieben: Put the fugee into refugee – frightened but funky; work it!
    »Siehst du das?«, quiekte Cassie fassungslos. »Das ist so was von ausbeuterisch. Ich meine, wie kommt jemand auf den Gedanken, das ganze Flüchtlingsthema als funky zu bezeichnen?«
    »Vergiss nicht, dass das hier nur ein Drama ist, in dem die Kleidung die Rolle des Erzählers übernimmt«,

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