Ein Geschenk von Tiffany
hier doch nicht im Scheißkino! Ihre Namen stehen auf den Stühlen. Führ sie einfach hin!«
Cassie lüftete das Earpiece ein wenig vom Ohr. Wenn das so weiterging, hatte sie am Ende dieser Veranstaltung ein löchriges Trommelfell.
»Wenn Sie mir bitte folgen würden, dann führe ich Sie jetzt zu Ihren Plätzen.« Lächelnd führte sie sie zur ersten Sitzreihe und trat beiseite, damit sie sich ihre Namen selbst suchen konnten.
Hälse wurden gereckt. »Da muss ein Irrtum vorliegen«, sagte eine kühle Stimme. Eine Frau deutete auf einen der Stühle. Sie trug einen marineblauen Mantel mit Schildplattknöpfen und eine dazu passende Sonnenbrille mit großen runden Gläsern.
Cassie schaute auf die Namenskarten. Mein Gott – sie war doch vorhin gestolpert. Hatte sie die Karten wieder dorthin gelegt, wo sie hingehörten? Sie versuchte zu überlegen, konnte aber nicht, da ihr Hannahs Atem schon wieder in den Nacken blies. »Sitzen sie schon? Cassie, ich kann dich nicht sehen, so eine blöde Fernsehkamera verstellt mir den Blick. Wo bist du? Ich brauche dich. Die von Glamour sind auch schon da, du musst sie in Empfang nehmen.«
Hilfe! Noch mehr Fremde, die eine VIP-Behandlung erwarteten. Sie warf einen Blick auf die Stühle. Herrgott – was machte es schon, wenn jemand auf einem anderen Stuhl landete? Sie konnten sitzen, oder nicht?
»Nein, das stimmt schon so«, sagte sie mit so viel Autorität, wie sie unter den Umständen aufbringen konnte. »Bebe hat den Sitzplan selbst in die Hand genommen. Tut mir leid, dass wir Ihnen nicht mehr Platz anbieten können.« Sie zuckte bedauernd mit den Schultern.
Die Nasenflügel der Frau bebten. Cassie fürchtete ein vernichtendes Urteil. Aber nach einem verächtlichen Blick und einem empörten Schnauben setzte sie sich. Die anderen folgten und begannen sogleich, sich mit ihren iPhones zu beschäftigen. Cassie fiel auf, dass die Frau im marineblauen Mantel sich auf den für Delingpole reservierten Stuhl gesetzt hatte. Also das war Olivia Delingpole. Und das war ein Tory-Mantel.
Sie lief auf die Leute von Glamour zu, die ihr ihre Tickets hinhielten, einige davon sogar lächelnd. Rasch brachte sie sie zu ihren Plätzen. Nicht ganz so tough wie die erste Gruppe.
Inzwischen hatte sich der Saal gefüllt. Sie hatten bereits eine Dreiviertelstunde Verspätung, aber das war normal, wie sie erfuhr. Die achtreihigen Tribünen waren nun, bis auf ein paar Plätze in den ersten Reihen für diejenigen, die ihre Wichtigkeit mit dem Grad ihrer Verspätung kundtaten, alle besetzt. Die Fotografen waren mit ihren Aufbauten fertig und drängten sich wie Sardinen in der Dose in ihrem demarkierten Bereich am Ende des Laufstegs. Gegenüber von den Redakteuren der großen Modezeitschriften saß die Prominenz. Ein Schwarm Paparazzi hatte sich vor den Berühmtheiten niedergelassen, die von Aspens Honigzunge zum Kommen überredet worden waren. Mit blitzenden Kameras kauerten sie vor den Objekten der Begierde – Gwyneth Paltrow, Liv Tyler, Natalie Portman, Sarah Jessica Parker, Heidi Klum. Fragen von Fernsehreportern prasselten auf sie ein, während die Kameraleute sich an den Laufsteg lehnten und alles filmten.
»Scheuch sie da weg«, fauchte Hannah. »Alles hinsetzen. Was? Wie? Macht ihr Witze? Jaaaa!!« Cassie konnte praktisch hören, wie sie die Faust in die Höhe reckte. »Alles klar. Hab gerade gehört, dass Alexa vorgefahren ist. In zwei Minuten können wir anfangen.«
Wer? Cassie flitzte zur anderen Seite des Laufstegs und scheuchte die Fernsehreporter und Kameraleute davon. Das ging leichter als gedacht. Ihr Headset und ihre schwarze Aufmachung taten offenbar ihre Wirkung.
»Sie hat soeben das Gebäude betreten«, kommentierte Hannah erregt. »Cassie, ich kann dich nicht sehen. Zu viele beschissene Fotografen. Gib Bescheid, sobald du ihren Hintern auf einem Stuhl platziert hast.«
»Könntest du mir vielleicht mit einem Hinweis aushelfen, woran ich sie erkennen kann?«, fragte Cassie. In ihrer Panik machte es ihr inzwischen kaum mehr etwas aus, das ganze Ausmaß ihrer Ignoranz preiszugeben. Noch herrschte Unruhe, noch gingen einige hin und her und versuchten, die letzten nicht in Anspruch genommenen Sitzplätze zu ergattern, bevor das Licht ausging.
Wütende Stille im Kopfhörer. »Du verarschst mich, oder? Du wirst doch wissen, wie Alexa Bourton aussieht? Die neue Chefredakteurin der verdammten Vogue ? Von der Vogue hast du doch gehört, oder?«, fragte sie mit triefendem Sarkasmus. »Wo
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