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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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hat man dich denn ausgegraben?«
    »Aus dem schottischen Hochmoor«, erwiderte Cassie zitternd. In diesem Moment tauchte eine Frau auf, die Haute Couture wie Alltagskleidung trug, eine Stilsicherheit, die für Cassie trotz High Heels und schwarzer Röhrenjeans unerreichbar war. »Schon gut, ich hab sie«, sagte sie. Die Initiative ergreifend ging sie mit einem strahlenden Lächeln auf die Frau zu.
    »Okay, Licht aus, Spot an, los geht’s«, befahl Hannah. »Das erste Mädchen soll zehn Sekunden, nachdem sie sich hingesetzt hat, rauskommen. Lassen wir sie nicht warten, Leute! Das ist das erste Mal seit sieben Kollektionen, dass Vogue sich mal wieder bei uns blicken lässt.«
    »Hallo«, strahlte Cassie, »wir freuen uns so, dass Sie kommen konnten. Wenn Sie mir bitte folgen würden, dann führe ich Sie jetzt zu Ihrem Platz. Es geht gleich los.«
    Die Frau folgte ihr. Sie sah in der Tat aus, als habe sie die höchsten Wipfel der Fashion-Industrie erklommen. Ihr haselnussbraunes Haar ergoss sich über den Kragen eines mit einem Giraffenfellmuster bedruckten Mantels. Sie trug eine gewaltige orangerote Tasche über dem Arm. Cassie führte sie an den letzten noch leeren Platz in der ersten Reihe – ach was, den letzten noch freien Platz im ganzen Haus.
    Die Musik, ein unbestimmtes Gemisch aus Tanzrhythmen, nahm an Lautstärke zu. Panflötentöne mischten sich darunter, fluteten auf, wurden von rockigen Untertönen akzentuiert, in deren Takt die Mädchen über den Laufsteg gehen konnten.
    Cassie ließ sich mit rasendem Puls auf der untersten Stufe der Treppe nieder. Endlich konnte sie ein wenig auspusten. Die Schau hatte begonnen.
    Das erste Mädchen tauchte mit glühenden Wangen und glänzenden Augen auf (was mehr mit den Vorgängen auf den Toiletten zu tun hatte als mit der gesunden kaukasischen Bergluft). Begleitet von einem höflichen Applaus-Gesprenkel stampfte es über den Catwalk. Cassie war erstaunt gewesen festzustellen, wie viele dieser Mädchen kaum richtig gehen konnten – was nicht nur an den unmöglichen High Heels lag, sondern ganz einfach an einer fehlenden Arm-Bein-Koordination.
    Das Mädchen erreichte das Ende des Laufstegs, wo es sich in eine gekonnte Hüftpose sinken ließ. In diesem Moment kam auch schon das nächste und begann seinen Marsch. Die Stars beobachteten alles kritisch, musterten die Körper der Mädchen, nickten zustimmend, wenn ihnen deren Kleidung gefiel. Die Zeitschriftenredakteure machten sich Notizen und Zeichnungen, die Fotografen knipsten. Pfiffe und übermütige Rufe ertönten, als einem der Mädchen die Jacke verrutschte und den Blick auf eine kleine, straffe Brust freigab.
    Cassie begann mit den Füßen zu wippen. Das war die tollste, hippste Veranstaltung, bei der sie je gewesen war. So hatte sie sich immer ein Rockkonzert vorgestellt – bloß, dass es hier intimer war und die Leute besser angezogen waren. Auch wenn sie nicht in diese Welt gehörte, ja weniger darüber wusste als über Quantenphysik, so spürte sie dennoch ihren Sog. Kein Wunder, dass Kelly sich dieser Welt verschrieben hatte, kein Wunder, dass sie ihren Beruf liebte und ihn an erste Stelle setzte. Es ging darum, zu etwas dazuzugehören. Den Zeitgeist zu atmen, wie Kelly es ausdrückte.
    Rechts von ihr beugte sich ein Mann zu ihr hin. Er wirkte besorgt.
    »Ich fürchte, Sie könnten ein Problem haben.« Er wies mit dem Kopf auf eine Frau, die im Schatten der gegenüberliegenden Tribüne stand.
    Cassies Blick kehrte zu dem Mann zurück. »Echt?« Er sah atemberaubend gut aus, frisch gebräunt, männliche Bartstoppeln, nussbraune Augen.
    »Echt.«
    Cassie konnte ihn nur verständnislos anstarren.
    »Sie werden doch wissen, wer das ist.«
    Cassie schüttelte den Kopf, schaute erneut zu der Frau hin. Ein kalter Schauder rieselte ihr über den Rücken.
    »Doch nicht Alexa Bourton?«
    Er nickte. Cassies Gesicht fiel zusammen. »Aber … aber … ich dachte … ich meine, ich hab sie … da sitzt sie doch«, protestierte sie und sah zu der Frau hin, die sie als Letzte an ihren Platz geführt hatte. Sie hatte ihren Giraffenmantel ausgezogen und hackte fieberhaft auf einen Laptop ein.
    Der Mann musterte sie mitleidig. »Das ist Jazzy Lucas. Auch bekannt unter dem Namen fashgurl .«
    Cassie blieb das Wort im Halse stecken.
    »Sie ist eine Bloggerin.« Er sagte es wie ein Schimpfwort.
    Ach. Du. Meine. Güte. Cassies Blick schwang wie betäubt zwischen Alexa und Jazzy hin und her. Dann schaute sie wieder den Mann an.

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